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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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die Uhr,
drehte sich um und ging durch die offene Tür ins Freie.
    »Ja mei, da schau her, da schau hin, des is ja der Hummer«,
zischelte eine Frauenstimme.

DREIZEHN
    Auf den Marmorfliesen der Rimstinger Villa lagen mehrere
Schichten antiker Perserbrücken. Clara empfand sie als luxuriös, hatte sie aber
nie gemocht. Eine elegante Treppe mit handgeschmiedetem Geländer schwang sich
in einem Bogen nach oben. Clara schloss die Tür hinter sich, durchquerte den
Salon und ging die Bogentreppe hinauf in den Privattrakt.
    Auch nachdem Nachtigal ins Gefängnis gewandert war, hatte sie sich
jedes Mal, bevor sie dieses Haus oder ihre Brannenburger Wohnung betreten
hatte, vorsichtig umgesehen. Sie war froh und fühlte sich befreit, nichts mehr
von ihm zu sehen und zu hören.
    Nur selten war sie in Adrians Arbeitszimmer gewesen. Fünfmal
vielleicht und nur zusammen mit ihm. Das Büro lag am Ende eines breiten, langen
Korridors und war zweckmäßig, ja puritanisch eingerichtet. Riesig breiter
Schreibtisch, Sideboard, Besucherecke, raumhoher Schrank, helle Lamellen vor
den Fenstern, ein paar abstrakte Bilder. Auf einem Beistelltisch stand ein
Fernseher, daneben eine Minibar. Clara öffnete die Tür zum Balkon, um Luft
hereinzulassen, und erschrak beim Schrei einer zwergenhaften Möwe, die sich vom
Chiemsee herüberverirrt hatte. Draußen zogen milchige Wolkenfetzen eilig
vorüber. Es sah nach Regen aus. Novemberwetter.
    Adrian hatte sich in kürzester Zeit verändert. Er, der sonst so
Souveräne, war nervös geworden, launisch, unstet. Wenn sie beiläufig versuchte,
die Ursache dafür zu erfahren, wiegelte er ab, beschwichtigte er. »Nichts. Es
ist nichts. Alles ist normal.« Nicht bösartig, aber bestimmt. Nun hatte sie sich
in den Kopf gesetzt, es ohne ihn herauszufinden, bevor er morgen zurückkam.
    Der Schrank war bis auf eine altmodische Schachtel, einen Stapel
Wirtschaftsbücher, einen gelben Duden und einen Stapel Managermagazine leer.
Hinter den Bildern war kein Tresor zu entdecken, unter der Schreibtischplatte
weder Geheimnisse noch Wanzen, im Sideboard nichts außer Gläsern. Sie hatte
gehofft, Ordner zu finden, Abgelegtes, Abgeheftetes, in Plastiktaschen
Eingelegtes.
    Nichts.
    Deshalb – um wenigstens alles durchsucht zu haben – öffnete sie die
alte Schachtel im Schrank.
    Es begann zu regnen, plötzlich und in dichten Strömen, die schräg
unter den Dachvorsprung peitschten und an die Fenster schlugen, als verlangten
sie Einlass. Claras Gefühl der Isolation verstärkte sich bei diesem Wetter. Es
war, als lebte sie in einem feuchten, undurchdringlichen Kokon, in einer
fremden, unbehüteten Welt.
    Bis sie die Schachtel öffnete.
    Da waren Fotos. Zuerst gesichtslos, grau, ohne Namen. Sie packte
einen Stapel und ließ ihn ohne Interesse durch die Finger gleiten. Sehr schnell
jedoch hetzten ihre Augen hin und her wie ein in die Enge getriebenes Tier.
Ihre Wangen färbten sich brandrot, und ihr Atem kam in kurzen, nervösen Stößen.
    »Nein!«, stieß sie aus. »Neiiiin!« Ein gellender Schrei. »Neiiiiiin!«
Als sie den Stapel zurück in die Schachtel fallen ließ und nur mehr ein
einzelnes Bild in Händen hielt, wurde sie plötzlich sehr still und
nachdenklich. Ihr Gesicht war so grau, dass es zum Fürchten aussah. Es war, als
hätte sie in diesem Augenblick etwas begriffen. Etwas, was ihr Leben komplett
umstülpen würde.
    »Nein, ich glaub das nicht«, hauchte sie. »Nein. Das darf nicht
sein.«
    »Sie müssen sofort zurückkommen, Herr Luger!«
    Der Anruf kam von der Zentrale in Genf und verhieß nichts Gutes. Der
Investment High Return sei am Ausbluten, wurde ihm mitgeteilt. Immer mehr
Investoren zögen ihre Einlagen zurück, und es käme nicht genügend frisches Geld
nach.
    »Der Learjet wird morgen um neun Uhr zwanzig in Malaganía landen,
Sie aufpicken und sofort zurückkommen.«
    Er nahm den Learjet.
    Unterwegs, über Valencia, eine SMS von Clara.
    Bitte komm sofort zurück zu mir. Wir haben Vitales zu besprechen. EILT!
    Querab von Marseille, Flughöhe fünfunddreißigtausend Fuß, rief er
Clara an. Sie antwortete nicht. Weder auf Festnetz noch mobil.
    Wenig später, als sie bei Grenoble ihre Reiseflughöhe verließen,
eine weitere SMS .
    Wenn dir mein Leben lieb ist, komm. Clara.
    Das klang dramatisch. Doch wie Frauen eben so sind, war es sicher
übertrieben. Wenn sein Investment High Return scheitern würde, wäre dies das
Ende seine Karriere. Sein und auch Claras gesellschaftliches Aus. Es gab

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