Spiel des Schicksals
der fallahin, der Fellachen, markierten, die es bearbeiteten.
Als der Zug an den Städten vorbeirauschte, kamen winkende und schreiende Horden von Jugendlichen und Kindern zu den Gleisen gerannt. Auch sie trugen die typischen langen, weißen Gewänder, aber die kleinsten unter ihnen hatten gar nichts an. Alle waren sie braun und dunkelhäutig und schmutzig und fröhlich. Hunde bellten dem pfeifenden Zug nach. Versprengtes Vieh drehte sich um und ergriff erschreckt die Flucht. Dies war ein anderes Ägypten. Es glich Kairo nicht im geringsten, und ich fragte mich, wie wohl Luxor sein mochte.
Ein Geräusch, das nicht mit dem Geratter des Zuges übereinstimmte, ließ mich aufschauen. Jemand klopfte an meiner Tür. Ich horchte, bevor ich fragte: »Wer ist da?«
»Achmed Raschid. Habe ich Sie geweckt?«
»Ganz und gar nicht.« Ich öffnete eilends die Tür und blickte in sein lächelndes Gesicht. »Sabah al cheer«, begrüßte ich ihn. »Sabah al cheer, Miss Harris. Haben Sie gut geschlafen?«
»Dreimal dürfen Sie raten.«
»Ich gehe Tee trinken. Kommen Sie mit?«
»Gibt es einen Speisewagen? Wunderbar! Ich hole nur noch meine Handtasche.«
Wir stießen und drängten uns schwankend nach hinten durch, wechselten todesmutig zwischen drei Wagen, bis wir im Speisewagen ankamen. Er war zu dieser frühen Stunde noch menschenleer, aber die Tische waren alle mit sauberen Tischtüchern überzogen, und der Duft von Kaffee erfüllte die Luft. Wir wählten einen Tisch auf der linken Seite, so daß wir den Nil neben uns hatten, wobei ich in Fahrtrichtung und Achmed Raschid mir gegenüber saß. Wir bestellten Tee und Kaffee bei einem weiß gekleideten Kellner und begannen dann, aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft zu starren. »Machen Sie diese Reise oft, Mr. Raschid?«
»Häufig, aber nicht mit dem Zug. Ich fliege immer, das geht schneller. Manchmal bin ich in Eile.«
Ich schaute auf meine Hände. »Erfordert das Ihr Beruf?«
»Ja. Miss Harris, ich habe Ihnen versprochen, Ihnen alles zu erklären. Jetzt ist es soweit.« Er legte eine Pause ein, als der Kellner zurückkam.
Ich sagte: »Schukran«, worauf der Mann sichtlich erfreut »Affuan, affuan« erwiderte.
»Sie sind nicht an Amerikaner gewöhnt, die Arabisch sprechen. Es freut sie, wenn Sie es tun.«
»Sie wollten mir gerade etwas erklären, Mr. Raschid«, knüpfte ich wieder an, während ich ihn dabei beobachtete, wie er vier Zuckerstücke in seinen Tee warf. Aus einer silbernen Kanne schenkte er meine Tasse halbvoll mit Kaffee, dann füllte er den Rest mit heißer Milch auf. Es schmeckte ganz gut so.
»Ja, das wollte ich. Zuerst muß ich Ihnen sagen, wer ich überhaupt bin. Ich arbeite im Ministerium für Kultur und bin Beamter in der Abteilung Altertümer.«
»Sind Sie Archäologe?«
»Mehr oder weniger, aber anders, als Sie es sich vorstellen. Ich führe keine Ausgrabungen durch. Aber ich bin ein Experte auf dem Gebiet antiker Gegenstände. Das ist für meine Arbeit auch notwendig.«
»Arbeiten Sie im Museum?«
»Nein, nein. Bitte, Miss Harris, ich werde Ihnen gleich alles verraten. Sie sagten, Sie hielten mich für einen Polizisten. In gewisser Hinsicht haben Sie recht, obgleich auf mich eher die Bezeichnung Detektiv oder Ermittler zutrifft.« Er griff in die Tasche seines Jacketts und zog eine kleine Lederbrieftasche daraus hervor, die er mir aufgeklappt hinhielt. Ich blickte auf eine Dienstmarke und einen Ausweis. Beides in Arabisch.
»Worauf beziehen sich denn Ihre Ermittlungen?«
»Die Herstellung und den illegalen Verkauf gefälschter Kunstgegenstände…«
Ich riß die Augen auf. »Gefälschte Kunstgegenstände! Mein Schakal!«
»Aber ich muß in meinem Beruf auch nach Leuten fahnden, die echte Kunstgegenstände illegal aus Ägypten herausschmuggeln.«
»Und womit haben wir es in meinem Fall zu tun?«
»Mit letzterem, Miss Harris. Ihr Schakal ist tatsächlich echt und ungefähr dreitausend Jahre alt. Nach meiner Einschätzung stammt er aus der zwanzigsten Dynastie unserer Pharaonen.«
»Haben Sie ihn gesehen?«
»Als Sie in meiner Wohnung schliefen, nachdem wir aus dem Shepheard’s Hotel geflohen waren.«
Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, schloß ihn aber schnell wieder.
Er fuhr fort: »Sagt Ihnen der Name Paul Jelks etwas?«
»Nein.«
»Es handelt sich um einen britischen Archäologen, der gegenwärtig in der Wüste in der Nähe von Luxor arbeitet. Wir haben ihn nun schon geraume Zeit beobachtet.«
»Ist er denn
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