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Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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mich?«, fragte ihr Gast und zeigte auf die drei umgekehrten Kaffeebecher auf dem Esstisch.
    Sonja schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts im Haus«, antwortete sie. Kaffeekochen für Harrys Frau? Das war ein bisschen viel verlangt. »Ein Glas Wasser können Sie haben.« Ein Glas Wasser darf dem ärgsten Feind nicht verwehrt werden.
    »Nein. Danke. Es wird auch nicht lange dauern. Entschuldigung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.« Die Gepunktete ließ sich auf einem Stuhl neben dem Fenster nieder. Sie zog ihre Sonnenbrille aus der Frisur und legte sie auf den Tisch. Ihre großen, silbernen Ohrringe wippten bei jeder Kopfbewegung mit. Sie schlug die Beine mit großer Geste übereinander. Der weite Rock ihres Kleides bauschte sich auf. Sie sah aus dem Fenster zu
seinem Kind
und sagte: »Mein Name ist Melinda Krux.«
    »Gott sei Dank!«, stöhnte Sonja auf. Der Griff, der ihr die Luft zum Atmen genommen hatte, löste sich ein wenig. Sie spürte, wie die Lähmung von ihr abließ. Herz-und Pulsschlag normal. Fast, fast. Sie hatte alles in den falschen Hals bekommen und die falschen Schlüsse gezogen. Es war alles ganz anders. Wie dumm von ihr! Erleichtert ließ sie sich gegenüber der Gepunkteten fallen.
    »Was haben Sie gesagt?«, fragte Melinda Krux.
    »Nichts. Nichts.« Sonja könnte ihr auf der Stelle einen Kaffee kochen. Den besten Kaffee der Welt. Eine ganze Kanne voll. Das Pulver könnte durch einen Zufall auftauchen. Sie wollte aufstehen, um eine Suchaktion vorzutäuschen, als Melinda hinzufügte: »Ich bin seine Frau.« Sie lehnte sich zurück und klopfte gegen die Fensterscheibe, um
sein Kind
zur Ordnung zu rufen.
    Ein jäher Stich traf Sonja zwischen die Rippen. »Wie bitte?«
    »Seine Frau«, wiederholte die Krux nicht ohne einen gewissen Vorwurf in der Stimme. »Wir sind verheiratet, Herrmann und ich«, erklärte sie, weil ihr Gegenüber von seltener Begriffsstutzigkeit zu sein schien.
    Genug! Mehr als genug. Sonja hatte ihre Schmerzgrenze erreicht, ach was, überschritten, um ein Vielfaches. Sie schluckte und legte den Schalter um. Ihre Stimme hörte sich an, als käme sie aus einer Blechdose, als sie fragte: »Was für ein Herrmann?«
    Melinda verdrehte die Augen, seufzte theatralisch und sah Sonja mitleidig an. Sie hatte offensichtlich erhebliche Zweifel an ihren Fähigkeiten als Kommissarin. »Hermann Krux, mein Mann.«
    »Herrmann Krux«, wiederholte Sonjas Blechdosenstimme.
    »Genau«, meinte Melinda zufrieden. »Sie haben es erfasst.«
    »Und wie heißt sein Kind?«
    »Bruno.«
    »Bruno Krux«, wiederholte Sonja. Jede Silbe rauschte durch die Blechdose mitten ins Herz. Sie schloss die Augen und ließ los. Ihr Kopf fiel mit einem Knall auf die Tischplatte. Die drei Kaffeebecher hüpften auf dem Esstisch Richtung Möbelkante.
    »Geht’s Ihnen gut?«, fragte Melinda. Ihre Stimme klang alles andere als mitleidig.
    Was tut das zur Sache, fragte Sonja sich, Auge in Auge mit der Tischplatte. Wer fragt nach mir? Ich bin doch nur die alte, blöde Schachtel, die einem jungen Kerl auf den Leim gegangen ist, weil er ihr ein paar billige Komplimente gemacht hat. Der Einzige, der hier fehlte, war Harry Konelly, nein, Herrmann Krux, oder wie das Schwein hieß. Es war gerade erst weggefahren, aber es hatte Tage gegeben, an denen er nach zehn Minuten zurückkam, weil er es angeblich ohne sie keine Sekunde mehr aushalten konnte. Sonja richtete sich auf und blickte aus dem Fenster. Bruno spielte im Staub.
    »Was wollen Sie von Herrmann Krux?«, fragte Sonja.
    »Unterhalt fürs Kind. Und zwar drei Jahre rückwirkend.«
    Natürlich, dachte Sonja. Sie räusperte sich. Welch dumme Frage. Einer, der alte Frauen betrügt, zahlt auch keinen Unterhalt für sein Kind. Heiß wurde ihr in der Lederjacke. In Gedanken öffnete sie sie. Erst als sie bemerkte, wie Melindas Blicke ihren Händen folgten, fiel es ihr auf. Harrys Jacke.
    »Sie kennen Herrmann.« Keine Frage, eine Behauptung. Melinda konzentrierte sich wieder auf Bruno, sie musste den Hals recken, um ihn beobachten zu können.
    Sonja schlug scheinbar seelenruhig die Ärmel um, die ihr bis auf die Fingerspitzen reichten. Sie zuckte mit den Schultern und sagte: »Wer kann schon von sich behaupten jemanden zu kennen?« Ihre Stimme sollte kalt klingen, wie eine Eisenstange im Frost.
    »Drüben.« Melinda sprach in Richtung Fenster. »Der Wirt von der Kermeterschänke sagte mir, dass Herrmann öfter bei Ihnen zu Besuch ist. Und als ich Ihnen eben die Fotos zeigte, da

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