Spiel der Teufel
wem er auf die
Füße getreten ist, dass man ihn beseitigen musste. Ich kann mir
nicht vorstellen, dass er unvorsichtig gewesen sein soll und sich
der Gefahr nicht bewusst war, in der er von Anfang an schwebte.
Und er muss sich genauso dieser Gefahr bewusst gewesen sein,
als er, sollte es denn stimmen, mit einem unserer Kollegen gesprochen
hat. Das soll jetzt nicht anmaßend klingen, doch ich
glaube, er hätte als Erstes mich eingeweiht und nicht irgendeinen
andern, oder?«, sagte er und sah Santos dabei fragend an,
als würde er von ihr eine Zustimmung erhoffen.
»Tut mir leid, aber ich glaube das eher nicht. Du warst zwar
sein Freund, aber du bist beim K 1 und kennst dich mit der
Materie OK nicht aus. Und du hast auch nicht gewusst, dass
zwischen ihm und Nina nichts mehr lief. Du hast vieles von
ihm nicht gewusst, wir haben vieles nicht gewusst.«
»Ob das mit Nina seine Richtigkeit hat, wage ich zu bezweifeln.
Ivana hat ihn über alles geliebt, da wird der Blick schon
ziemlich getrübt. Wir hätten doch gemerkt, wenn es in der Ehe
gekriselt hätte, oder?«
»Ich kenne eine Ehe, wo so perfekt geschauspielert wird, dass sie
dich glauben machen, alles wäre in bester Ordnung. Meine Mutter
hat mir davon erzählt, und ich wollte es erst nicht glauben.«
»Okay, lassen wir das. Hast du dir das Bett mal näher angeschaut?
Nur ein Kopfkissen und eine Zudecke. Seltsam, was?
Und soweit ich das auf dem Laken erkennen konnte, sind da
auch keine Spermaflecken. Und auch sonst nichts, das auf eine
Frau hindeutet. Bisschen sehr seltsam.«
Santos ging zum Bett, hob die Decke an und sagte: »Das ist
doch keine normale Zudecke, eher so was, wie man es bei uns
in Spanien hat. Darunter passen sogar mehr als zwei Leute.
Und außerdem gibt es welche, die ohne Kopfkissen schlafen.
Aber fragen wir doch Ivana.«
»Sie wird uns wieder eine nette Geschichte auftischen, und wir
können sie schlucken oder nicht.«
»Sören, sie lügt nicht, sie verheimlicht nur etwas, das macht für
mich den Unterschied. Lass uns gehen, diese Bude erdrückt
mich. Ach ja, im Aschenbecher liegen Kippen, falls du das
übersehen haben solltest. Gerd hat aber nicht geraucht. Und
das sind Gitanes, genau die Marke, die Ivana raucht. Sie war
also hier, die Kippen sind für mich Beweis genug. Außerdem
hat sie dir freiwillig Haare von sich gegeben. Ich wette, wenn
die Spusi die Bude auf den Kopf stellen würde, die würden jede
Menge Hinweise finden, die mit einer Frau in Verbindung gebracht
werden könnten. Zum Beispiel Haare. Wann hattest du
eigentlich vor, Jürgens die Haare zu bringen?«
»Nachher.«
»Vor oder nachdem wir mit unsern lieben Freunden vom LKA
gesprochen haben?«
»Jetzt gleich.«
»Und danach schauen wir, was Lehmann und Klose so treiben.
Wem von beiden würdest du am ehesten zutrauen ...«
»Beiden und keinem. Und jetzt komm, ich will auch raus hier.«
»Und was machen wir jetzt mit der Wohnung?«
»Nichts, zumindest vorläufig. Es gibt diese Wohnung offiziell
gar nicht. Ich hoffe nur, dass Ivana uns wie versprochen anruft.«
Sie schlossen zweimal hinter sich ab und gingen nach unten,
kein Ton hinter irgendeiner Tür, niemand, der ihnen auf der
Treppe begegnete.
Regen hatte eingesetzt, ein kalter, böiger Wind fegte durch die
Straßen und ließ das schöne Wetter der vergangenen Tage in
Vergessenheit geraten. Santos klappte den Kragen ihrer Jacke
hoch, rannte zum Auto, startete den Motor und fuhr zur
Rechtsmedizin.
Jürgens befand sich gerade mitten in einer Autopsie, bei der
mehrere Polizeibeamte und solche, die es werden wollten, anwesend
waren. Pflichtunterricht, den jeder regelmäßig absolvieren
musste. Henning bat ihn, den Anschauungsunterricht
für einen Moment zu unterbrechen, gab ihm die Haare und
sagte: »Vergleich die mal mit denen, die du bei Gerd gefunden
hast. Tu mir aber einen Gefallen und behalt's vorläufig für dich.
Erklärung folgt später.«
»Klingt spannend.«
»Es ist mehr als das. Und du als Arzt bist doch an die Schweigepflicht
gebunden.«
»Nicht als Rechtsmediziner gegenüber der Staatsanwaltschaft.
Aber angenommen, ihr würdet zu mir kommen, wenn
ich nicht im Dienst bin und ihr hättet ein medizinisches Problem
...«
»Hast du heute Abend was vor?«
»Eigentlich schon. Aber ich habe nach fünfzehn Uhr hier nur
noch Routinekram zu erledigen. In meinem Büro um vier?«
»Ehrlich gesagt wär's mir lieber, wir würden uns an einem neutralen
Ort
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