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Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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geliehen?«
    »Nein!«, rief Sonja. »Erstens habe ich selber keines, und zweitens wird er mit Ihrem wohl eine Weile auskommen.«
    Steinbrecher setzte sich gerade auf. »Der Diebstahl ereignete sich vor über zwei Jahren.«
    »Sie haben ihn in der Zwischenzeit nicht gefunden?« Hansen und Steinbrecher schüttelten die Köpfe. »Aber wir haben einen langen Atem«, beteuerte Steinbrecher und gab Hansen ein Zeichen für den Aufbruch. Er zog eine Visitenkarte aus der Brusttasche seines Anzugs und überreichte sie Sonja. »Ist er noch immer mit diesem schäbigen Bus unterwegs?«
    Sonja nickte.
    »Gut. Wir wissen von seiner Frau, dass Sie ebenfalls ein gewisses Interesse daran haben, dass wir Herrmann Krux finden.« Sonja musterte die Karte. »Dann sind wir schon zu viert. Wir würden uns freuen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.«
    Ein Hüsteln.
    Sonja blickte auf und sah, wie Steinbrecher und Hansen entsetzt in Richtung Tür starrten. Sie drehte sich um und traute ihren Augen nicht.
    »Oberstaatsanwalt Wesseling. Guten Tag.«
    Wie der Leibhaftige stand Wesseling da, groß und breit im Türrahmen. Eine furchteinflößende Erscheinung. Eine unerbittliche Instanz. Im schwarzen Trench, streng zugeknöpft und gegurtet, umweht von Herrenduft. Ein grauer Seidenschal schlang sich um seinen Hals.
    Auch wenn Sonja erleichtert über sein Auftauchen war, kam ihr doch der Gedanke, dass es nicht in Ordnung war, dass Hinz und Kunz ungeniert in ihrem Forsthaus aus-und eingehen konnten. Was sie dringend brauchte, war eine neue Haustür. Ein stabiles Modell. Am besten Eisen oder Stahl mit einem dicken Riegel und zwei Schlössern.
    Sie reagierte zu spät, als Steinbrecher ihr seine Visitenkarte entriss, sie in seiner Anzugtasche verschwinden ließ und mit seinem treuen Freund Hansen auf Wesseling zumarschierte, um sich an ihm vorbei davonzuschlängeln.
    Der Oberstaatsanwalt blieb unverrückbar in der Tür stehen wie ein Pfahl. »Wer sind Sie?«, herrschte er die beiden Männer an.
    »Gute Freunde von Frau Senger«, behauptete Steinbrecher.
    »Genau«, bestätigte Hansen erleichtert.
    Über ihre Köpfe hinweg blickte Wesseling Sonja drohend ins Gesicht. Er wartete ihre Bestätigung ab, die nicht kam.
    Sonja verdrehte nur die Augen.
    »Wie heißen Sie?«
    »Steinbrecher«, antwortete Steinbrecher.
    »Hansen«, sagte Hansen.
    Wesseling fixierte Steinbrechers Amulett, als könnte er durch die Schwarze Sonne in seine Brust und auf der anderen Seite wieder hinaussehen, und was er dort sah, war nichts Gutes. Danach knöpfte er sich Hansens Anstecknadel vor, indem er sich ihr auf Nasenlänge näherte. Seine Lippen und seine Augen wurden schmal.
    »Personalausweise, Führerschein und Fahrzeugschein!«, verlangte er.
    Entsetzt sah Sonja, wie die beiden ihre Hände in den Gesäßtaschen vergruben. Was war, wenn sie Waffen zogen? Ihr eigene war oben oder im Abstellraum oder im Polo. Oder Gott weiß wo. Wesseling war garantiert auch ohne Waffe. Er war ein Mann der Worte.
    Aber Hansen und Steinbrecher angelten nur ihre Ausweise hervor, die in kleinen Ledermäppchen steckten.
    Wesseling öffnete die beiden unteren Knöpfe seines Trenchs, setzte sich an den Tisch, zückte seine rote Kladde und begann akribisch alles zu notieren. Er schrieb sogar die ellenlange Nummer der Personalausweise ab.
    Sonja, Steinbrecher und Hansen beobachteten ihn schweigend. Die Luft im Forsthaus stand.
    Die drei zuckten zusammen, als ein deutliches Miauen näher kam. Aber West machte auf dem Absatz kehrt, als er die Versammlung in der Wohnküche vorfand.
    »Hier!« Wesseling gab Steinbrecher und Hansen ihre Papiere zurück. »Und jetzt raus!«
    Die beiden hatten es plötzlich eilig. Sie stürzten hinaus, kehrten aber postwendend wieder zurück. Sie baten darum, dass ihr Auto freigestellt wurde. Nicht nur Sonja hatte sie zugeparkt, Wesseling hatte sich obendrein hinter den Polo gestellt.
    Großes, allgemeines Autoumstellen fand statt. Der BMW rollte lautlos davon, der Polo rumpelte in seine geliebte Garage, der oberstaatsanwaltliche Audi wurde neben die Garage gesetzt.
    »Weißt du überhaupt, was das für Typen waren?«, schnaubte Wesseling, als sie zusammen das Forsthaus betraten.
    »Ja, das weiß ich«, erwiderte Sonja. »Ölprinten!«
    »Ölprinten?«
    »Ölprinten.«
    Wesseling schüttelte den Kopf. »Weißt du, mit wem du dich da abgibst?«, hakte er nach, während er sich endlich seines Trenchs entledigte. Den Schal stopfte er in den Ärmel. Er trug ein weißes Hemd, Schlips

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