Spiel mir das Lied vom Glück
Hunger!«
Schweigen. »Ich gehe jetzt zur Bibelstunde, J. D. In der Küche stehen eine Suppe und ein Sandwich für dich.«
Ich hätte würgen können. Diese Frau hatte gerade herausgefunden, dass ihr Fleischklops von Mann ein Verhältnis hatte, und trotzdem machte sie ihm ein Sandwich und eine Suppe? War es übertrieben von mir zu hoffen, dass sie eine Prise Rattengift beigemischt hatte?
Aber ich hatte gut reden. Ich war bei Robert geblieben, obwohl er mir vor der Kunstgalerie aufgelauert hatte und obwohl er es lustig fand, so lange auf meinem Rücken zu sitzen,
bis ich mich beschwerte, ich bekäme keine Luft mehr. Schrecklich, diese Heuchelei!
»Bring’s mir her!«
Ich hörte, dass der Fernseher eingeschaltet wurde. Wieder furzte das Wildschwein. Ich stellte mir vor, wie das Zimmer von schwarzem Gas erfüllt wurde.
»J. D., du kannst dir dein Sandwich selbst holen, ich muss die Kinder fertig machen.«
»Du dumme Kuh!«, schrie er. Etwas knallte gegen den Fernseher. »Jetzt beweg deinen fetten Hintern in die Küche und bring mir was zu essen!«
»Logan! Luke!«, rief Katie. »Zieht die Schuhe an! Wir gehen. Nehmt ein Sweatshirt mit!«
Ich hörte, wie die Kinder ganz leise sagten: »Okay, Mami«, dann huschten ihre kleinen Füße die Treppe hinauf.
»Du willst also schon wieder weg, Katie?«, dröhnte das Wildschwein. Seine Stimme klang wie durch einen Fleischwolf gedreht. »Ständig hast du zu tun, musst hierhin und dorthin. Hast du nicht mal eine Minute Zeit für deinen Mann? Verdammt nochmal! Kein Wunder, dass ich keinen Bock mehr auf dich habe. Guck dich doch an! Du bist eine fette Kuh!«
Männer können unglaublich originell sein, wenn sie ihre Frauen kritisieren. Was aus J. D.s Mund kam, kannte ich nur allzu gut von Robert.
Ich hörte, wie Katie sich der Küche näherte, und huschte schnell fort von der Tür. Mit ruhigem, gefasstem Blick trat sie ein, als hätte sie sich gerade mit ihrem Gatten darüber ausgetauscht, welches Gemüse sie in diesem Sommer im Garten anpflanzen wollten.
Sie lächelte mich mit zusammengepressten Lippen und feuchten Augen an, dann wickelte sie den Kirschkuchen in Folie. Ich hörte die schweren Schritte. Er kam in die Küche. Ich machte mich auf etwas gefasst. Die alte Angst durchfuhr mich wieder, obwohl J. D. nicht Robert war.
»Diesen Scheiß lass ich mir nicht gefallen, Katie!«, brüllte er und warf die Küchentür auf.
Unwillkürlich begann ich zu zittern. Das Wildschwein war nicht groß, aber schwer und massiv mit schwarzem Haar und einem dünnen Bärtchen. Auch wenn Katies Mann böse guckte, musste ich zugeben, dass er durchaus ebenmäßige Gesichtszüge hatte. Man musste sich nur das Fett und den gehässigen Blick wegdenken. J. D. hatte eine breite Stirn, eine gerade Nase, volle Lippen und hellblaue Augen, die einem ins Gesicht blickten.
Doch, ich verstand schon, was Tante Lydia damit gemeint hatte, als sie sagte, er habe durchaus gewissen Charme.
Als der Keiler mich erblickte, hielt er inne, dann warf er Katie einen Blick zu. »Wir haben ja Besuch, Katie«, fuhr er sie an. »Wäre nett zu wissen, wenn jemand in meinem Haus ist.«
Ich lehnte mich haltsuchend gegen die Wand. J. D.s Fäuste hatten dieselbe Größe wie die von Robert.
»Ich wollte dich nicht wecken, J. D.«, sagte Katie. »Das ist Julia Bennett. Sie ist die Nichte von Lydia.«
Er fuhr sich mit der Hand durch das dichte schwarze Haar, und seine blauen Augen musterten mich vom Scheitel bis zur Sohle, verweilten länger auf meinen Brüsten, meiner Hüfte, meinen Beinen. »Oh, hallo«, sagte er freundlich. »Lydias Nichte! Freut mich, Sie kennenzulernen!« Er streckte die Hand aus. Ich zögerte, wollte ihn nicht berühren, doch ich wusste, dass Katie nur noch mehr Ärger bekommen würde, wenn ich mich weigerte.
Daher griff ich zu und wollte sie so schnell wie möglich wieder loslassen, doch er hielt meine Finger umklammert. Ich merkte, wie sein Blick erneut über meinen Körper schweifte. Es kam mir vor, als würde eine glitschige, feuchte Schlange über meine Haut gleiten.
»Donnerwetter, Sie sind ja eine Hübsche! Und was für weibliche Rundungen, hm?«, sagte er.
Ich dachte, ich müsste mich übergeben.
»Woher kommen Sie, Julia?« Immer noch hielt er meine Hand. Sie wurde langsam feucht.
»Drüben aus dem Osten«, antwortete ich.
»Aus dem Osten? Hm. Also was ganz Feines. Was führt Sie hierher?«
Einen Augenblick war meine Kehle wie zugeschnürt. J. D.'s Nähe, sein aufdringlicher Ton
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