Spiel Der Sehnsucht
bisher: einen makellosen Ruf. Den hast du ihr jetzt geraubt. Du hast eine unbescholtene junge Frau in den Ruin getrieben. Und weshalb? Nur mir zum Trotz. Wenn du wenigstens ...«
»Ich habe nicht die Absicht, Miss Drysdale zu ruinieren.«
»Ach nein?« rief Lady Antonia. »Glaubst du, dieser Skandal ließe sich unterdrücken?«
»Ich hoffe nicht«, sagte Ivan. Er wandte sich zu Elliot und warf ihm einen warnenden Blick zu. »Ich möchte, daß jedermann erfährt, daß ich Lucy Drysdale heiraten werde, daß sie meine Frau und daher für jeden anderen tabu ist.«
Die Reaktionen auf diese überraschende Ankündigung waren interessant zu beobachten. Elliot sah Ivan nachdenklich an und fing dann an zu grinsen. Ob dieses Grinsen spöttisch oder zustimmend war, ließ sich nicht feststellen.
Die Augen von Lady Westcott verengten sich, als könne sie nicht glauben, was sie eben gehört hatte. Doch dann breitete sich langsam ein Ausdruck der Erleichterung über ihr faltiges Gesicht aus. War es möglich, dachte Ivan, daß ihre Sorge um Lucy stärker war als der Wunsch, ihn mit Valerie zu verheiraten?
Nur Lord Dunleith runzelte die Stirn. »Was sagten Sie?
Was hat er gesagt, Toni? Ich habe es nicht verstanden.«
»Er sagte, er würde sie heiraten«, antwortete Lady Westcott, blickte dabei aber Ivan an. »Du, verheiratet mit Miss Drysdale.« Sie schüttelte den Kopf. »Vermutlich sollte ich erleichtert sein, daß wenigstens einer von euch beiden ein wenig Vernunft zeigt.«
Erstaunt fragte Ivan: »Sollte ich dieser Bemerkung ent-nehmen, daß Lucy nicht vernünftig ist?«
Antonia zuckte mit den Schultern. »Das letzte, was ich von ihr hörte, war, daß eine Heirat mit dir nicht in Frage käme.«
Von allem, was Lucy dazu hätte sagen können, war dies das schlimmste. Obwohl Ivan seine äußere Fassung behielt, wand er sich innerlich, als habe er einen Schlag einstecken müssen. Er streifte die Asche von seiner Zigarre. »Nicht in Frage? Solange sie noch nicht verheiratet ist - in diesem Fall wäre ich aus dem Schneider -, kommt alles in Frage.«
»Vielleicht ist sie über die Aussicht einer Ehe mit dir einfach nicht erfreut«, sinnierte Elliot. »Vielleicht sind ihre Gefühle schon anderweitig vergeben.«
Ivan hätte Elliot das Grinsen am liebsten mit seinen Fäusten aus dem Gesicht geprügelt. »Ich glaube«, sagte er, »daß ich besser als ihr alle über Lucys Gefühle informiert bin. Ihre Gefühle sind der Grund, daß wir dieses Gespräch überhaupt führen.« Er stand auf. »Ich glaube, Lucy und ich brauchen ein kurzes Gespräch unter vier Augen.«
»Ach?« schnaubte Lady Westcott. »Ich werde sie rufen lassen. Ihr habt fünf Minuten hier in der Bibliothek. Das reicht.«
Sie musterte Ivan und seufzte. »Trotz der wenig idea-len Begleitumstände hoffe ich ... Ich wünsche dir das Beste, Ivan.« Dann begleitete sie die beiden anderen Männer aus der Bibliothek, und Ivan blieb allein zurück, ihre letzte Bemerkung noch im Ohr.
Sie wünschte ihm das Beste?
Gedankenverloren starrte er auf die Glut seiner Zigarre. Sie hatte ihn schon lange gedrängt zu heiraten. Die Tatsache, daß sie die Braut nicht hatte aussuchen können, mußte an ihrem Stolz nagen. Doch sie schien - wenn auch widerstrebend - mit Lucy Drysdale einverstanden zu sein, sonst hätte sie ihm nicht alles Gute gewünscht.
Er drückte die Zigarre aus und stieß sich aus dem Sessel. Dieses verfluchte Weib! Sie hatte ihn genau da, wo sie ihn haben wollte.
Doch war diese Heirat wirklich das, was sie wollte? Sie hatte sich für ihn eine reiche Erbin gewünscht, ein dummes, hirnloses Gänschen, das den Familienbesitz noch vergrößern sollte. Lucy jedoch war ein reizbarer Blaustrumpf mit einer ziemlich bescheidenen Mitgift.
Tatsache war jedoch, daß er überhaupt nicht beabsichtigt hatte zu heiraten. Ivan ging hinüber zum Tablett mit den Getränken und goß sich ein ordentliches Glas Whisky ein.
Zur Hölle, so hatte er sich das nicht vorgestellt! Er hatte nicht seiner Sinnenlust freien Lauf lassen wollen, um sich dann von seiner Großmutter erwischen zu lassen.
Leise öffnete und schloß sich die Tür, ohne daß er es hörte. Er tat einen Schluck aus seinem Glas, setzte es ab, hob es wieder an und trank den restlichen Inhalt in einem Zug. Dann drehte er sich um - und sah Lucy.
Sie stand an der Tür, als wäre sie bereit, jeden Moment die Flucht zu ergreifen. Sie hatte ihr Haar und ihre Kleidung in Ordnung gebracht. Trotzdem sah sie verändert aus.
Ihre
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