Spiel, Kuss & Sieg
Tamsin beinahe laut aufgelacht hätte. Stattdessen presste sie die Lippen zusammen und versuchte, nicht die Fassung zu verlieren. „Ach, nein?“, fragte sie höflich. „Darf ich bemerken, dass diese Annahme mehr über dich, als über mich verrät, Alejandro?“
Fast unmerklich zuckte er zusammen, als sie seinen Namen nannte. Einen Moment schimmerte in seinen Augen ein seltsamer Ausdruck. Doch bevor sie ihn benennen konnte, schaute sie schon wieder in eisige Untiefen.
„Und was sagt es über mich?“
Seine Ruhe hatte etwas Unheimliches an sich. Tamsin spürte, wie ein Schauer sie überlief.
Das war ja absurd. Sie hatte keine Angst vor Alejandro D’Arienzo. Sie war wütend auf ihn. Sie setzte ein zuckersüßes Lächeln auf. „Mal überlegen“, meinte sie spitz. „Es besagt, dass du ein arroganter Mistkerl bist, der glaubt, Frauen seien nur zu einem einzigen Zweck auf der Welt.“
„Und du entsprichst nicht diesem Klischee?“
Tamsin kam es vor, als würde der Boden unter ihren Füßen nachgeben. Die holzvertäfelten Wände schienen immer näher zu rücken, sodass ihr kein anderer Ausweg blieb, als ihm zu beweisen, dass sie nicht mehr das Mädchen in dem Kleid eines Flittchens war, das sich ihm an den Hals geworfen hatte.
„Das ist sechs Jahre her“, protestierte sie heiser. „Eine Nacht, vor sechs Jahren.“
„Und wie oft ist es seither passiert?“, fragte er, leerte sein Glas und nahm einen zweiten Queue in die Hand.
Sie zuckte die Schultern. Um nichts in der Welt hätte sie ihm anvertraut, wie sehr sie seine Zurückweisung verletzt hatte. Ihr gelang sogar ein fröhliches Lachen. „Ich weiß nicht. Es ist ja keine große Sache. Und sag mir nicht, dass du die letzten sechs Jahre enthaltsam gelebt hast.“
Er schaute sie nicht an. „Das werde ich nicht.“
„Meinst du nicht, es ist ein bisschen viel verlangt, es dann von mir zu erwarten? Was glaubst du denn, was ich getan habe? Meinen Schrank mit Kleidern aus grobem Sackleinen und Asche gefüllt, nur weil du nicht interessiert warst?“ Wieder lachte sie auf, um die Absurdität dieser Vorstellung zu unterstreichen. „Gott, nein, mein Leben geht weiter.“
„Das habe ich gesehen. Die englische Mannschaft scheint ja deine persönliche Begleitagentur zu sein.“
„Falsch, Alejandro“, erwiderte sie steif. „Das englische Team ist mein Kunde.“
Verwundert zog er die Augenbrauen hoch und lächelte schief.
„Wirklich? Mein Fehler. Ich hatte es andersherum verstanden.“
„Mach dich nicht lächerlich!“, fuhr sie ihn an. „Ich bin die Designerin, die das neue Outfit für die Mannschaft entworfen hat.“ Eine winzige Sekunde sah sie, wie Überraschung über sein Gesicht huschte, gleich darauf kehrte der zynische Ausdruck zurück. „Bist du das?“, fragte er so gedehnt, dass die drei kleinen Worte reichten, um vollkommen klarzustellen, dass er ihr nicht glaubte.
Tamsin blieb genug Zeit, sich eine entsprechende Antwort einfallen zu lassen, denn in diesem Moment wurde die Tür aufgerissen, und Ben Saunders betrat, leicht schwankend, das Zimmer.
„Oh, ’Tschuldigung“, murmelte er, die Situation offensichtlich falsch einschätzend. „Hier störe ich wohl“, fügte er grinsend hinzu und wandte sich zum Gehen.
Tamsin hastete ihm nach und hielt ihn am Arm fest. „Ben, warte! Erzähl ihm“, sie deutete mit dem Kopf auf Alejandro, „von den neuen Trikots. Sag ihm, wer sie entworfen hat.“
Verwirrt sah Ben sie an, als habe sie ihn gerade gebeten, die Quadratwurzel aus neunhundertzweiundvierzig zu bilden.
„Äh … du?“, fragte er unsicher.
Großartig, dachte Tamsin hysterisch. Sehr überzeugend.
„Ja, natürlich ich“, sagte sie geduldig.
Ben nickte und lächelte, froh, die richtige Antwort erraten zu haben. „Und die Anzüge“, stieß er hervor. „Du hast auch die Anzüge gemacht. Sehr hübsch.“ Er warf Alejandro einen wissenden Blick zu. „Sehr gute Arbeit, Tamsin. Hervorragende Abmessungen an der Innenseite der Beine …“
„Ich wette“, sagte Alejandro eisig, „dazu bedarf es viel Erfahrung.“
Zähneknirschend schob Tamsin Ben in Richtung Tür. „Vielen Dank, Ben. Vielleicht solltest du jetzt ein Glas Wasser trinken oder eine Tasse Kaffee oder etwas in der Art.“ Kaum hatte sie ihn aus dem Zimmer bugsiert, bedachte sie Alejandro mit einem hochmütigen Blick. „Glaubst du mir nun, dass ich keine verwöhnte Erbin bin, die über zu viel Freizeit verfügt?“
„Das beweist gar nichts. Keine Frage, du
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