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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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konnte. Dann lief ich zum Fenster und öffnete die Läden einen Spalt weit. Achmed Raschid und Asmahan erschienen unten auf dem Gehsteig.
    Sie hatten sich untergehakt und verschwanden, eng nebeneinander laufend, im geschäftigen Gedränge. Ich kehrte wieder auf die Couch zurück und begann vor mich hin zu starren. Es war Nacht in Kairo. Die Straßen und Plätze wimmelten von Verkehr, Spaziergängern und Nachtschwärmern, von den Abertausenden von Menschen, die mit dem Nachlassen der Hitze nach Sonnenuntergang aus ihren Häusern strömten, um die prickelnde Atmosphäre von Kairo bei Nacht zu erleben. Straßenlaternen blinkten überall auf. Denkmäler wurden in Flutlicht getaucht. Schaufenster erstrahlten in hellem Licht, und von überallher drang Musik. Eine Stadt war zum Leben erwacht, und Achmed und Asmahan bildeten einen Teil von ihr. Ich dachte jetzt über die beiden nach. Sie war eine auffallend schöne junge Frau, und er war unleugbar ein ansehnlicher Mann. Ich beneidete sie. Ich beneidete sie um ihr gegenseitiges Einvernehmen, ihre stille Zuneigung und um ihr Vertrauen zueinander. Ich beneidete sie um das, was sie jetzt hatten, und um das, was noch vor ihnen lag. Ich war neidisch, weil ich bezweifelte, daß ich je dasselbe erreichen würde.
    Und während eine Träumerei in die nächste überging, während Gedanken an andere Leute mich zum Nachdenken über mich selbst anregten, kam ich zu einer nicht allzu überraschenden Erkenntnis. Ich war dabei, mich zu verändern.
    Es war nichts wirklich Greifbares, nur eine vage Eingebung ohne scharf umrissene Einzelheiten oder erkennbare Form. Diese Vorgänge spielten sich am Rande meines bewußten Denkvermögens ab, und nur eine schwache Ahnung davon drang an die Oberfläche. Ich spürte, daß ich mich veränderte, und doch konnte ich nicht klar umreißen, wie. Nur das Warum war offensichtlich. Mein geruhsames Leben war erschüttert, mein Wertesystem durcheinandergebracht worden. Die ganze Perspektive hatte sich gewandelt, und ich sah nun die Dinge aus einem anderen Blickwinkel. Nichts schien in den letzten paar Tagen so wie früher geblieben zu sein. Als Ergebnis dieses Wandels, den ich durchmachte, stellten sich andere Erkenntnisse ein. Zum hundertsten Mal an diesem Tag dachte ich an Dr. Kellerman. Ich sah ihn vor mir in seinem zerknitterten grünen Operationskittel, die Atemschutzmaske baumelte an seiner Brust, und seine Gesichtszüge waren von Erschöpfung und Anspannung gezeichnet. Dann malte ich mir aus, wie er einen Operationssaal betrat, wobei er durch seine bloße Anwesenheit augenblicklich Respekt gebot. Ich sah, wie seine klaren blauen Augen mir über die Maske hinweg zulächelten; Augen, die so viel gesehen hatten, die versucht hatten, so viel zu sagen, und hinter denen sich so viel verbarg.
    Wie seltsam war es doch, daß es mir ausgerechnet jetzt, da ich, umgeben von ungewohnten Essensgerüchen und fremdländischer Musik, gemütlich auf der Couch dieses Unbekannten saß, daß es mir erst jetzt – und nie zuvor – zum Bewußtsein kam, daß Dr. Kellerman in mich verliebt war.
     
     
    Ich sprang hoch, als die Tür aufging und Achmed Raschid hereinkam. Er konnte nicht länger als zehn Minuten weggewesen sein, und ich wunderte mich, wie er es fertiggebracht hatte, Asmahan so schnell zu verlassen. »Möchten Sie gerne etwas Tee, Miss Harris, oder vielleicht noch etwas zu essen?«
    »O nein, danke.« Ich legte eine Hand auf meinen Magen, um ihm anzudeuten, wie satt ich war. »Ich bin eigentlich sehr müde und habe nur den Wunsch, ins Bett zu gehen.«
    »Natürlich. Wenn Sie irgend etwas brauchen, ich werde noch ein wenig hier an meinem Schreibtisch sitzen und arbeiten. Bitte scheuen Sie sich nicht zu fragen.«
    »Ich glaube, das wird nicht nötig sein. Danke. Schukran.« Ich fühlte mich etwas unbehaglich, als ich ihn im Wohnzimmer stehenließ und die Schlafzimmertür aufstieß. Und als ich mich erinnerte, daß es ja sein Bett war, in dem ich schlafen würde, und daß er selbst die Nacht im angrenzenden Zimmer verbringen würde, da war ich ziemlich peinlich berührt. Mir war auch der Gedanke gekommen, was Asmahan wohl darüber denken mußte, daß ich mich bei ihrem Verlobten einquartiert hatte. Und dann fragte ich mich, was er ihr über mich erzählt haben mochte. An der Schlafzimmertür zögerte ich. »Mr. Raschid, wie lange werde ich hier bleiben müssen?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Tage? Wochen?«
    »Das hoffe ich ehrlich nicht.«
    »Und wie lange wird es noch

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