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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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mich nicht mit Ihnen streiten.« Dann sah ich ihn wieder an, mit seinen perlmuttartigen Augen und seiner dunklen Haut. Wenn Achmed Raschid die weiße kaffiya mit dem schwarzen Band darum getragen hätte, würde er vielleicht wie ein Wüstenscheich aussehen – geheimnisvoll und romantisch. Doch er war nur Achmed Raschid, ein Regierungsbeamter, der seine Pflicht erfüllte.
    »Es tut mir leid. Ich bin einfach übernervös. Hören Sie« – ich hatte Asmahans Lunch-Paket auf dem Schoß –, »lassen Sie uns das Brot brechen, ja?«
    »Wie bitte?«
    »Lassen Sie uns essen.« Ich zog die Schnur auf und wollte eben das Papier zerreißen, als er mich zurückhielt. »Papier ist kostbar, Miss Harris.«
    »Das ist wahr. Nun, was haben wir denn hier…«
    » Burtu’an.« Er hielt eine Orange in die Höhe. »Burtu’an sukkari. Und das hier ist torta. Und das Brot heißt aisch baladi. « Ich lachte. »Und ich bin hungrii. «
    Er lachte mit, und wir machten uns daran, unser Essen zu verzehren.
    Als der Zug anruckte, zog ich den Vorhang beiseite und schaute aus dem Fenster, obwohl ich in der Dunkelheit wenig erkennen konnte. Ich sah das Spiegelbild meines Gesichtes, und im Hintergrund bemerkte ich Achmed Raschid, der mich beobachtete. Bald kam so etwas wie ein Schaffner vorbei, ein lässig gekleideter junger Mann in Freizeithosen und Sweatshirt. Die Fahrkarten wurden geprüft, dann gestempelt, dann eingerissen, dann abgezeichnet, dann gelocht, dann geknipst und uns schließlich zurückgegeben. Er und Mr. Raschid unterhielten sich vergnügt auf arabisch, bis der Mann sich schließlich wieder entfernte. »Müssen Sie jetzt in Ihr Abteil gehen?«
    »Noch nicht. Dieser Mann hat nur unsere Fahrkarten kontrolliert. Ein anderer wird kommen, um unsere Abteilkarten zu prüfen.«
    »Wo es keine Arbeit gibt…« Er lächelte mir zu. »Sie verstehen.«
    Nachdem der zweite Schaffner dagewesen war, seine Pflicht erfüllt, ein Schwätzchen mit Mr. Raschid gehalten und sich wieder entfernt hatte, erteilte Mr. Raschid mir Anweisungen.
    »Jetzt werde ich gehen, Miss Harris. Sie werden bitte die Tür abschließen. Und vergessen Sie nicht die Wand« – er klopfte abermals dagegen –, »wenn Sie mich brauchen.«
    »Das werde ich schon nicht. Und danke. Schukran. «
    » Affuan, Miss Harris. Tisbah ala cheer.«
    » Gute Nacht.«
    Ich verriegelte sofort die Tür und rollte mich, in eine Decke gewickelt, auf dem Sitz zusammen. Ich war müde und verwirrt und dankbar dafür, ein paar Augenblicke zu haben, in denen ich meine Gedanken sammeln konnte. Ganz naturgemäß schweiften sie zu Adele. Was würde ich am Ende der Reise vorfinden? Das war meine größte Frage. Ich hatte keine Antwort, in was für einer Lage sich meine Schwester befand. Keine Ahnung, was ihr von diesem ersten Telefonanruf aus Rom bis heute geschehen war – irgendwo da draußen in der ägyptischen Wüste. War sie entführt worden? Steckte sie unter einer Decke mit einer Verbrecherbande? Oder reiste sie ganz allein umher?
    Eine Reihe von Bildern kam mir in den Sinn. Zuerst sah ich meine Schwester, die mit Stricken gefesselt und geknebelt in einem Zelt gefangengehalten wurde. Dann sah ich sie frei und kokett, wie sie durch die Straßen von Luxor bummelte und Kleider kaufte, ohne die leiseste Ahnung von dieser ganzen schmutzigen Angelegenheit. Aber andererseits gab es da dieses Foto. Ja, sie war es tatsächlich, doch das Bild war zu unbestimmt, zu verschwommen, um Aufschluß darüber zu geben, wo genau sie sich aufhielt und was sie tat. Inmitten einer Menge von Einheimischen in galabiyas und mit Käppchen auf dem Kopf stand Adele, die Arme in die Seite gestemmt, und starrte mit einem verwirrten Gesichtsausdruck auf einen Punkt rechts von der Kamera. Meine Schwester trug, wie es aussah, khakifarbene Hosen, eine ebensolche Bluse und hohe, schwarze Stiefel. Und ihr Haar war auf eine etwas unelegante Art hochgebunden. Das sah Adele eigentlich nicht so ganz ähnlich, aber das hatte nichts zu sagen. Für einen Spaß wäre sie zu allem bereit. Wenn es nur das war – ein Spaß. Oder vielleicht hatte es alles nur als harmloser Spaß angefangen und sich erst später zu dem entwickelt, was es jetzt war. Ich klappte den Sitz auf und kroch völlig bekleidet ins Bett. Ich hatte nur noch eine frische Garnitur zum Wechseln übrig. In Luxor müßte ich meine Wäsche waschen.
    Während ich so im Dunkeln lag, auf das Rattern des Zuges lauschte und mich von seinem Schwanken sanft hin- und herwiegen ließ,

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