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Spiel der Teufel

Titel: Spiel der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Jetzt dürfen
Sie aber nach Hause zu Ihrer netten Familie.«
    Loose blieb noch einige Minuten sitzen, bis die fast kataleptische
Starre, die ihn befallen hatte, sich löste und er sich erheben
konnte. Er zitterte, alles an und in ihm zitterte, immer und
immer wieder zog die vergangene Stunde wie ein irrealer Traum
an ihm vorbei. Er hatte sich nie etwas zuschulden kommen lassen,
er hatte immer seine Steuern auf Heller und Pfennig gezahlt,
er hatte stets versucht, die bestmögliche Arbeit abzuliefern,
und er hatte immer nur eins gewollt - seine Familie zu
schützen. Und auf einmal musste er feststellen, dass andere
Macht über ihn hatten. Über ihn, seine Frau und seine Kinder.
Er hatte panische Angst, die sich ins Unermessliche steigerte, je
länger er darüber nachdachte, was soeben hier in seinem Büro
geschehen war. Er wurde gezwungen, Verbrechen zu begehen,
ohne dass er ein Verbrecher war. Aber er konnte nichts dagegen
tun, sie waren einfach gekommen und hatten ihm ihre Bedingungen
diktiert. Am liebsten wäre er in irgendeine Kneipe
gefahren, um sich sinnlos zu betrinken, bis er vergessen hatte,
was vorgefallen war. Er verwarf den Gedanken wieder, wartete
noch einen Augenblick, bevor er sich die Jacke überzog und
nach Hause fuhr. Nein, dachte er, ich werde mir nichts anmerken
lassen.
     
    Seine Frau Kerstin empfing ihn wie jeden Abend mit einem
Kuss, während die Kinder bereits auf ihren Zimmern waren.
»Tut mir leid«, sagte er und hängte seine Jacke an den Haken,
»aber heute war einiges los in der Klinik. Es kann auch morgen
wieder ziemlich spät werden, ich musste mehrere Patienten annehmen,
die dringend behandelt werden müssen.«
    »Wie heißt die Frau denn?«, fragte sie verschmitzt lächelnd
und legte ihre Arme um seinen Hals. »Ist sie hübsch?«
    »Ja, sehr hübsch sogar«, antwortete er und sah ihr in die Augen.
    »Aber mit dir kommt sie trotzdem nicht mit.«
    »Dann bin ich ja beruhigt. Du hast bestimmt Hunger, und mir
knurrt auch der Magen, ich habe nämlich auf dich gewartet.
Adrian und Alina sind schon oben, du kannst ihnen aber noch
gute Nacht sagen.«
    Er hatte keinen Hunger und schon gar keinen Appetit, aber er
würde gute Miene zum bösen Spiel machen, um möglichen unangenehmen
Fragen von Kerstin vorzubeugen.
    »Ich geh schnell hoch und mach mich frisch. In zehn Minuten
können wir essen.«
    Adrian schlief bereits. Loose wollte nicht, dass er wach wurde,
und schlich auf Zehenspitzen wieder hinaus und ging zu Alina,
die auf dem Bett saß und Kopfhörer aufhatte. Mit zehn befand
sie sich bereits in einem Alter, in dem sie allmählich von einem
Kind zu einer jungen Dame heranreifte. Sie nahm die Kopfhörer
ab, er setzte sich zu ihr auf die Bettkante und legte einen
Arm um sie. Er malte sich aus, was wäre, wenn er sie verlieren
würde - sie, Adrian und Kerstin. Er würde es nicht aushalten.
Er würde zerbrechen wie ein Tonkrug, der auf einen Steinboden
fiel. In Tausende winziger Scherben. Nein, er würde nicht
zulassen, dass ihnen etwas zustieß, dass man sie vielleicht quälte
oder gar tötete. Die Drohungen, die Elena ausgesprochen
hatte, waren deutlich genug gewesen. Und er würde eine Lösung
finden, da war er sicher. Irgendwann. Jetzt jedoch waren
seine Gedanken wie gelähmt. Er würde Alina eine gute Nacht
wünschen und ihr einen Kuss auf die Stirn geben und ihr noch
einmal durchs Haar streichen, nach unten gehen und etwas essen
und kein Wort über das verlieren, was in der Klinik geschehen
war.
    »Mach nicht mehr zu lange«, sagte Loose zu seiner Tochter.
»Bis um neun und nicht länger. Gute Nacht und träum was
Süßes.«
    »Hm. Nacht«, rief sie ihm hinterher. Er schloss die Tür und ging
ins Bad, wusch sich lange das Gesicht mit kaltem Wasser, trocknete
sich ab und besah sich im Spiegel. Er meinte in den letzten
Stunden um Jahre gealtert zu sein, zumindest fühlte er sich so.
Als er die Hände von sich streckte, bemerkte er, dass seine Finger
leicht zitterten. Er öffnete den Medizinschrank und holte
eine Packung Valium heraus, nahm eine Tablette mit zehn Milligramm
und schluckte sie mit etwas Leitungswasser. Die Wirkung
würde in wenigen Minuten eintreten und er sich hoffentlich
besser fühlen. Und wenn er noch ein Glas Wein trank, würde
er auch schlafen können. Denn nichts brauchte er dringender
als Schlaf, obwohl alles in ihm zum Zerreißen angespannt war
und er am liebsten seine Familie genommen und abgehauen

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