Spiel Der Sehnsucht
würde mich einmischen.«
Ivan fluchte, da er feststellen mußte, daß er sich wie ein kompletter Idiot aufführte. Das war es, wozu Lucy ihn gemacht hatte. Aber nicht mehr lange, so schwor er sich zähneknirschend.
»Was sich zwischen meiner Frau und mir abspielt, geht dich nichts an. Soweit ich mich erinnere, haben wir vor einigen Tagen eine Wette abgeschlossen, und ich habe gewonnen. Und nun erwarte ich, daß du dich an unsere Abmachung hältst: Wenn ich aus dem Norden zurück bin, wirst du dich auf einer ausgedehnten Reise auf dem Kontinent befinden.«
Er hielt Elliots Blick stand, bis dieser grinsend nickte.
Erst da nahm Ivan seinen Mantel. »Da keiner von euch etwas über die beiden weiß, werde ich mich jetzt auf den Weg machen.«
Elliot und Giles schwiegen wohlweislich. Alex sah Ivan nachdenklich an. »Wenn du glaubst, das Mädchen steckt mit Mawbey unter einer Decke, weshalb willst du dich dann einmischen?«
»Wer sagt, daß ich mich einmischen will?«
Lucy starrte auf das Bett. Sie saß zusammengekauert in einem Sessel auf der anderen Seite des Zimmers, gegen-
über der ungeheuren Liegestatt aus Mahagoni.
Das Möbelstück war mindestens hundert Jahre alt, wahrscheinlich sogar zweihundert. Etliche Generationen von Westcotts hatten darin geschlafen, sich darin geliebt.
Aber war je zuvor eine der Westcott-Frauen am Morgen nach der Hochzeitsnacht in diesem Bett erwacht und hatte sich allein gefunden? War je eine dieser Frauen von ihrem Mann nur eine Nacht nach der Eheschließung verlassen worden?
Lucy unterdrückte ein Schluchzen und kämpfte energisch gegen die aufsteigenden Tränen an. Ivan hatte sie nicht verlassen. Sie war eine Törin, wenn sie das glaubte.
Er war weg, aber er war unterwegs, um Valerie einzuho-len, und das war gut so.
Trotzdem, hätten sich nicht andere darum kümmern können? Valerie hatte einen Vater und andere männliche Verwandte, wie Ivan gestern richtig festgestellt hatte.
Aber Lucy wußte es besser. Valeries Flucht mit Sir James hatte Ivan eine willkommene Ausrede geliefert, sich aus dem Staub zu machen. In Wirklichkeit hatte er sie gar nicht heiraten wollen, es war ihm nur darum gegangen, seine Großmutter zu brüskieren. Und jetzt fühlte er sich überlistet und in seiner eigenen Falle gefangen. Lucy fürchtete, daß er sie nun mit allen anderen Frauen in einen Topf warf. Das hatte sie nicht verdient!
Warum nur hatte Lady Westcott, nachdem sie ihn endlich verheiratet gesehen hatte, durch ihre Häme alles zerstören müssen?
Lucy verbarg ihr Gesicht in ihrer Armbeuge. Draußen begann ein Hund zu bellen. Eine Frauenstimme rief, eine Männerstimme antwortete. Lucy blickte hoffnungsvoll auf, doch es war nicht Ivan, der draußen lachte.
Eine Träne stahl sich unter ihrem Lid hervor, und obwohl sie sie mit dem Handrücken wegwischte, kuller-ten schon die nächsten hinterher.
Sei keine Gans! befahl sie sich, stemmte sich aus dem Sessel und blickte umher. Sie hatte nie zur weinerlichen Sorte gehört, und sie wollte jetzt nicht damit anfangen, nur weil ihr Ehemann gegangen war, ohne sich zu ver-abschieden. Schließlich handelte es sich um eine Famili-enangelegenheit. Er würde schon wiederkommen.
Als aber die Tage vergingen, wurde sie zunehmend unsicherer, denn je länger Ivan ausblieb, um so unwahrscheinlicher war es, daß er Valerie und Sir James gefunden hatte. Möglicherweise waren die beiden inzwischen schon verheiratet. Hatte Ivan überhaupt nach ihnen gesucht?
Ihre Gefühle waren während dieser Tage schwankend.
Oft war sie wütend, dann wieder verzweifelt. Immer wieder fragte sie sich, warum Ivan sie geheiratet hatte.
Nur um zu zeigen, daß er es konnte? Dann wieder glaubte sie, daß ihre Heirat, auch wenn sie nicht unter günstigen Umständen zustandegekommen war, sich trotzdem zum Guten hätte wenden können - wenn Ivan es gewollt hätte.
Am vierten Tag seiner Abwesenheit wurde Lucy durch einen Brief von ihm aufgeschreckt. Er habe sich um geschäftliche Angelegenheiten auf dem Land zu kümmern und wünsche, daß aueh sie dorthin käme, da er das Haus in der Stadt aufgeben wolle. Über die flüchtigen Liebenden schrieb er kein Wort, was die Gräfinwitwe sehr erboste. Ebensowenig schrieb er über seine eigenen Pläne, was wiederum Lucy deprimierte.
Auch von Valerie waren zwei Schreiben gekommen. In dem ersten entschuldigte sie sich für die Ungelegenheiten und Sorgen, die sie ihrer Patentante bereitet hatte.
Das zweite war eine Nachricht von Sir James und
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