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Spiel der Teufel

Titel: Spiel der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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wäre. Aber wie er Igor und vor allem Elena einschätzte, würden
sie ihn finden, egal, wo auf der Welt er sich versteckte. Er hatte
noch nie eine Frau kennengelernt, die eine solche Eiseskälte ausstrahlte
wie diese Elena. Hübsch und eisig bis ins Mark.
    Angst beherrschte sein Denken, Angst vor morgen, Angst vor
der Zukunft. Nein, nicht Angst, sondern Furcht. Angst hatte
man vor etwas Unbekanntem, Furcht vor einer sichtbaren Gefahr.
Und je länger er nachdachte, desto bewusster wurde er
sich, dass sein und das Leben seiner Familie nicht mehr in seinen
Händen lag, sondern in den Händen einer Organisation,
die sich nur die »Firma« nannte. Doch wer versteckte sich hinter
dieser Firma?
    Du musst einen kühlen Kopf bewahren, dachte er, während er
auf dem Wannenrand saß und nicht merkte, wie die Zeit verrann.
Erst das Klopfen an die Tür ließ ihn hochschrecken. Ein
Blick auf die Uhr verriet ihm, dass eine halbe Stunde vergangen
war, seit er das Badezimmer betreten hatte.
    »Schatz, kommst du essen? Ich verhungere fast.«
    Er wurde aus seiner Lethargie gerissen, sprang auf, öffnete die
Tür, versuchte zu lächeln und sagte: »Tut mir leid, aber ich war
so in Gedanken versunken. Ein Patient bereitet mir Kummer.
Sein Zustand ist sehr bedenklich, und wir brauchen dringend
ein Spenderorgan.«
    »Du sollst doch die Arbeit nicht mit nach Hause bringen«, sagte
Kerstin. »Hier schaltest du gefälligst ab.« Dabei sah sie ihn von
unten herauf an und legte einen Arm um seine Hüften.
»Du hast ja recht, wie immer.«
    Auf dem Weg nach unten dachte er: Ich werde tun, was sie
von mir verlangen, doch ich werde kämpfen. Aber noch
während er dies dachte, überfiel ihn wieder diese Furcht, diese
unsägliche, unerträgliche Furcht. Elena und Igor waren
Menschen, mit denen nicht zu spaßen war, das hatten sie ihm
deutlich zu verstehen gegeben, denn für sie zählte ein Leben
offenbar nichts. Loose hatte schon etliche Male von solchen
Verbrechern gehört und nie gedacht, jemals mit ihnen in Berührung
zu kommen. Das Verbrechen spielte sich außerhalb
seines Lebens ab, außerhalb seiner Familie, seiner Klinik.
    Und nun musste er fassungslos feststellen, dass er von einer
Sekunde zur andern in den Sumpf des Verbrechens gezogen
worden war. Und es gab keine Chance, dem zu entfliehen.
Er ging nach unten, wo Kerstin bereits den Tisch gedeckt
hatte. Er würde versuchen, so zu tun, als wäre es ein Abend
wie jeder andere. Kerstin sollte sich nicht beunruhigen, sie
sollte nicht einmal ansatzweise merken, was in ihm vorging.
Ihm war zum Heulen zumute, als er sich an den Tisch setzte
und sagte: »Das sieht wieder einmal sehr gut aus. Und wenn
es auch so schmeckt. Wenn ich dich nicht hätte, würde ich
glatt verhungern.«
    »Wenn du mich nicht hättest, hättest du eine andere«, entgegnete
sie wie immer, wenn er diesen Satz sagte, obwohl sie sich
jedes Mal geschmeichelt und bestätigt fühlte. Sie liebte ihren
Mann und würde alles für ihn tun.
    Zum Essen trank Loose zwei Gläser Wein, und allmählich
legten sich die Anspannung und Nervosität, die sich in den
letzten zwei Stunden wie ein Eisenring immer fester um seine
Brust gezogen hatten. Aber eines blieb dennoch - die Furcht.
    Er saß noch eine Weile mit Kerstin zusammen, der Fernseher
lief, sie blätterte in einer Illustrierten. Sie schwiegen, aber es
war kein unerträgliches, lautes Schweigen, sondern eins, durch
das jeder dem andern gestattete, sich nach einem langen Tag zu
erholen. Um kurz nach elf begaben sie sich ins Bad, machten
sich für die Nacht fertig und gingen zu Bett. Kerstin schlief in
seinem Arm ein, während er fast die ganze Zeit über wach lag.
Als der Wecker um sieben Uhr klingelte, hatte er kaum eine
Stunde geschlafen. Er wusste, ein wahrhaft furchtbarer Tag lag
vor ihm.
     

MITTWOCH, 1.50 UHR
     
    »Verstanden. Wir sind in zehn Minuten da«, sagte Henning
und beendete das Gespräch.
    »Was ist los?«, fragte Santos, die hinter dem Steuer saß.
    »Das war Karen vom KDD. Eine Tote im Gewerbegebiet am
Ostuferhafen. Ermordet. Sie sind schon vor Ort, der Rest der
Truppe rückt gleich nach.«
    »Was geht denn hier auf einmal ab? Zwei Tote innerhalb von
ungefähr vierundzwanzig Stunden. Was hat sie noch gesagt?«
    »Dass es sich um eine Asiatin handelt. Mehr werden wir gleich
erfahren.«
    Als sie eintrafen, standen mehrere Autos vor einer Lagerhalle,
die kaum hundert Meter vom Wasser entfernt war. Zwei

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