Spiel mit dem Feuer - Viehl, L: Spiel mit dem Feuer
Glück , dachte sie, als sie auf den Kragen des Mannes starrte, der vor ihr saß. Denn wenn er das je täte, würde Moriah sehen, wie eine Frau in tausend Stücke zerfallen kann.
Douglas trat aus der Straßenbahn auf die begrünte Verkehrsinsel und ließ mehrere Autos vorbeifahren, ehe er die Straße überquerte und den Block hinunter zur St. Catherine’s lief. Überall im Umkreis parkten Übertragungswagen, also setzte er sich auf die Bank an einer Bushaltestelle an der Ecke, von wo aus er die aus der Kirche kommenden Trauernden beobachten konnte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Er hatte die Berichte über den Bouchard-Mord die ganze Woche im Fernsehen in seinem Zimmer verfolgt. Als die Trauerfeier angekündigt worden war, hatte er beschlossen hinzugehen, und sei es nur, um zuzusehen, wie Gamble um seinen Verlust trauerte. Es war keine Verletzung seiner Bewährungsauflagen, und wenn er sich Gamble nach dem Gottesdienst irgendwie zu erkennen gab, konnte er den Brandinspektor vielleicht zu einer unbesonnenen Reaktion verleiten.
Er wollte, dass Cort Gamble ihn schlug. Er hatte fest vor, ihn so lange zu provozieren, bis er es tat.
Die Gambles waren wohlhabend. Vielleicht reichte schon ein Fausthieb für eine gepfefferte Klage oder als guter Grund für den Bürgermeister, Gamble zu feuern. Welche Stadt wollte schon einen Brandinspektor, der mit der Faust auf einen unschuldigen Mann losging?
Er fühlte sich nicht schuldig bei dem, was er tat. Gamble hatte alles. Douglas hatte alles verloren, einschließlich seiner Familie. Niemand durfte einem Mann seine Familie wegnehmen.
Er spürte, wie die Bank nachgab, als sich jemand neben ihn setzte. »Was machen Sie hier?«
Im ersten Moment erkannte er das Gesicht des Mädchens gar nicht, so sehr war er in der Fantasie seines Triumphs über Gamble versunken. Dann merkte er, dass es Caitlin war, das Mädchen aus dem Hotel. »Dasselbe könnte ich dich fragen.«
»Ich bin Ihnen gefolgt«, sagte das Mädchen geradeheraus. »Wie die Mädchen bei › Totally Spies! ‹ im Fernsehen.«
»Das ist eine Zeichentrickserie.« Er warf einen Blick über die Straße zur Kirche. »Du bist alt genug, um zu wissen, dass Zeichentrickfilme nicht echt sind. Und du solltest nicht alleine in der Stadt rumlaufen. Das gehört sich nicht für ein Mädchen in deinem Alter.«
»Ich bin doch nicht allein. Ich bin mit Ihnen hier.« Sie zog die Knie hoch und stellte ihre dreckigen Turnschuhe auf die Kante der Bank. »Sie stecken in Schwierigkeiten, Mister, oder?«
»Nicht mehr, und ich heiße Douglas.« Er sah Cort Gamble mit einer zierlichen, blonden Frau herauskommen und dachte an den Mann, der ihn besucht hatte – den fröhlichen Geber – , und an die leeren Versprechungen, die er gemacht hatte. »Du solltest jetzt nach Hause gehen. Ich meine es ernst, Caitlin. Es ist hier nicht sicher für dich.«
»Ich bin sicher. Sie sind derjenige, der verfolgt wird.«
Das brachte ihn dazu, sich vom Fire Marshal loszureißen. »Wie bitte?«
»Ein Mann verfolgt Sie. In dem braunen Auto, wenn Sie über meine rechte Schulter gucken. Sehen Sie ihn aber nicht direkt an«, flüsterte sie mit Nachdruck. »Sonst weiß er, dass Sie Bescheid wissen.«
Douglas tat so, als betrachte er den Kranz aus Unkraut, der um die Bank herum wucherte, und warf einen raschen Blick nach rechts. Ein brauner Chevy stand am Bordstein herum, wo er aus der Straßenbahn gestiegen war. Hinter dem Steuer saß ein hellhaariger Mann mit dunkler Sonnenbrille.
»Er stand heute Morgen vor dem Motel und ist erst verschwunden, als Sie gegangen sind.« Caitlin stützte das Kinn auf die Knie. »Er ist ein Bulle.«
Also wurde er beschattet. Damit hatte er gerechnet. Trotzdem hatte das Mädchen seinen Verfolger vor ihm entdeckt. »Woher willst du wissen, dass das ein Polizist ist?«
»Er hat so ein rotes Licht, das die ans Dach machen, wenn sie’s eilig haben. Ich hab’s gesehen, als ich am Auto vorbeigegangen bin.« Sie sah aus den Augenwinkeln zu ihm rüber. »Haben Sie jemanden umgebracht?«
Es hatte ihn nicht schockiert, als Gamble ihm diese Frage gestellt hatte, aber ein so junges Mädchen wie Caitlin sollte an so etwas nicht einmal denken. »Nein.«
»Aber Sie waren eine Weile im Gefängnis, stimmt’s?«
Eine Weile . Er dachte an das scheinbar endlose Fortschreiten der Tage, an denen er über Bilanzen gebrütet hatte, und der Nächte, in denen er mit Schritten eine drei mal vier Meter große Zelle durchmessen hatte. »Drei
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