Spiel der Teufel
schon zu
Hause bei Mutti oder bei einer ihrer Nutten, aber der steht
auf und klatscht, was er niemals dürfte. Na ja, es hat mir nur
einmal mehr gezeigt, wie lächerlich unser Job eigentlich ist.
Wir reißen uns den Arsch auf, und andere schieben uns Dynamit
hinten rein.«
»Und wie sind Sie an die Akten gekommen?«
»Das war ein langer und mühsamer Weg, bis wir auf einen Kollegen
beim BKA stießen, der ebenfalls einen mächtig dicken
Hals hatte. Er hat uns heimlich die wesentlichen Akten kopiert,
obwohl er dabei Kopf und Kragen riskiert hat. Ohne ihn
hätten wir das nie geschafft. Das nur als kleines Beispiel, mit
dem ich eigentlich bloß ausdrücken wollte, dass wir bösen
Jungs vom LKA nicht immer die Bösen sind, auf jeden Fall
nicht öfter als bei andern Dienststellen.«
»Hat das jemand behauptet?«, fragte Santos.
»Nee, zumindest nicht direkt. Aber ich seh euch doch an, was
ihr über uns denkt...«
»Wir sind nur vorsichtig, weil wir mit dem organisierten Verbrechen
normalerweise nichts zu tun haben. Wir sind doch irgendwie
die Außenseiter, behandeln Vermisstenfälle und Tötungsdelikte,
aber das war's dann auch.«
»Schon gut, war ja nicht gegen Sie gerichtet. Und sorry, wenn ich
etwas deftig wurde, aber ich hab nur noch einen dicken Hals. Wir
laufen permanent ins Leere, und die lachen sich ins Fäustchen.
Doch kommen wir wieder zurück zu Gerd. Lassen Sie mich kurz
zusammenfassen - Gerd hat sich bei einem der mächtigsten Männer
Litauens ein Auto gekauft, mit den entsprechenden Papieren.
Das erhärtet doch schon mal meinen Verdacht, dass er nicht ganz
koscher war, um nicht zu sagen, er war ein korruptes Schwein.
Oder sehen Sie als sein Freund das anders?«
»Ich halte mich mit derartigen Bemerkungen zurück, solange
ich keine Beweise habe und auch nicht die Beweggründe für
sein Handeln kenne. Seine Frau wusste nicht, woher er das viele
Geld hatte. Kann es sein, dass er von irgendjemandem erpresst
wurde? Bevor wir ihn an den Pranger stellen und mit Steinen
bewerfen, sollten wir doch erst mal rauskriegen, warum er korrupt
war. Ein einleuchtendes Motiv sehe ich nicht. Er hat nicht
schlecht verdient, er hatte ein Haus, eine nette Familie ...«
»Aber nur, bis seine Tochter totgefahren wurde«, warf Klose
ein.
»Seine Frau ist wieder schwanger, sie hat es kurz nach dem Unfall
erfahren. Das Leben fing wieder von vorn an.«
»Der Tod eines Kindes kann nie durch die Geburt eines anderen
kompensiert werden«, entgegnete Klose bitter. »Niemals,
hören Sie!«
Henning warf Santos einen schnellen Blick zu. Beide dachten
dasselbe, ohne es anzusprechen.
»Ich weiß, wovon ich rede, glauben Sie mir. Mein Sohn war acht,
als bei ihm Leukämie diagnostiziert wurde. Der arme Kerl hat
ein Jahr lang gelitten, dass es mich fast zerrissen hat. Nichts, aber
auch rein gar nichts hat bei ihm angeschlagen - bis er endlich
von seinen Qualen erlöst wurde. Das ist jetzt zwölf Jahre her.
Nicht einmal ein Jahr später bekamen wir eine Tochter, die von
meiner Frau von vorne bis hinten betüddelt wird, bis ich es nicht
mehr ausgehalten habe, weil ich nur noch ein lästiges Anhängsel
war. Ich gebe zu, ich wurde mit dem Tod meines Sohnes nicht
fertig, meine Frau aber hatte auf einmal eine neue Beschäftigung,
dazu noch ein Mädchen, das sie sich immer gewünscht hatte.
Wir haben uns scheiden lassen, doch gut geht's mir damit nicht.«
Er sah Henning und Santos an und meinte plötzlich: »Entschuldigung,
wenn ich Sie mit meiner Privatgeschichte belästigt habe.
Das gehört nicht hierher.«
»Haben Sie nicht«, sagte Santos, die Klose plötzlich mit ganz anderen
Augen sah. »Halten Sie es für möglich, dass Gerd zu Dingen
gezwungen wurde, die er eigentlich nicht machen wollte ?«
»Ach, wissen Sie, in unserm Geschäft gibt es nichts, was es
nicht gibt. Aber gut, spekulieren wir mal ein bisschen. Sie fangen
an.«
»Das mit den Fehlinformationen begann erst, als Sie Gerd ins
Boot holten?«
»Nicht sofort, aber ein paar Wochen später. Manchmal handelte
es sich nur um ein paar Illegale in einem Container oder
Truck oder um Zigarettenschmuggler, die angeblich eine Lagerhalle
für ihre Ware angemietet hatten, manchmal um eine
ganz schnöde Razzia in einem Puff, wo sich laut Informant Illegale
oder gar Kinder aufhalten sollten.«
»Und Ihnen kam nie der Verdacht, dass Gerd die Schwachstelle
oder gar der Informant sein könnte?«
»Nein, dazu war er zu nett und
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