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Spiel der Teufel

Titel: Spiel der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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«, meinte Santos nur.
    »Ich hab trotzdem recht. Sie hatte entweder Dreck am Stecken
oder war jemandem im Weg. Und mein ganz persönlicher Tipp
ist, dass sie aus Vietnam stammt. Die machen sich seit zwei,
drei Jahren immer mehr bei uns breit. Und nicht alle gehen
einer ordentlichen Arbeit nach. Außerdem gibt es nicht nur
Spannungen unter den Vietnamesen selbst, sondern auch zwischen ihnen und anderen Gruppierungen. Und aus genau diesem
Grund wird es verdammt schwer werden, denjenigen zu
finden, der sie auf dem Gewissen hat. Ich halte es eigentlich für
beinahe unmöglich.«
    Er wollte noch etwas hinzufügen, als er die beiden Wagen der
Spurensicherung und direkt dahinter den des Arztes von der
Rechtsmedizin vorfahren sah. Er war gespannt auf das Ergebnis
der ersten Erkenntnisse vor Ort, vor allem, ob sie mit seiner
Vermutung übereinstimmten. Noch in den Autos zogen sie
sich ihre weißen Nylonanzüge über. Jetzt in der Nacht sahen
sie in diesen Anzügen mit den Kapuzen, die fast bis zu den
Augen heruntergezogen waren, wie Gespenster aus. Dazu
herrschte eine beinahe unnatürliche Stille, lediglich ein Flüstern
war zu hören und hin und wieder das leichte Anschlagen
der Wellen an die Kaimauer. Der Himmel war wolkenlos,
durch den Neumond strahlten die Sterne noch heller als sonst.
Die Luft hatte sich nach dem recht warmen Frühlingstag erheblich
abgekühlt. Henning und Santos fröstelten, was aber
möglicherweise auch daran lag, dass beide seit mehr als achtzehn
Stunden auf den Beinen waren - mit einer Unterbrechung,
als sie es sich bei Santos für eine kurze Zeit gemütlich machen
konnten, bis der Anruf von Jürgens sie wieder aus dem Haus
trieb. Der Tag war extrem anstrengend und auch aufwühlend
gewesen. Erst hatte es einen ihrer Freunde und Kollegen erwischt,
und nun kam innerhalb weniger Stunden noch eine
weitere Leiche hinzu. In seinen bisherigen Dienstjahren hatte
er noch nie in einer solch kurzen Zeit zwei auf unnatürliche
Weise zu Tode Gekommene gehabt.
    Santos erklärte den Angekommenen kurz die Lage, die sich
nur wenig später an die Arbeit machten. Zwei Stative mit grellen
Halogenscheinwerfern wurden aufgebaut, Koffer auf den
Boden gelegt und geöffnet. Der Fotograf schoss Bilder aus allen
erdenklichen Blickwinkeln, bevor sich Prof. Jürgens einen
ersten Eindruck von der Leiche verschaffen konnte. Henning
und Santos standen neben ihm und beobachteten ihn bei der
vorläufigen Leichenschau. Er leuchtete ihr mit einer Taschenlampe
in die Augen, die Nase, den Mund und hinter die Ohren
und schließlich auf die Hände, wo er besonders lange verweilte,
ohne jedoch etwas zu sagen.
    »Und?«, fragte Henning nach einigen Minuten ungeduldig.
Ohne aufzublicken, meinte Jürgens: »Sie ist noch relativ warm,
ihre Lebertemperatur beträgt 34,9 Grad. Das heißt, wenn man
die aktuelle Außentemperatur von 6,4 Grad nimmt, ist sie nicht
länger als eine halbe, maximal eine Stunde tot. Und wenn ich
mir die Stelle hier anschaue, gehe ich mal davon aus, dass sie
nicht hier umgebracht wurde. Dazu befindet sich zu wenig
Blut in der unmittelbaren Umgebung der Toten. Die Todesursache
habt ihr sicherlich selbst schon gesehen. Mehr irgendwann
im Laufe des Tages. Und bitte erwartet nicht, dass ich
jetzt noch ins Institut fahre.«
    »Nein, das erwartet keiner von dir«, sagte Henning. »Verrat
uns nur, welcher Nationalität sie angehört.«
    »Ich bin kein Hellseher, doch ich würde auf Vietnamesin tippen.
Aber unter Vorbehalt, sie kann genauso gut aus Kambodscha
oder Laos stammen. Genaueres kann ich erst später sagen.«
    Henning beugte sich nach unten zu Jürgens und durchsuchte
die Jeanstaschen der jungen Frau, ohne jedoch etwas zu finden.
»Nichts, aber auch rein gar nichts. Sie hat vorerst keinen Namen.
    Und bevor wir den nicht haben, nennen wir sie Jane Doe.«
Jürgens sah ihn verwundert an. »Wieso ausgerechnet Jane
Doe.«
    »Ganz einfach, in den USA werden unbekannte Leichen entweder
John Doe oder Jane Doe genannt. Ich könnte sie auch
Lieschen Müller nennen, aber bei einer Ostasiatin klingt das
ein bisschen merkwürdig, oder?«, sagte Henning grinsend.
Auch Jürgens konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und antwortete: »Nenn sie doch, wie du willst, ihr kann's egal sein. Ich
bin dann mal weg. Und bitte keine weitere Leiche heute Nacht,
ich brauch wenigstens ein bisschen Schlaf.« Bevor er sich erhob,
sagte er so leise zu Henning, dass kein anderer es

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