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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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seinem Herzen. Er konnte kaum sprechen. »Zu mir war sie auch immer gut und gerecht. Mehr als gerecht.« Er zog Derek in seine Arme und hielt ihn fest, während der Junge weinte.
    »Sie wird wieder gesund werden«, flüsterte er in das weiche Haar des Jungen. »Der Arzt und die Hebamme haben es gesagt. In ein paar Tagen wird sie wieder auf den Beinen sein und herumgehen können«, fügte er hinzu und betete im stillen darum, daß es stimmte.
    »Ja, aber - als das einmal mit meiner Mutter passiert ist, war sie sehr traurig und hat lange, lange geweint.«
    »Dann liegt es an uns, dafür zu sorgen, daß Lucy wieder glücklich wird.«
    Derek befreite sich schniefend aus Ivans Armen und rieb sich die Augen. »Wie sollen wir das anstellen?«
    Ivans Blick wanderte die dunkle Treppe hinauf nach oben, wo Lucy lag. Seine Lucy.
    »Ich weiß es nicht genau, Derek. Jetzt gehst du erst einmal schlafen, und ich werde nach Lucy sehen.«
    »Darf ich mitkommen?«
    Ivan hätte gerne Ja gesagt. Er hatte das Gefühl, einen Puffer zwischen sich und Lucy zu brauchen. Der Gedanke, ihr alleine gegenüberzustehen, machte ihm Angst.
    Noch nie hatte er eine Frau trösten müssen, die ein Kind verloren hatte. Er hatte überhaupt noch nie eine Frau näher gekannt, die Kinder besonders gemocht hätte.
    Aber Lucy mochte Kinder. Trotzdem hielt er es für vernünftiger, Dereks Bitte abzulehnen.
    »Morgen, wenn sie Besuch haben darf, kannst du sie sehen. Jetzt gehst du erst mal schlafen. Du mußt stark für sie sein in den nächsten Tagen«, fügte er hinzu, als der Junge ein Gähnen unterdrückte.
    Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinauf. Ivan begleitete Derek bis an seine Tür, die nahe neben Lucys Raum lag. Als Derek in seinem Zimmer verschwunden war, hatte Ivan keine Ausrede mehr, nicht zu Lucy hinein zu gehen. Er stand vor der Tür und starrte auf die schweren Eichenpaneele.
    Als er Lucys Brief erhalten hatte, in dem sie ihm mitteilte, daß sie Houghton Manor verlassen habe, war er außer sich gewesen vor Wut. Er hatte gefürchtet, sie könne sich an seine Großmutter anschließen, und war sofort nach Westcott Manor abgereist, um Lucy umge-hend nach Somerset in ihr Elternhaus zurückzubringen.
    Als er dann an der Haustür erfahren hatte, daß sie das Kind verloren hatte ...
    Er war wie betäubt, vernichtet.
    Er wollte sich einreden, daß er eigentlich erleichtert sein sollte. Aber es gelang ihm nicht. Ob sein Kummer dem Verlust des Babys oder der Trauer seiner Frau galt, wußte er selbst nicht. Er wollte diese Gefühle auch gar nicht zu genau prüfen.
    Er holte tief Luft und zwang alle verirrten Emotionen zurück in den hintersten Winkel seines Herzens. Jetzt mußte er ruhig und stark sein, für Lucy. Das war es, was sie jetzt brauchte. Und in Zukunft - nun, die Zukunft würde früh genug kommen.
    Lucy träumte, und in ihrem Traum war Ivan da. Sie hörte seine Stimme in ihr Ohr flüstern. Sie fühlte ihre Hand in seiner Hand.
    Ihre Finger zuckten und wurden sofort von einer Hand umfangen. Doch es war nicht Ivans große, starke Hand, sondern eine kleine, kalte, dünne Hand.
    Lucy wollte ihren Traum korrigieren, ihn besser, glücklicher machen. Doch Ivans Stimme platzte dazwischen.
    Sie war nicht freundlich, sondern wütend.
    »Geh weg von ihr! Geh augenblicklich weg von meiner Frau!« Die Hand preßte Lucys Finger noch fester, beinahe schmerzhaft, und Lucy erwachte. Ihre trüben Augen wanderten durch den Raum. An der Tür stand Ivan und starrte seine Großmutter an, die neben dem Bett saß und noch immer Lucys Hand hielt, wie sie es den ganzen langen, qualvollen Abend über getan hatte.
    Für einen kurzen Augenblick war Lucy überglücklich.
    Ivan war da. Sie wollte sich in seine Arme fallen lassen und vor Dankbarkeit weinen. Sie wollte ihn nie wieder gehen lassen.
    Doch der glückliche Augenblick verflüchtigte sich, als sie die Hand der alten Frau zittern fühlte. Lucy konnte dieses Beben nicht mißverstehen. Sie riß ihre Augen von Ivans Gesicht los und blickte die Gräfinwitwe an.
    Antonia war alt und erschöpft. Sie war Ivans Zorn nicht gewachsen, genausowenig wie sie selbst. Doch Lucy wollte nicht zulassen, daß Ivan gerade die Frau ver-nichtete, die ihr in dieser bittersten Stunde ihres Lebens beigestanden hatte.
    »Nein, Ivan«, sagte sie, und es klang wie ein schwaches Krächzen. »Nein. Ich will, daß sie bleibt. Ich brauche sie hier.«
    Ivan zuckte zusammen. Es war fast, als habe sie ihn geschlagen, und es tat Lucy leid, daß ihre Worte

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