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Spiel des Lebens 1

Spiel des Lebens 1

Titel: Spiel des Lebens 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etzold Veit
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zu klein und außerdem ist er abgeschlossen. Wo sollen hier Ratten herkommen?
    Dann hörte sie die andere Stimme.
    Wenn der Raum abgeschlossen ist, ist irgendwann die Luft alle. Und wenn er es nicht ist, dann gibt es auch Ratt…
    Sie versuchte, sich selbst diesen Gedanken auszureden, versuchte, sich auf ihre Körpermitte zu konzentrieren, wie beim Yoga, versuchte, erst einmal an gar nichts zu denken, um danach wieder klar denken zu können.
    Sie überlegte. Versuchte, sich nicht von diesem dunklen, modrigen Keller fertigmachen zu lassen. Versuchte, logisch zu sein und rational. Auch wenn sie wusste, dass sie das nicht sonderlich gut konnte.
    Erstens: Sie war hier eingesperrt und keiner konnte sie hören.
    Zweitens: Sie konnte niemanden mit ihrem Handy anrufen.
    Drittens: Sollte nicht irgendwann irgendjemand hier auftauchen, würde sie für ewig in diesem muffigen Kellerloch bleiben und hier verhungern und verdursten.
    Sie merkte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten und sich der schwarze Nebel der Verzweiflung in ihrer Seele ausbreitete. Sie hatte ohnehin Angst vor engen Räumen, sie hatte Angst vor der Dunkelheit, sie hatte Angst vor der Einsamkeit in den dunkelsten Stunden zwischen drei und vier Uhr morgens.
    Doch all das verging irgendwann.
    Das hier nicht.
    Das hier war vielleicht für immer – wenn sie niemand fand.
    Eine Grabkammer nur für Emily.
    Sie versuchte, ruhig zu bleiben.
    Sie versuchte, nicht zu schreien.
    Irgendwo hatte sie mal gelesen, dass es das Falscheste war, was man machen konnte, wenn man in solch einer Situation schrie oder die Nerven verlor. Jeder Schrei, jeder Schlag gegen die Wand, jede Panikattacke würde sich selbst verstärken, bis man nur noch ein sabberndes Nervenbündel war. Und wer immer einen an diesem Ort haben wollte, der hätte am Ende gewonnen.
    Hier haben wollen? , dachte sie.
    Wer konnte sie hier haben wollen?
    Jetzt schlug ihr Herz wieder schneller.
    Könnte das mit diesem Irren zusammenhängen? Natürlich!
    Sie wunderte sich, dass ihr dieser Gedanke noch gar nicht gekommen war, wahrscheinlich, weil sie zunächst die erste Panik verarbeiten musste, die dieser düstere Keller, in dem sie eingesperrt war, in ihr ausgelöst hatte.
    Waren diese beiden falschen Leibwächter, denn echte Personenschützer waren sie ja wohl kaum, im Auftrag von diesem Irren unterwegs?
    Sie suchte sich einen trockenen Fleck auf dem Boden, sofern das bei dieser funzeligen Neonleuchte überhaupt erkennbar war, und ließ sich an der Wand heruntergleiten.
    Wenn dieser Irre sie hier haben wollte, dann wollte er vielleicht wieder einen seiner Tests mit ihr machen. Und wenn der Test beendet wäre, würde er sie freilassen. Denn ohne Emily könnte er sein Spiel nicht weiterspielen.
    Oder?
    Oder nicht?
    Doch dann hörte sie wieder die andere Stimme in ihrem Kopf, die Stimme, die zu ihr am liebsten in der Dunkelheit sprach, die Stimme, die sie zwischen drei und vier Uhr morgens hörte, niemals richtig, sondern eher so, als wäre die Bedeutung der Worte dieser Stimme plötzlich in ihrem Kopf und ihr Geist würde noch ein paar Sätze daraus stricken.
    Wer sagt dir, dass er dich freilassen will? Er will dich töten.
    Das hat er doch mehrfach gesagt.
    Du hast die Wahl – Sieg oder Tod.
    Sie spürte den Schweiß auf ihrer Stirn.
    Und wenn du hier verhungerst, bist du auch tot.
    Ihr Atem ging schneller, als sich diese grauenvolle Logik mit der Schärfe eines Skalpells vor ihr offenbarte.
    Beruhige dich!
    Schrei nicht!
    Sie dachte an die letzte Nacht, als sie in Ryans Armen so tief und fest geschlafen hatte, dachte an Blumenwiesen in den Vororten Londons, dachte an Lieder, die sie mochte, und an Drake, der sonntagmorgens auf ihr Bett kletterte. Doch ständig kam die Stimme wieder, wie ein Vorbote der Apokalypse, der ihr aus einem hässlichen Mund ins Ohr flüsterte.
    Wenn dich hier drinnen niemals jemand findet, dann ist das der perfekte Mord.
    Sie kniff die Augen zusammen, als könnte sie die Worte damit aufhalten.
    Denn der perfekte Mord ist ein Mord ohne Leiche.
    »Neiiiiin!«
    Sie hörte wie ihre Stimme schrill und schneidend an den modrigen Wänden widerhallte und zuckte selbst zusammen.
    Sie stand auf.
    Es war keine Lösung, hier zu sitzen und mit sich selbst Psychospielchen zu veranstalten. Vielleicht konnte man die Tür öffnen? In den Filmen war es doch immer ganz einfach.
    Sie stocherte mit ihrem Haustürschlüssel vom Wohnheim im Schloss der Tür herum. Aber der Schlüssel passte hinten und vorn

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