Spiel der Wölfe - Briggs, P: Spiel der Wölfe - Hunting Ground (Alpha & Omega 2)
ertappte sich bei einem Lächeln, obwohl er immer noch aus der Bahn geworfen war. » Brahms?«
Sie lachte unsicher und trat einen Schritt zurück, so dass sie ihm ins Gesicht sehen konnte. » Tut mir leid, ich war panisch. Und Musik scheint mir dabei zu helfen, das… was auch immer ich tun kann, besser zu konzentrieren. Beruhigende Musik. Und das Wiegenlied schien gerade zu passen. Bist du in Ordnung?«
» Mir geht’s prima…«, sagte er, dann merkte er, dass er log, also berichtigte er sich. » Mir wird es bald wieder gutgehen.« Ja, sein Leben hatte gerade eine abrupte Veränderung erfahren. Eine Gefährtin zu haben, hatte sowohl ihn als auch seinen Wolf aus dem Gleichgewicht gebracht– nicht dass er sich darüber beschweren wollte. Er lächelte still. Sie sang ihm sogar Wiegenlieder vor– und das gefiel ihm.
Irgendwie war es ihm gelungen, auf den Füßen zu bleiben und so ein Bad im eiskalten Wasser zu vermeiden. Er hatte immer noch das Geschenk seines Vaters für Dana in der Hand.
» Sollen wir jetzt Dana besuchen?«, fragte er höflich, als hätte er nicht gerade eine Art von… Erleuchtung erfahren, einen metaphysischen Fast-Zusammenbruch… ihm fehlten die richtigen Worte dafür.
» Klar.« Anna nahm seine freie Hand und die Berührung ihrer Haut war besser als die Umarmung, weil es ihr Fleisch auf seinem war.
Bruder Wolf gab ein zufriedenes Stöhnen von sich und beruhigte sich, obwohl er in der Nähe der Frau vom Feenvolk, oder in der Nähe irgendeines Angehörigen des Feenvolkes, nicht glücklich war. Sie gehörten nicht zum Rudel und konnten auch niemals dazugehören. Charles selbst mochte sie. Bei Dana hatten er und Bruder Wolf sich darauf geeinigt, nicht einer Meinung zu sein.
Das Boot hatte eine Tür wie ein echtes Haus. Anna wartete, während Charles klopfte. Sie verbarg hinter ihren Wimpern, wie aufmerksam sie ihn beobachtete. Seine Kontrolle war so gut, dass sie keine Ahnung gehabt hatte, dass etwas nicht stimmte, bis sie nach ein paar Saltos aufgesehen und in seine Augen geblickt hatte, golden und wild– und dann hatte sie ihn gefühlt, alles von ihm. Zu viel, um es zu verarbeiten, zu viel, um es aufzunehmen, sie hatte nur seinen Schmerz gefühlt. Und jetzt baute er die Mauern zwischen ihnen wieder auf. Sie wusste nicht einmal, ob er sich dessen bewusst war oder nicht.
Er schien sich wieder im Griff zu haben, aber sie hielt die Hand trotzdem an seinem Rücken, unter seine Jacke geschoben, wo sie seine glatten, entspannten Muskeln unter den Fingern fühlen konnte.
Durch den Geruch von Salzwasser, Algen und Stadt konnte sie Terpentin riechen– aber niemand kam, um sie zu begrüßen.
Charles öffnete die Tür und steckte den Kopf ins Haus. » Dana? Mein Dad hat uns geschickt, um dir ein Geschenk zu bringen.«
Die ganze Welt schien interessiert den Atem anzuhalten, aber die Frau vom Feenvolk sagte nichts.
» Dana?«
Die Antwort, die schließlich kam, erklang über ihren Köpfen. » Ein Geschenk?«
Anna schaute auf und sah, dass das Fenster im ersten Stock offen stand.
» Das hat er mir gesagt«, meinte Charles.
Anna konnte an dem warmen Klang seiner Stimme erkennen, dass er die Frau vom Feenvolk mochte. Sie war nicht darauf vorbereitet, dass er sie mögen würde; er mochte so wenige Leute. Die Wölfin in ihr, hervorgelockt durch die Ereignisse auf dem Dock, rührte sich unruhig, besitzergreifend, beschützend.
» Dann bring es her, mein lieber Junge. Ich bin oben im Studio, und ich will keine Farbspur durchs ganze Haus ziehen.«
Lieber Junge? Anna kniff die Augen zu. Es schien, als beruhe die Zuneigung auf Gegenseitigkeit.
Er ergriff gedankenverloren ihre Hand. Ihre Wölfin beruhigte sich bei seiner Berührung, und sie folgte ihm durch die Tür ins Innere des Bootes. Charles schien zu wissen, wo er hinmusste, oder vielleicht folgte er auch einfach nur dem beißenden Geruch von Terpentin.
Sie sah sich um, während sie weitergingen. Im Flur hingen Gemälde von Schmetterlingen und Motten. Die Räume, die davon abgingen, waren klein und gemütlich, eingerichtet in Purpur-, Pink- und Blautönen– als hätte ein Team von Disney vorbeigeschaut und alles so dekoriert, dass es perfekt zu einer Fee passte. In einem Raum stand ein künstlicher Wasserfall, der manisch-fröhlich vor sich hinplätscherte. Den Rest des Raumes nahm ein riesiges Doppelbett ein. Die ganze Wohnung roch nach Salzwasser und demselben seltsamen Aroma, das sie schon bemerkt hatte, als sie mit dem Troll sprach–
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