Spiel der Magier
daß wir keine Blumen haben, aber es gibt verborgene Höhlen, wo Edelsteine wie wilde Blumen an den Wänden und auf dem Boden blühen. Kein Baum und Busch wächst in unserer sonnenlosen Welt, aber ich kenne eine Höhle, in der Adern aus purem Gold aus der Decke kommen und sich bis zum Boden ringeln.«
»Vorsicht, heiliger Gorim«, warnte Silk. »Die Prinzessin stammt aus Tolnedra. Wenn du ihr solchen Reichtum zeigst, wird sie wahrscheinlich noch vor deinen Augen hysterisch.«
»Ich finde das nicht besonders spaßig, Prinz Kheldar«, sagte Ce’Nedra frostig.
»Ich bin am Boden zerstört, Kaiserliche Hoheit«, entschuldigte er sich scheinheilig mit einer eleganten Verbeugung.
Gegen ihren Willen mußte die Prinzessin lachen. Der wieselgesichtige kleine Drasnier war so unmöglich, daß sie ihm nie lange böse sein konnte.
»Du wirst als meine geliebte Enkeltochter gelten, während du hier in Prolgu bist, Prinzessin«, sagte der Gorim. »Wir können miteinander an unseren stillen Seen entlangwandern und lange vergessene Höhlen erforschen. Und wir können reden. Die Welt draußen weiß wenig von den Ulgonern. Es wäre schön, wenn du die erste Fremde wärst, die uns versteht.«
Ce’Nedra nahm impulsiv seine zarte alte Hand in die ihre. Er war so ein reizender alter Mann. »Ich fühle mich geehrt, Heiliger Gorim«, sagte sie aufrichtig.
Die Nacht verbrachten sie in bequemen Quartieren in dem pyramidenförmigen Haus des Gorims – wenn auch die Begriffe Tag und Nacht in diesem seltsamen Land unter der Erde keine Bedeutung hatten. Am nächsten Morgen brachten einige Ulgoner die Pferde in die Höhle des Gorims, die wie die Prinzessin vermutete einen längeren Weg zurückgelegt hatten als sie selbst. Ihre Freunde machten sich zur Abreise bereit. Ce’Nedra saß etwas abseits und fühlte sich schon jetzt schrecklich einsam. Ihre Augen wanderten von einem Gesicht zum anderen, als wollte sie jedes ihrem Gedächtnis fest einprägen. Als sie schließlich zu Garion kam, füllten ihre Augen sich mit Tränen.
Ganz unvernünftig machte sie sich jetzt schon Sorgen um ihn. Er war so impulsiv. Er würde ganz bestimmt Dinge tun, die ihn in Gefahr bringen würden, sobald er ihr aus den Augen war. Gewiß, Polgara würde über ihn wachen, aber das war nicht dasselbe. Plötzlich war sie wegen all der Dummheiten, die er tun würde, und wegen des Kummers, den sein sorgloses Verhalten ihr bereiten würde, zornig auf ihn. Sie betrachtete ihn und wünschte, er würde etwas tun, für das sie ihn tadeln konnte.
Sie hatte beschlossen, nicht mit aus dem Haus des Gorims zu gehen – sie wollte nicht allein und verlassen am Rande des Sees stehen und ihnen hinterherwinken. Aber als sie nacheinander durch die schwere Bogentür gingen, geriet ihr Entschluß ins Wanken. Ohne zu überlegen, lief sie hinter Garion her und ergriff seinen Arm.
Er drehte sich überrascht um, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, nahm sein Gesicht in ihre kleinen Hände und küßte ihn. »Du mußt auf dich aufpassen«, befahl sie. Dann küßte sie ihn noch einmal, machte kehrt und lief schluchzend ins Haus zurück, den verblüfft hinter ihr herstarrenden Garion einfach stehenlassend.
Teil Vier
Cthol Murgos
19
S chon seit Tagen lebten sie in der Dunkelheit. Das einzige trübe Licht, das Relg trug, war nur ein Orientierungspunkt, dem man folgen konnte. Die Dunkelheit lastete auf Garion, und er stolperte über den unebenen Boden vorwärts, eine Hand vor sich ausgestreckt, um sich nicht an herabhängenden Felsen den Kopf zu stoßen. Aber es war nicht nur die muffige Dunkelheit. Er konnte das erdrückende Gewicht der Berge über sich und um sich herum spüren. Die Felsen schienen auf ihn einzudringen; er war eingeschlossen, eingesperrt in tonnenschwerem Gestein. Er hatte ständig mit Anflügen von Panik zu kämpfen und mußte oft die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut zu schreien.
Der gewundene und sich verzweigende Weg, den Relg nahm, schien keinerlei Ziel oder Richtung zu haben. An Einmündungen wählte er anscheinend zufällig den Weg, aber er bewegte sich stets zuversichtlich durch die dunklen, murmelnden Höhlen, in deren feuchter Luft die Erinnerung an Geräusche wisperte, wo Stimmen aus der Vergangenheit ohne Unterbrechung flüsterten. Relgs Zuversicht war das einzige, was Garion davor bewahrte, völlig in Panik zu geraten.
An einer bestimmten Stelle blieb der Eiferer stehen.
»Was ist los?« fragte Silk scharf, in dessen Stimme der gleiche Anflug
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