Spiel mir das Lied vom Glück
und seine beiden größeren Schwestern Haley, sieben, und Hannah, neun, hatte Logan das herrliche rote Haar seiner Mutter geerbt. Ebenfalls hatten alle Kindern Lachgrübchen und grüne Augen. Sie hatten große Ähnlichkeit untereinander. Jedes Kind hatte einen Tick: Logan trug ausschließlich sein Spiderman-Kostüm, Luke zog immer mehrere Schichten Kleidung übereinander – zwei T-Shirts, ein Pullunder, ein Sweatshirt. Manchmal noch mehr Pullis. Oft bestände er darauf, drei Garnituren Unterwäsche zu tragen, hatte Katie mir erzählt. Haley hatte immer Spielzeugantennen mit glitzernden pinkfarbenen Kugeln auf dem Kopf, und Hannah schließlich kleidete sich nur in Schwarz.
»Hallo, Miss Julia«, sagte Logan, als er die Tür öffnete. Luke stand hinter ihm. Wie erwartet, war Logan im Spiderman-Kostüm, und Luke trug mehrere T-Shirts, einen Pullunder und ein blaues Sweatshirt. Und das, obwohl es draußen über zwanzig Grad und der Himmel klar war.
Ich nahm die beiden in den Arm, und dann hörte ich etwas, das wie das Schnauben eines Wildschweins klang, wenn es seine Beute bei lebendigem Leib verschlingt.
Ich schaute ins tadellos saubere, aufgeräumte Wohnzimmer und erblickte einen Klotz von Mann, offenbar Katies Gatte. Er trug einen Bademantel, der vorne aufklaffte. Beinahe hätte ich sein bestes Stück erblickt. Katies Mann war unrasiert. Unter seinem engen weißen T-Shirt quoll ein gewaltiger Bierbauch hervor. So musste ein schwangerer Mann aussehen.
Wieder gab er ein grunzendes Geräusch von sich, doch in dem Moment kam Katie ins Wohnzimmer. Ihre Kinder lächelten sie an.
Katie warf einen kurzen Blick auf ihren Mann, dann auf mich. Wenn ich unausgeschlafen und müde war, so stand Katie kurz vor dem Zusammenbruch. Ihre roten Augen verrieten mir, dass sie geweint hatte.
Sie hatte mir erzählt, sie würde mich nur deshalb zur Bibelstunde begleiten, weil sie mehr Kunden bräuchte, deren Häuser sie putzen könnte. »Ich bin Christin, Julia, und ich bete, aber ich glaube, in letzter Zeit hat Gott mir nicht viel Gehör geschenkt. Dafür mache ich ihm keinen Vorwurf. Er hat schon genug zu tun mit dem Nahen Osten, der Wirtschaft und den ganzen misshandelten Kindern. Millionen von Menschen haben schlimmere Probleme als ich. Ich komme schon zurecht. Aber es wäre nett, wenn er mir ein paar Kunden mehr schicken könnte, und deshalb gehe ich mit zur Betstunde.«
Katie schaute hinüber zu dem auf der Couch grunzenden Wildschwein. »Komm mit in die Küche, Julia«, sagte sie, als hätte sie sich so oft für ihren Mann geschämt, dass sie gar nicht mehr gedemütigt werden konnte. »Ich muss den Kindern noch schnell etwas für die Schule machen, dann können wir gehen.«
Also lächelte ich die Kinder an und schlich mich an dem Eber mit dem ernsthaften Magenproblem vorbei in die Küche. Die
Kinder kamen nach, und Katie schloss die Tür. Die Küche war makellos sauber. Keine einzige Bazille traute sich hier herein. Die Schränke waren allerdings trübweiß und die Arbeitsfläche alt und verkratzt, doch mit bunten Gläsern, einer Sammlung kleiner Teebecher und einer Vase voller Blumen hatte Katie die Küche so dekoriert, dass sie eigentlich recht nett aussah.
Ich setzte mich an den Tisch, auf dem eine Decke mit fröhlichem Blumenmuster lag.
Auf der Theke stand ein Kirschkuchen. Katie verpackte den Imbiss für die Kinder in Tüten. Sie merkte, dass ich zum Kuchen hinübersah. »Den nehme ich mit zur Bibelstunde«, sagte sie und kniff die Lippen zusammen. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich gedacht, sie hasse den Kuchen aus tiefstem Herzen. »Ich habe gestern zwei gebacken, aber einen hat J. D. genommen.«
»Oh.« Mir gefiel nicht, wie sie es sagte. J. D. hatte einen Kuchen genommen? Wohin? Konnte er ihn nicht in der Küche essen?
Katie griff zu einer großen Dose mit Salzbrezeln, doch wollte es ihr nicht gelingen, den Deckel zu öffnen. »Verflucht!«, sagte sie und schlug die Dose dreimal auf die Arbeitsfläche, jedes Mal heftiger. Vor Wut lief sie dabei rot an.
Als sie den Deckel schließlich zurückgebogen hatte, wollte sie die Salzbrezeln in die Tüten schütten. Dabei fiel ihr die Dose aus der Hand, und die Brezeln purzelten zu Boden. Zusammen mit Katie und den Kindern bückte ich mich und sammelte alles auf. Katie wischte sich über die Augen.
»Mami weint?«, fragte Logan.
»Nein, Mami weint nicht«, sagte Katie beruhigend. »Mami freut sich, weil ihr beiden Süßen bei ihr seid.«
Logan grinste und
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