Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spiel der Schatten (German Edition)

Spiel der Schatten (German Edition)

Titel: Spiel der Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
rannten sie auf die nächste Tür zu, die aus dem Theaterfoyer nach draußen führte – doch sie war verschlossen.
    Vergeblich zerrte Milo an der Klinke, während Cyn gehetzt über die Schulter blickte und die Grimmlinge herankommen sah. Sie näherten sich langsam und mit grässlichem Knurren, wie Raubtiere, die ihr Opfer sicher wussten. Cyn spürte Panik in sich aufsteigen und schnappte nach Luft.
    Sie versuchte, sich mit aller Macht zu beruhigen, aber es erwies sich als schier unmöglich. Denn auch die nächste Ausgangstür war verschlossen, ebenso wie die übernächste – während die Grimmlinge sie fast erreicht hatten!
    Schadenfrohes Gelächter brandete auf, das von allen Seiten zu kommen schien. Cyn wusste nicht, ob es nur Caligore war, der lachte, oder ob seine schattenhaften Schergen in das Gelächter mit eingefallen waren. Milo und sie saßen in der Falle. Hinaus konnten sie nicht, der Weg zurück zum Zuschauerraum war ihnen ebenfalls abgeschnitten. Schon wuchsen die langen Klauen der Grimmlinge heran, huschten über Boden und Wände, um nach ihnen zu greifen, und einmal mehr fühlte Cyn die tödliche Kälte, die diese Kreaturen umgab.
    Plötzlich überstürzten sich die Ereignisse.
    Milo, der eben noch reglos an ihrer Seite verharrt und ihre Hand gehalten hatte, sprang plötzlich von ihr weg. Einen bangen Augenblick lang hegte Cyn die Befürchtung, er könnte sie im Stich lassen und abermals die Seiten wechseln, aber das war nicht der Fall. Stattdessen hastete der Junge zur Wand, wo ein schmaler Schal aus rotem Samt von der Decke bis zum Boden reichte. Als Milo den Vorhang zur Seite schlug, konnte Cyn erkennen, dass dahinter dünne Rohrleitungen verliefen – die Gasversorgung der kristallenen Lüster, die das Foyer erhellten.
    Milo zögerte keine Sekunde. Noch ehe Cyn begriff, was er da eigentlich tat, hatte er bereits eine der dünnen Leitungen gepackt und sie aus ihrer Verankerung gerissen. Ein leises Zischen war zu hören, als Gas ausströmte, und sofort hatte Cyn den typischen beißenden Geruch in der Nase. Die Grimmlinge, denen das Gas nichts anhaben konnte, stampften unbeirrt weiter, während die Luft vor ihnen bereits zu flimmern begann. Dann ging alles blitzschnell.
    »Auf den Boden!«, rief Milo, stürzte auf Cyn zu und riss sie im Fallen mit.
    Fast im selben Augenblick passierte es.
    Das Gas war zur Decke des Foyers emporgestiegen, wo es sich sammelte – und in dem Moment, da die Konzentration hoch genug war, sprangen die Flammen der Lüster über und entzündeten das Gemisch.
    Cyn wusste nicht, was schlimmer war.
    Der grässliche Wind, der über Milo und sie hinwegfegte und an ihnen zerrte, oder die sengende Hitze. Die Lüster barsten in einem grellen Feuerball, unzählige Glassplitter prasselten wie ein mörderischer Regen von der Decke. Und in all dem Klirren und Bersten glaubte Cyn, ein grässliches Heulen zu hören, als würde eine Kreatur in äußerster Todesqual aufschreien.
    Einen Lidschlag später sah sie wieder auf, und es bot sich ihr ein Bild der Zerstörung.
    Die Decke des Foyers war rußgeschwärzt, Flammen leckten an den seidenen Tapeten, hier und dort loderten Brände auf dem Parkett. Von den Grimmlingen fehlte jede Spur, geradeso, als hätte der blendend helle Feuerschein ihre Schatten verblassen lassen. Doch inmitten des schwelenden Infernos sprang eine menschliche Gestalt einer lebenden Fackel gleich umher und gab entsetzliche Schreie von sich.
    Professor Caligore.
    »Vater!«
    Milo, dessen Gesicht ebenso wie das von Cyn rußgeschwärzt war, wollte aufspringen, um seinem Vater zu Hilfe zu kommen, als etwas Unerwartetes geschah. Caligores brennender Körper brach zusammen – sein geisterhafter Schatten hingegen, den die Flammen auf die geschwärzte Wand warfen, löste sich von seinem Körper und huschte davon. Für einen Moment glaubte Cyn, höhnisches Gelächter zu hören – oder war es nur das Ächzen des alten Holzes, an dem die Flammen nagten?
    Dann war Caligore verschwunden.
    »Komm mit«, forderte Milo Cyn auf und half ihr rasch auf die Beine. »Wir müssen fort von hier!«
    Natürlich hatte er recht. Zwar strömte aus der offenen Leitung kein Gas mehr nach – die Druckregulierung hatte angesprochen und den Zufluss unterbrochen –, jedoch waren die Flammen dabei, sich weiter auszubreiten. Schon hatten sie auf die Wandbehänge übergegriffen, die lodernd in Flammen aufgingen, und leckten an der Decke. Da die Türen nach draußen allesamt abgesperrt waren, liefen Cyn

Weitere Kostenlose Bücher