Spiel der Teufel
bei ihm war,
hieß es sofort, natürlich, Gerd hat Zeit. Ab und an auch mal
Hinrichsen wie heute. Das mag nichts zu bedeuten haben, aber
dennoch kommt mir das im Nachhinein etwas seltsam vor,
ohne dass ich dieses Seltsame erklären könnte. Ich habe mich
gefreut und auch keine Fragen gestellt, nur jetzt fällt mir das
auf. Ich wiederhole mich ungern, aber er hat sich förmlich aufgedrängt,
bei uns mitzumischen.«
»Moment, wer hat sich aufgedrängt, Ziese oder Gerd?«, wollte
Santos wissen.
»Gerd, aber er hatte ja den Segen seines Chefs.«
»Wen haben Sie zuerst kontaktiert, Ziese oder Gerd?«
»Ziese natürlich, wir gehen grundsätzlich den offiziellen Weg.
Wir waren wieder mal unterbesetzt und brauchten dringend
Unterstützung. Er hat uns vorgeschlagen, er würde mit Gerd
sprechen, und dann passierte das, was ich eben schon erzählt
habe. Wir kamen mit Gerd ins Gespräch, und dabei stellte sich
heraus, dass er unter allen Umständen mal in einer andern Liga
mitspielen wollte. Und eben wegen dieser permanenten Unterbesetzung
hab ich das Angebot gerne angenommen.«
»Das heißt, Ziese hat Gerd nur vorgeschlagen, Gerd war dann
aber die treibende Kraft?«
»Ja und nein. Ziese hat erklärt, dass er einen fähigen Mann
habe, der doch auch mal in was anderes reinschnuppern sollte,
anstatt mehr im Büro als draußen Dienst zu machen.« Klose
warf Henning einen fragenden Blick zu und strich sich mit der
Hand übers Kinn.
»In welche Richtung denken Sie jetzt?«, fragte Henning.
»Noch keine, aber das Merkwürdige ist, und das ist mir auch
erst vorhin eingefallen, dass zum Beispiel bei allen Razzien, die
wir durchgeführt haben, nur eine erfolgreich war, obwohl es
sich dabei auch nur um einen minimalen Erfolg handelte.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass Gerd für die andere Seite gearbeitet
hat?«, gab sich Henning unwissend. Und außerdem
wollte er hören, was Klose noch anzubieten hatte.
»Ich will gar nichts andeuten«, antwortete Klose, beugte sich
nach vorn, die Arme auf dem Tisch abgestützt, und sah Henning
und Santos mit nachdenklicher Miene an. »Lag es an Gerd,
dass unsere Razzien fast allesamt in die Hose gingen, oder war
es nur Zufall? Sie kannten ihn doch recht gut.«
»Ich kannte ihn privat, aber nicht beruflich. Und wenn wir uns
privat trafen, sprachen wir über alles, nur nicht über den Job.«
»Ach, kommen Sie«, entgegnete Klose mit einer wegwerfenden
Handbewegung, »diesen Käse können Sie jemand anderem erzählen,
aber nicht mir. Ich habe auch einen Freund, der bei uns
arbeitet, und wenn wir mal auf'n Bier gehen, reden wir auch
schon mal über das, was bei uns so abläuft. Wir tauschen sogar
Interna aus, obwohl wir in unterschiedlichen Abteilungen arbeiten.
«
»Wir sind aber nie auf 'n Bier gegangen, weil Gerd nicht getrunken
hat«, entgegnete Henning ruhig. »Wenn, dann haben
wir uns bei ihm zu Hause getroffen und einen gemütlichen
Nachmittag oder Abend verbracht. Ob Sie's glauben oder
nicht, Gerd und ich haben nie über Berufliches gesprochen. Er
war nicht der Typ dafür. Wenn er zu Hause war, wollte er von
dem ganzen Mist nichts hören. Und er wollte auch seiner Frau
das Übel dieser Welt ersparen.«
»Dann stellt sich doch die Frage: Warum wurde Gerd Wegner aus
dem Weg geräumt? Warum waren bis auf eine alle Razzien erfolglos,
seit Gerd bei uns war? Woher hatte er den schicken BMW,
den nie einer von uns zu Gesicht bekommen hat?« Klose ließ sich
zurückfallen und verschränkte die Arme über dem Bauch.
»Die Frage mit dem BMW stellen wir uns auch ...«
»So, jetzt mal Butter bei die Fische. Ich sage Ihnen jetzt, was ich
denke. Gerd hat Informationen preisgegeben. Fragt sich nur, an
wen?« Er zuckte mit dem Schultern. »Keine Ahnung. Aber für
diese Informationen wurde er gut bezahlt, und zwar so gut, dass
er sich sogar einen Luxusschlitten kaufen konnte. Egal, was er für
uns gemacht hat, andere, die das nie hätten erfahren dürfen,
haben's von ihm erfahren. Wie gut kannten Sie Ihren Freund,
Herr Henning?«
»Soll das jetzt ein Verhör werden?«
»Nein, aber wie bemerkten Sie gestern doch so schön: Wenn eine
Zusammenarbeit funktioniert, dann nur nach dem Quidproquo-
Prinzip. Ich bin bereit, alle Karten auf den Tisch zu legen.«
»Woher sollen wir wissen, dass es auch alle Karten sind?«, sagte
Santos freundlich lächelnd, um die Spannung aus dem Gespräch
zu nehmen.
»Bitte, ein bisschen Vertrauen sollte schon drin
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