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Spiel, Kuss & Sieg

Spiel, Kuss & Sieg

Titel: Spiel, Kuss & Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: India Grey
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eine Wohnung wie jeder andere auch hast. Aber deine Familienverhältnisse …“
    „Du Heuchler!“, fiel sie ihm ins Wort. „Wir führen dieses Gespräch an Bord deines Privatjets! Was weißt du denn schon über das Leben normaler Menschen?“
    Unwillkürlich versteifte er sich und sandte ihr einen warnenden Blick. „Der Unterschied ist“, erklärte er leise, „dass ich für all das hart gearbeitet habe. Ich habe mit nichts angefangen, erinnerst du dich?“
    Er hoffte, dass sie nun Ruhe gab, dass sie begriff – sie, die verwöhnte Erbin, der es nie an etwas gemangelt hatte –, dass sie sich auf sehr gefährliches Terrain vorgewagt hatte. Aber das tat sie nicht. Stattdessen legte sie die Gabel beiseite und musterte ihn aus zu schmalen Schlitzen verengten Augen.
    „Okay“, sagte sie sanft. „Du hattest es schwer. Deshalb musstest du dich selbst beweisen, ja?“
    Ihre Worte trafen ihn wie Schläge gegen die Brust. Harte, präzise, unerwartete Schläge.
    „Was ich damit sagen will“, fuhr sie in demselben ruhigen Tonfall fort, „ist, dass du ebenso durch deinen familiären Hintergrund geformt worden bist wie ich.“
    „Falsch. Ich besitze keinen familiären Hintergrund.“
    Auch die zweite Warnung ignorierte sie. „Natürlich besitzt du einen. Jeder hat einen.“
    Alejandro schenkte ihr ein eisiges Lächeln. „Vielleicht in deiner Welt. Aber die Vergangenheit meiner Familie wurde ausgelöscht, als ich mit fünf Jahren nach England gekommen bin.“
    „Warum bist du denn hergekommen?“
    Etwas Explosives schien auf einmal in der eigentlich angenehm kühlen Luft des Flugzeugs zu liegen. Alejandro ließ seinen Blick zu der blauen Unendlichkeit schweifen, die sich jenseits des Fensters erstreckte. Er wollte Tamsin sagen, sie solle aufhören, weil sie ein Terrain betrat, das er normalerweise mit rasiermesserscharfem Stacheldraht beschützte. Doch irgendwie empfand er es gleichzeitig als Verleugnung dessen, was er war: Das Ergebnis des Verrats an seinem Vater.
    Und hatte seine Mutter Ignacio D’Arienzo nicht schon genug verleugnet und verraten?
    „Als ich geboren wurde, waren in Argentinien unsichere Zeiten angebrochen. Das Land stand unter der Herrschaft einer Militärdiktatur. Mein Vater und mehrere Onkel wurden wegen ihrer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft verhaftet. Meine Mutter fürchtete, als Nächstes könne es sie und mich treffen. Ihr Vater war Engländer, also hat sie einen Flug nach London gebucht. Wir haben nichts mitgenommen.“
    „Was ist aus deinem Vater geworden?“
    Das helle Sonnenlicht, das durch die Fenster hereinströmte, verlieh Tamsins Haut einen goldenen Schimmer. Sie stützte die Ellenbogen auf die Knie und bettete ihr Kinn auf die gefalteten Hände. Das Grün ihrer Augen glich der Farbe eines englischen Waldes im Sommer. In ihren ruhigen Tiefen, schoss es ihm durch den Kopf, könnte ich mich auf ewig verlieren.
    „Wer weiß? Er gehört zu den vielen Tausend los desaparecidos , den Verschwundenen.“
    „Das muss furchtbar sein, mit dieser Ungewissheit leben zu müssen. Nicht zu wissen …“
    Er zuckte die Schultern. „So konnte ich mir zumindest vorstellen, dass er noch lebte.“ Sein Lächeln war eiskalt. „Leider besaß meine Mutter diese Zuversicht nicht. Sie hat rasch wieder geheiratet … den Mann, für den sie als Haushälterin in Oxfordshire gearbeitet hat.“
    „Oh“, murmelte Tamsin, es klang mehr wie ein Seufzen, als wie ein Wort. Sie zögerte und biss sich auf die Unterlippe. „Bestimmt war es auch für sie nicht einfach.“
    Alejandro fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Er hätte voraussehen müssen, dass sie für seine Mutter Partei ergriff. Die beiden ähnelten sich. Loyalität und Vertrauen gehörten nicht zu ihren Charaktereigenschaften.
    „Oh, ich glaube, das war es“, erwiderte er. „Ich denke, es fiel ihr sehr leicht, sich neu zu erfinden und so zu tun, als habe die Vergangenheit nie existiert. Letzten Endes blieb nur noch ich übrig, der sie an ihr früheres Leben erinnerte. Und an diesem Punkt hat meine lange Odyssee durch das englische Schulwesen begonnen.“
    Spontan legte sie ihre Hand auf seine. Die Berührung schien ihn zu verbrennen.
    „Es tut mir leid“, sagte sie leise.
    Darauf hatte er sechs Jahre gewartet. Und die Ironie des Schicksals, unter dem er die Worte endlich zu hören bekam, raubte ihm den Atem. Was tat ihr leid? Der Verrat seiner Mutter … oder ihr eigener?
    Er entzog ihr seine Hand.
    „Das bezweifle ich“, sagte er und

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