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Spiel der Schatten (German Edition)

Spiel der Schatten (German Edition)

Titel: Spiel der Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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bekommen hatte, von kugelrunder Form und einer Bauweise, die an den Orient, das ferne China oder andere exotische Orte denken ließ. Lichtschein drang durch zahlreiche, verschieden große und mit gläsernen Linsen versehene Öffnungen und fiel in fahlen Schäften auf Boden und Wände. Am faszinierendsten aber war, dass sich in der Lampe weder eine Kerze noch eine Zuleitung für Gas oder ein Reservoir für Petroleum befand. Der Docht schien aus sich selbst heraus zu brennen, und noch während der alte Horace ungläubig darauf starrte, schien sich das Licht der Flamme zu intensivieren.
    »Was, bei Oberons Bart, ist nun wieder los?«
    Horace’ Lippen bewegten sich kaum merklich. Es war der Puck, der sprach und anstelle seines Herrn sein Unbehagen zum Ausdruck brachte. Im Zuschauerraum hatte heitere Gelassenheit geherrscht, gemischt mit ehrlichem Erstaunen. Auf dieser Seite des Vorhangs jedoch hing der unbestimmte Eindruck von Gefahr in der Luft.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Horace ebenso leise wie gedankenverloren, während er sich der Laterne noch einige Schritte näherte, »aber ich würde es wirklich gerne herausfinden.«
    »Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?« Unwillkürlich hatte er den Puck unter seinem Mantel hervorgezogen, sodass die Glasaugen des Kobolds nun ebenso gebannt auf das kugelförmige, leuchtende Gebilde gerichtet waren wie die von Horace. Aus diesem Grund bemerkte keiner von ihnen den geisterhaften Schatten, der über die Rückwand des Bühnenraumes huschte und sich ihnen lautlos näherte …
    »Wahrscheinlich nicht«, gab Horace zu, »dennoch würde ich es gerne wissen. Eine Laterne wie diese habe ich noch nie zuvor gesehen. Vielleicht ist sie der Grund dafür, dass …«
    In diesem Augenblick wechselte der Lichtschein der Lampe abrupt die Farbe und wurde giftig grün.
    »Ups«, machte der Puck. »Was soll das?«
    Selbst wenn er die Antwort gewusst hätte, wäre Horace nicht dazu gekommen, sie zu geben – denn in diesem Augenblick steigerte sich das grüne Leuchten und wurde so grell, dass es ihn blendete. Horace spürte einen stechenden Schmerz in den an das Halbdunkel gewohnten Augen und riss schützend die Hände vors Gesicht, den Puck ließ er dabei fallen.
    »Was willst du hier?«, erklang eine Stimme, die nicht nur dunkel und einschüchternd war, sondern auch von allen Seiten gleichzeitig zu kommen schien. »Warum bist du hier?«
    Horace war wie erstarrt vor Entsetzen.
    Man hatte ihn entdeckt!
    Er machte den Mund auf, wollte etwas zu seiner Verteidigung erwidern, aber er konnte es nicht. Der grüne Schein hüllte ihn ein und schien durch seine Hände und Augenlider zu dringen, auch dann noch, als er sich Schutz suchend abwandte. Er bereute, dass er dem Geheimnis des Theaters so unbedingt auf die Spur hatte kommen wollen. Nur noch ein Wunsch erfüllte ihn, er wollte fort, möglichst rasch diesen unheimlichen Ort verlassen und nach Hause zurückkehren, wo Cyn vermutlich schon auf ihn wartete, seine geliebte Cyn.
    Fort, nur rasch fort …
    »Wohin willst du?«, fragte die Donnerstimme – und als Horace vorsichtig die Hände von den Augen nahm, erkannte er einen riesigen Schatten, der vor ihm emporwuchs und weder einem Menschen noch einem Tier zu gehören schien. Hörner erhoben sich auf einem klobigen Schädel, ein massiger Körper mit langen Armen ruhte auf kurzen pfeilerartigen Beinen …
    Von Grauen geschüttelt blickte Horace an dem Schemen empor, der ihn fast um das Doppelte überragte, während die Stimme sich in höhnisches Gelächter erging, das in seinem Schädel dröhnte wie fünf durchzechte Nächte. Horace presste die Hände auf die Ohren, aber statt abzuebben, wurde das Hohnlachen immer noch lauter. Schließlich füllte es nicht nur den Bühnenraum, sondern das ganze Theater aus, und Horace fragte sich, warum die anderen Zuschauer ihn nicht hörten und weshalb niemand hinter die Kulissen kam, um nachzusehen, was der Lärm zu bedeuten hatte.
    Er wollte davonlaufen, so schnell seine alten Beine ihn trugen, wollte dem Wahnsinn entkommen, der in Gestalt des dunklen Schemens auf ihn zu lauern schien, aber seine Beine gehorchten ihm noch immer nicht. Wie angewurzelt stand er da, dafür kam plötzlich Bewegung in den Schatten, und er streckte die langen Klauen nach ihm aus.
    Horace glaubte zu spüren, wie sie in sein Inneres griffen und sich durch seine Eingeweide wühlten, eisig kalt und ohne Gnade. Von Entsetzen geschüttelt, riss er erneut den Mund auf, und diesmal

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