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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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am Erkerfenster und sah hinaus auf die einsetzende Morgendämmerung und fragte mich, wo um alles in der Welt die anderen eigentlich blieben.
    Und dann hatte es plötzlich an der Vordertür geklopft. Zwei Polizisten in Uniform waren davorgestanden. »Haben Sie schon mal eines gelöst?« Ich schnellte mit dem Kopf hoch. »Ein Logikrätsel. Haben Sie schon mal eines gelöst?«
    »Puh, nein. Dazu habe ich nicht die nötige Geduld.«
    »Ich weiß, was Sie meinen. An manchen hat man ganz schön hart zu beißen. Wie zum Beispiel an diesem hier.« Er lachte und schüttelte den Kopf. Und während er das Rätselheft frustriert in die Sitztasche vor sich stopfte, seufzte er: »Ich gebe auf.«
    Zum ersten Mal seit unserem Abflug von Los Angeles war mir zum Lächeln zumute. Wer immer mein neuer, gesprächiger Sitznachbar auch war, er hatte eine sehr ungezwungene, natürliche Art. Ich musterte ihn erneut und achtete diesmal besonders auf die attraktiven grauen Augen und die sportliche Sonnenbräune. Er trug einen Straßenanzug, der nach dem mehrstündigen Transatlantikflug noch kaum verknittert war. Und überhaupt wirkte seine ganze Erscheinung erfrischend und nicht im geringsten mitgenommen, ganz so, als hätte er das Flugzeug eben erst bestiegen. Welch ein Gegensatz zu mir, stellte ich mit Bestürzung fest, mit meinem ungekämmten Haar, meiner verwischten Schminke und meinem ausgebeulten Kleid, auf dem noch dazu einige peinliche Flecken von Abendessen prangten. »John Treadwell«, stellte er sich plötzlich vor und streckte mir die Hand hin. Ich reichte ihm meine und erwiderte zögernd: »Lydia Harris.« Sein Händedruck war fest. »Soll ich Miss oder Missis zu Ihnen sagen?«
    »Am besten etwas dazwischen.«
    »Das habe ich mir fast gedacht.« Er lachte und schüttelte den Kopf zum Zeichen, daß er sich geschlagen gab. John Treadwell hatte, wie es schien, die Fähigkeit, selbst eine Auster aus ihrer Muschel zu locken.
    »Korrekterweise müßten Sie mich mit Miss anreden, aber so eng sehe ich das nicht.«
    »Das ist gut. So ganz und gar emanzipierte Frauen jagen mir Angst ein, aber ein wenig Eigenständigkeit kann einer Frau nicht schaden. Darf ich Sie Lydia nennen und Sie fragen, was Sie beruflich machen?«
    »Aber ja. Ich bin Krankenschwester.«
    »Ah, dann machen Sie jetzt wohl eine Urlaubsreise?«
    »Eigentlich nicht. Ich fliege nach Rom, weil ich mich dort um… eine persönliche Angelegenheit kümmern muß.« Ich dachte an den Schakal, der in der Handtasche zwischen meinen Füßen schlummerte. »Eine Familiensache, so könnte man es nennen. Und was sind Sie von Beruf, Mr. Treadwell?«
    »Börsenmakler.«
    »Und wollen Sie in Rom Urlaub machen?«
    »Nein, ich habe geschäftlich dort zu tun, doch ich werde zweifelsohne auch ein wenig Vergnügen mit einbauen können. Ich bin schon einmal dagewesen, und daher werde ich keine Zeit mit Herumirren verlieren wie das erste Mal. Ich werde im ›Excelsior‹ wohnen. Wo werden Sie sich einquartieren?«
    Nur leicht zögernd, antwortete ich: »Im Hotel Palazzo Residenziale.«
    »Ah ja, auf dem Parioli-Hügel. Ein sehr hübsches Viertel mit vornehmer Nachbarschaft. Hat man Ihnen dieses Hotel im Reisebüro empfohlen?«
    »Hm, nein. Meine Schwester wohnt dort und…« Meine Stimme wurde immer leiser.
    »Verzeihen Sie, ich wollte nicht neugierig sein. Hören Sie, wenn Sie irgendwann einen freien Nachmittag haben, schauen Sie doch einfach mal bei mir vorbei. Ich würde mich freuen, Ihnen die Stadt zeigen zu dürfen. Für ein paar Lire können wir mit dem Bus durch die ganze Stadt fahren.«
    Ich brummte zustimmend und begann wieder vor mich hin zu starren. Dann dachte ich an Adele und den Schakal und die Ungewißheiten des kommenden Tages. Und ich fragte mich, wann ich wohl aufwachen würde.

4
     
     
     
    Ich spürte, wie das Flugzeug langsam an Höhe verlor, und durch einen Blick auf die Uhr stellte ich mit großer Erleichterung fest, daß wir schon bald auf dem Flughafen Leonardo da Vinci landen würden. John Treadwell fing eine belanglose Plauderei mit mir an, erzählte etwas über eine spanische Treppe und Lederhandschuhe, aber ich hörte nicht zu. Während ich eine höfliche Miene aufsetzte, überschlugen sich die Gedanken in meinem Kopf.
    Nachdem die Maschine auf italienischem Boden endgültig zum Stillstand gekommen war und die Stewardeß sich in vier Sprachen bei uns bedankt hatte, packte ich meine Handtasche und meinen Mantel mit demonstrativer Entschlossenheit und folgte John

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