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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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die
andere darüber. In der Miene des Österreichers lag eine für einen Mann seines
Berufs uncharakteristische Sentimentalität.
    Ottakring erwartete noch ein »Der Herr beschütze Sie und verleihe
Ihnen Kraft«. Er hatte nicht ganz unrecht.
    »Möge uns der Erfolg beschieden sein«, sagte Homacz feierlich in
gedämpftem Wienerisch.
    Er war ein kleines, kugelrundes Männlein mit rundem Gesicht, dickem
Bauch und krummen Beinen. Er trug eine Goldrandbrille, auf dem Schädel klaffte
eine dünne fahlblonde Strähne, die er gescheitelt hatte.
    Um sie herum die Geräusche startender Flugzeuge, von
Lautsprecherdurchsagen und dem Geklapper leerer Espressotassen. Wien war nicht
mehr der Provinzflughafen von einst, als Rico vor Jahren das letzte Mal hier
gewesen war. Er fühlte sich an den Kinofilm »Airport« erinnert.
    Sie nahmen den City Airport Train zur U-Bahn Landstraße, wo Homacz
sein Auto geparkt hatte. Wenige Minuten später saßen sie sich in seinem Büro
gegenüber.
    »Hier sind Namen und Adressen«, nuschelte der Hauptmann und schob
Ottakring ein Dossier über den Tisch. Korrekterweise hätte es für diesen
Schritt einer ganzen Menge Anträge bei den jeweils übergeordneten Dienststellen
bedurft.
    »Ich danke Ihnen«, sagte Ottakring unspektakulär und suchte Homacz’
Blick.
    Jeden einzelnen der Besitzer blauer Kastenwagen in Niederösterreich
gingen sie im Detail durch. Das vermisste Mädchen war an einem Freitag in Bad
Vöslau entführt worden, seither verlor sich jede Spur. Drei Fahrzeuge hatten
sich zur Tatzeit in Vöslau oder Umgebung befunden.
    »Diesen hier hatten wir in Verdacht«, sagte Homacz und deutete auf
das Foto eines fremdländisch aussehenden Mannes mittleren Alters. »Leka
Bardhyl. Er führt eine kleine Elektrofirma in Unterkirchbach im Wiener Wald.
Der Mann druckste herum, sprach etwas von Reparaturarbeiten im Raum Bad Vöslau
und verwickelte sich in Widersprüche. Geringfügig nur, aber wir haben sofort
nachgehakt, Sie wissen ja, wie das ist, wenn man wie hoffnungslos nach einer
Spur gräbt.«
    Nachdem er das gesagt hatte, wickelte er eine Wurstsemmel aus und
biss kräftig hinein.
    Ottakring nickte. Ja, er wusste das nur zu gut. Egal was Homacz noch
bringen würde, sein Entschluss stand jetzt bereits fest. Doch sein Pokerface
ließ es nicht erkennen.
    »Der Mann hatte tatsächlich einen Auftrag in der Mühlsteingasse. Die
Mühlsteingasse liegt eineinhalb Kilometer vom Entführungsort entfernt. Hoch
verdächtig also. Dort hatte sein blauer Kastenwagen auch geparkt. Hinten total
abgedunkelte Scheiben. Wir haben das Fahrzeug natürlich zerlegt, vor allem den
Innenraum. Der war in desolatem Zustand, ein Chaos aus Werkzeug, Kabeln,
Strippen, Ersatzteilen, Glühbirnen und einem halben Meter Bauschutt. Ums kurz
zu machen: Wir haben den bisher unbescholtenen Bardhyl schließlich für nicht
verdächtig erachtet.«
    »Bardhyl? Das klingt nicht sehr niederösterreichisch. Slowakisch?
Serbisch?«
    »Albanisch. Mit offizieller Aufenthaltserlaubnis für sich und seine
Mutter und Arbeitserlaubnis für sich.«
    »Herr Homacz, Sie sprachen von drei Fahrzeugen, die sich in der
Umgebung befunden hätten. Was ist mit …«
    »Ja. Die beiden anderen haben wir schon nach dem ersten Augenschein
von der Liste gestrichen. Halter des einen Fahrzeugs ist der Gemeinderat und
stellvertretende Bürgermeister, dessen Frau ihr eines Kind in den Kindergarten,
das andere zur Schule fährt. Hockey, Reiten, Freundinnen und Freunde – sie ist
die Angestellte ihrer Kinder.«
    Ottakring beobachtete voll Interesse, wie ein Brösel an der
Oberlippe seines Gegenübers haften blieb, eine übertrieben rote Zungenspitze
schlangengleich hervorschnellte und den Krümel verschwinden ließ. Homacz’
Gesicht glänzte vor Schweiß.
    »Das andere Fahrzeug gehört der Raiffeisenbank Bad Vöslau. Es wird
von wechselnden Fahrern hauptsächlich für Kurierfahrten benutzt. Zur Tatzeit
stand es abgeschlossen auf dem bewachten Parkplatz der Bank. Ein besseres Alibi
hat kein Fahrzeug der Welt.«
    Homacz brach in brüllendes Gelächter aus, fing sich aber gleich
wieder, nachdem er feststellte, dass Ottakring seine Art von Humor nicht
ernsthaft teilte.

SIEBEN
    Das Erste, was Lola verschwommen erkannte, als sie erwachte,
war die Doppelspüle gegenüber an der Wand. Sie selbst lag auf dem Hochbett.
Ihre Hände waren taub, und sie spürte ihre Füße nicht mehr.
    Sie sah sich um. Es schien dieselbe Zelle zu sein, doch einige
Details waren anders. Die

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