Spiel Der Sehnsucht
ihres Hüft-schwungs genoß, der sich ihm bei jeder Stufe bot, die Lucy nahm.
Am liebsten wäre er ihr gefolgt, hätte sie in eines der Zimmer gezerrt und sich dann in ihr verloren. »Tod und Teufel«, fluchte er, als er das unzeitige Anschwellen seiner Männlichkeit bemerkte. Es war schon lange her, daß er auf den Anblick einer Frau so stark reagiert hatte, und noch dazu einer Frau, die ihn nicht leiden konnte.
Aber das war keine echte Abneigung, sagte er sich. Sie hatten einfach mit dem falschen Fuß begonnen. Er hatte heute einiges unternommen, um den schlechten ersten Eindruck, den sie von ihm hatte, zu korrigieren. Vielleicht würde es ihm gelingen, ihre Gefühle zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Warum er das allerdings wollte, war ihm selbst ein Rätsel. Er war nicht auf sie angewiesen. Es war ihm gleichgültig, ob sie ihn mochte oder nicht. Es sollte ihm genügen, daß sie ihn begehrte, denn von allen Gefühlen, über die Frauen angeblich verfügten, war Lust das einzige, dem er vertraute. Lust ließ sich nicht lange verbergen, ebensowenig wie eine Frau vortäuschen konnte, daß sie einen Mann begehrte, wenn dies nicht der Fall war. Sie mochte stöhnen und keuchen, sich unter einem Mann in gespielter Ekstase winden wie eine Hure. Ein erfahrener Mann erkannte den Unterschied. Und Ivan war erfahren.
Miss Drysdale hatte heute abend Lust durch ihn erfahren, und das reichte ihm. Liebe, Ehre, Treue - das waren Gefühle, die selten in einer menschlichen Seele zu finden waren und niemals in der Seele einer Frau. Einer Mutter konnte man die Liebe schnell für eine Goldmünze abkau-fen. Die Fürsorge einer Großmutter war nichts weiter als verachtenswertes Eigeninteresse.
Sein Gesicht verfinsterte sich, während er Lucy am oberen Treppenende verschwinden sah. Nein, es war ihm völlig gleichgültig, was diese scharfzüngige Miss Drysdale, abgesehen von Lust, für ihn empfand. Und die Tiefen dieser Lust wollte er in den kommenden Wochen gründlich ausloten.
Lucy fühlte Ivans Blick im Rücken, während sie die Treppe hinaufeilte. Unmöglich dieser Mann; was hatte er jetzt wieder vor? Dann - ganz wie er es gesagt hatte -
hörte sie Lady Westcotts Stimme. Als Lucy die Tür zu einem kleinen, grün und burgunderrot dekorierten Salon öffnete, war ihr sofort klar, daß Valerie während der Gar-dinenpredigt ihrer Großmutter noch kein einziges Wort hervorgebracht hatte.
»... das sind Bastarde, und schlimmer als das, arm wie Kirchenmäuse!« schimpfte die alte Frau. Dann bemerkte sie Lucy, und sie wandte sich von dem niedergedrückten Mädchen zu dessen pflichtvergessener Anstandsdame.
»Was haben Sie sich dabei gedacht, Miss Drysdale, Valerie einem Schwärm indiskutabler junger Männer auszu-liefern?«
Lucy war gekränkt. Den ganzen Abend über war sie belagert worden. Zuerst von Ivan, dann von jedem einzelnen seiner Freunde. Lady Westcotts ungerechte Vorwürfe ließen den mühsam aufrechterhaltenen Damm ihrer Selbstkontrolle brechen.
»Diese indiskutablen jungen Männer, wie Sie sie nennen, sind die Freunde Ihres Enkels. Und obwohl sie Bastarde sind, sind sie nicht ohne Aussichten. Einer von ihnen könnte durchaus eines Tages als Prinz anerkannt werden. Ein anderer, obwohl aus der Schicht der Kaufleute, wurde als Gentleman erzogen und hat, wie ich hörte, durch eigene Unternehmungen beträchtlichen Reichtum erworben.« Das hatte sie gerüchteweise auf dem Fest gehört. Über Mr. Pierce wußte sie nichts, außer daß er viel Geld für Kleidung und Pferde ausgab. Aber da war auch noch Ivan, und Lucy beschloß daher, dem Katz-und-Maus-Spiel, das ihre Arbeitgeberin trieb, ein Ende zu setzen.
»Tatsache ist doch, Lady Westcott, daß Valerie, wenn Sie sie mit Ivan zusammenbringen wollen, auch zu seinen Freunden höflich sein muß.«
Lady Westcott richtete sich hoch auf und sah Lucy mit eisigen Blicken an. »Vielleicht haben Sie meine Anweisung nicht richtig verstanden, Miss Drysdale. Ich hatte Ihnen aufgetragen, ein Zusammenkommen von Ivan und Valerie zu verhindern.«
Lucy verschränkte die Arme vor der Brust. »Doch, ich habe sehr gut gehört, was Sie sagten. Ich beziehe mich jedoch auf das, was Sie meinten.«
Die beiden Frauen maßen einander über die Distanz des überladenen Zimmers hinweg. Lady Westcott ergriff den Knauf ihres Stockas und sagte von oben herab: »Ich würde morgen gerne ein Gespräch unter vier Augen mit Ihnen führen, Miss Drysdale. Zehn Uhr in meinen Räumen. Zwischenzeitlich bitte ich Sie
Weitere Kostenlose Bücher