Spiel der Magier
uns unter einem Heuhaufen mit einer Flasche, die ich für dich stibitzt habe?« In Garion stieg das Heimweh hoch.
»Manchmal, Garion, manchmal«, gab Wolf zu, und seine Augen blickten in die Ferne.
»Wir werden nie wieder dorthin zurückkehren können, nicht wahr?«
»Wohl nicht.«
»Ich werde Belgarion sein und du Belgarath. Wir werden nicht einmal mehr dieselben Menschen sein.«
»Alles verändert sich, Garion«, sagte Belgarath.
»Zeig mir den Felsen«, bat Garion plötzlich.
»Welchen Felsen?«
»Den du für Aldur bewegen solltest an dem Tag, als du zuerst deine Macht entdecktest.«
»Ach«, sagte Belgarath, »den Felsen. Er ist dort drüben der weiße. An dem das Fohlen seine Hufe wetzt.«
»Es ist aber ein sehr großer Felsen.«
»Ich freue mich, daß du das sagst«, erwiderte Belgarath bescheiden. »Das fand ich auch.«
»Glaubst du, ich könnte ihn bewegen?«
»Das kann man nie wissen, ehe man es nicht versucht hat, Garion.«
11
A ls Garion am nächsten Morgen aufwachte, wußte er sofort, daß er nicht allein war. »Wo warst du?« fragte er schweigend. »Ich habe dich beobachtet«, sagte das andere Bewußtsein in seinem Geist. »Ich sehe, daß du es schließlich begriffen hast.«
»Welche Wahl hatte ich denn?«
»Keine. Du stehst besser auf. Aldur kommt.« Garion rollte sich rasch aus seinen Decken. »Hierher? Bist du sicher?« Die Stimme in seinem Geist antwortete nicht. Garion zog eine frische Tunika und eine saubere Hose an und wischte sorgfältiger als sonst seine Halbstiefel ab. Dann trat er aus dem Zelt, das er mit Silk und Durnik teilte.
Die Sonne stieg gerade über die hohen Berge im Osten, und die Grenze zwischen Licht und Schatten wanderte majestätisch über das taufeuchte Gras des Tales. Tante Pol und Belgarath standen neben einem kleinen Feuer, über dem ein Topf gerade zu brodeln begann. Sie unterhielten sich leise, und Garion gesellte sich zu ihnen.
»Du bist früh auf«, meinte Tante Pol. Sie strich ihm das Haar glatt. »Ich war schon wach«, erwiderte er. Er sah sich um und überlegte, aus welcher Richtung Aldur wohl kommen mochte.
»Dein Großvater hat mir erzählt, daß ihr beide euch gestern lange unterhalten habt.«
Garion nickte. »Ich verstehe jetzt einiges etwas besser. Es tut mir leid, daß ich so störrisch war.«
Sie zog ihn an sich und legte ihre Arme um ihn. »Es ist schon gut, Lieber. Du mußtest ein paar schwere Entscheidungen treffen.«
»Dann bist du mir nicht böse?«
»Natürlich nicht, Lieber.«
Allmählich kamen auch die anderen aus ihren Zelten, gähnend, zerzaust und sich reckend.
»Was machen wir heute?« fragte Silk, kam zum Feuer und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
»Wir warten«, erklärte Belgarath. »Mein Meister hat gesagt, er würde uns hier treffen.«
»Ich bin neugierig auf ihn. Ich habe noch nie einen Gott getroffen.«
»Mir scheint, Eure Neugier wird bald gestillt, Prinz Kheldar«, sagte Mandorallen. »Seht, dort drüben.«
Unweit des großen Baumes, unter dem sie ihre Zelte aufgeschlagen hatten, näherte sich eine Gestalt in blauem Gewand. Ein weiches blaues Licht umgab die Gestalt, und man spürte sofort, daß es kein Mensch war, der da kam. Garion war auf die Kraft dieser Erscheinung nicht vorbereitet. Sein Zusammentreffen mit dem Geist von Issa in Königin Salmissras Thronsaal war von der betäubenden Wirkung der Tränke vernebelt gewesen, die die Schlangenkönigin ihm eingegeben hatte. Desgleichen war sein Geist bei der Begegnung mit Mara in den Ruinen von Mar Amon im Halbschlaf gewesen. Aber jetzt fand er sich, völlig wach im ersten Morgenlicht, in Gegenwart eines Gottes.
Aldurs Gesicht war freundlich und unglaublich weise. Sein langes Haar und sein Bart waren weiß ganz bewußt, wie Garion erkannte, nicht etwa ein Zeichen von Alter. Er zeigte eine verblüffende Ähnlichkeit mit Belgarath, aber Garion sah sofort, mit einer seltsam plötzlichen Umkehrung seiner ursprünglichen Idee, daß es Belgarath war, der Aldur ähnlich sah – als ob ihre jahrhundertelange Verbindung Aldurs Züge in das Gesicht des alten Mannes geprägt hatte. Es gab natürlich auch Unterschiede. Jene gewisse boshafte Verschmitztheit war auf Aldurs gelassenem Gesicht nicht zu finden. Das war Belgaraths eigenes Merkmal, vielleicht der letzte Überrest von den Zügen des diebischen Knaben, den Aldur an einem verschneiten Tag vor siebentausend Jahren aufgenommen hatte.
»Meister«, sagte Belgarath und verbeugte sich respektvoll, als Aldur
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