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Spiel der Teufel

Titel: Spiel der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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schwingen ...«
    »Du wiederholst dich.«
    »Anders kapierst du's ja nicht«, entgegnete sie gespielt schmollend.
»Halt keine Predigten und fahr los«, sagte Henning grinsend,
der wieder etwas besänftigt war und Lisa auch verstehen
konnte. »Und ja, wir gehen ganz groß aus, wenn das hier vorüber
ist.«
    »Das kann dauern. Zwei, drei Monate.«
    »Mann, bist du ungeduldig.«
    »Nicht ungeduldig, nur zur Hälfte Spanierin.«
    Henning kniff die Lippen zusammen, den Kopf zur Seite geneigt,
und dachte nach. Er hatte die letzten Worte von Lisa
zwar noch mitbekommen, aber ihm war nicht nach Geplänkel.
Ein nicht zu beschreibendes Gefühl sagte ihm, dass er und Lisa
sich auf einer Fährte befanden, die sie noch nicht bewusst
wahrnahmen. Es war, als würden sie sich langsam vortastend
durch eine dichte Nebelsuppe schreiten, und statt lichter schien
der Nebel noch dicker und bedrohlicher zu werden. Sie hatten
in den letzten zwei Tagen eine Menge erlebt und gehört, wobei
die schrecklichen und jede Vorstellungskraft sprengenden Informationen
von Ivana am beeindruckendsten waren. Dazu
kamen Ninas Schilderungen ihrer heilen Welt, die relativiert
werden mussten, denn entweder war sie blauäugig oder wollte
die Realität nicht wahrhaben, oder sie log. Doch wenn sie log,
was war der Grund?
    Er hätte gerne noch einmal mit ihr gesprochen, am liebsten unter
vier Augen, kannte er sie doch, seit sie mit Gerd nach Kiel
gekommen war. Ja, eigentlich kannte er sie schon vorher durch
die zahlreichen euphorischen Mails, die Gerd ihm aus St. Petersburg
geschickt und in denen er von seiner Traumfrau und
großen Liebe geschwärmt hatte, während Henning im tiefsten
Tief seines Lebens steckte. Gerd hatte davon gewusst und ihm
immer wieder Mut gemacht, doch Henning hatte die vielen
aufmunternden Mails zwar gelesen, aber er war nicht in der
Lage gewesen, sein Leben in den Griff zu bekommen. Dazu
hatte es erst Lisa bedurft, die ihm die Augen geöffnet hatte. So
gut er Nina auch kannte, sosehr er sie auch schätzte, er scheute
vor einem Gespräch zurück, in dem er ihr intime Fragen stellen
würde, die sie womöglich noch mehr verletzten. Sie wollte die
heile Welt aufrechterhalten, und er würde einen Teufel tun und
diese Welt zerstören. Am Ende der Ermittlungen vielleicht,
auch wenn diese sich noch viele Monate, möglicherweise sogar
Jahre hinziehen würden. Und ob Nina dann noch in Strande
wohnte, bezweifelte er.
    Er erinnerte sich gern an die Zeit mit Gerd, wie sie sich Anfang
der Neunziger kennenlernten und sich irgendwie sofort sympathisch
waren, wie sie oftmals bei einem Glas Wein zusammengesessen
und über Gott und die Welt philosophiert hatten
und Gerd immer wieder betonte, dass diese Welt noch zu retten
sei, auch wenn es nicht so aussehe. Gerd hasste Ungerechtigkeit,
Lügen und Betrügen und hatte sich oft genug für andere
eingesetzt, manchmal sogar erfolgreich. Einmal sollte eine
weißrussische Prostituierte, die gegen ihren Willen in einem
Bordell arbeitete, sechzehn bis achtzehn Stunden am Tag, nach
einer Razzia abgeschoben werden, doch Gerd hatte es auf
wundersame Weise geschafft, dass sie bleiben durfte, und jetzt
war sie ganz legal in einem Kosmetikstudio angestellt.
    Je länger Henning nachdachte und die Vergangenheit Revue
passieren ließ, desto sicherer war er, dass Gerd sich niemals aus
niederen Beweggründen mit einer solch menschenverachtenden
Organisation eingelassen hätte. Er hätte auch nie einen Kollegen
in Gefahr gebracht. Was immer er getan hatte, er musste einen
triftigen Grund dafür gehabt haben. Einer war sicherlich Ivana,
eine außergewöhnliche und sehr attraktive Frau, deren Leben
durch die Erfahrungen der Vergangenheit aus den Fugen geraten
war. Sie hatte ihn mit der Wahrheit konfrontiert, und Gerd
war bestimmt genauso schockiert darüber wie er und Lisa. Menschen,
die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in den Westen
gelockt wurden, um hier wie Vieh abgeschlachtet und ausgeweidet
zu werden, damit ein paar andere, die ein prall gefülltes
Bankkonto besaßen, leben konnten. Babys, Kinder, Jugendliche,
junge Erwachsene - Menschen, die eine Zukunft und ein
wenigstens einigermaßen angenehmes Leben haben sollten, mit
Träumen, Wünschen, Hoffnungen. Doch nichts von dem erwartete
sie, sobald sie mit irgendeinem Schiff im Containerhafen
einliefen. Kein schönes Leben, keine Träume, keine Wünsche,
nur der Tod. Ein Abgrund, den er nicht sehen

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