Spiel mit dem Feuer - Viehl, L: Spiel mit dem Feuer
Schatten spendeten.
»In der Schule haben wir mal so ein Gedicht gelesen«, sagte sie, während sie dem mit Quadersteinen gepflasterten Weg folgten, der parallel zu den Toren verlief. »Es handelte vom Tod, aber es erzählte davon, wie es ist, auf einem Schiff zu sein und davonzusegeln.«
»Ich wusste gar nicht, dass du Gedichte magst.« Er wusste überhaupt nicht, was sie mochte, abgesehen von der Polizeiarbeit und dem Schießen. Es beunruhigte und ärgerte ihn, genauso wie zu erfahren, warum sie sich die Haare hatte abschneiden lassen.
»Tu ich normalerweise auch nicht, aber das … Es war traurig, aber es stimmte. Weißt du, was ich meine?« Sie warf ihm einen Seitenblick zu und zuckte dann mit den Schultern, als wäre es ihr peinlich. »Egal, ich kann mich nicht mehr genau an den Text erinnern.«
»Und gerade im Augenblick, wenn jemand an meiner Seite sagt: ›Dort geht sie!‹, gibt es andere Augen, die aufpassen, wie sie näher kommt, und andere Stimmen, die bereit sind für den frohen Ruf: ›Da kommt sie!‹«, sagte er. »Henry Van Dyke.«
»Ja, das ist es.« Sie blieb am Tor stehen und blickte auf die Vorderseite einer Gruft, auf das gemeißelte Bild eines Engels, der seine Flügel ausbreitete. »Muss man auf Privatschulen Gedichte und so was auswendig lernen?«
»Ich habe es letztes Jahr auf der Beerdigung meiner Großmutter vorgelesen.« Damals hatte Elizabet gewollt, dass er einen Psalm aus der Bibel vorlas, aber Van Dykes Verse hatten seine Gefühle besser ausgedrückt. Wie Moriahs Kleiner-Finger-Ehrenwort an Ashleigh. »Ich bin nicht auf eine Privatschule gegangen.«
»Nicht?«
Er schüttelte den Kopf. »Mein Vater hat darauf bestanden, dass meine Brüder und ich auf die öffentliche Schule gehen. Er sagte, es würde uns davor bewahren, verzogen zu werden, und er hatte recht.« Er warf Terri einen Blick zu. »Du hast dich letzten Sommer ziemlich rargemacht, wenn ich mich recht erinnere.«
»J. D. und ich waren mit einem Fall von Fahrerflucht beschäftigt, bei dem ein dreijähriger Junge, Bryan Couday, das Opfer war. Wir haben den Notruf entgegengenommen, und als wir dort ankamen, sah Bryan aus, als hätte er sich einfach hingelegt und ein Nickerchen gemacht, mitten auf der Straße.« Ihre Stimme wurde leise und traurig. »Er war so verdammt klein.«
Geistesabwesend verflocht er seine Finger mit ihren. »Habt ihr den Fahrer geschnappt?«
Terri nickte. »Geschäftsmann, hat behauptet, er hätte das Kind gar nicht auf die Straße rennen sehen, obwohl er seinem Automechaniker und seinen Golffreunden eine andere Geschichte erzählt hat. Er bekam zehn Jahre wegen Totschlags. Ihn einzusperren, war Bryans Schiff.« Sie sah zu ihm auf. »Wir werden diesen Irren schnappen und Ashleigh ihres geben.«
In der Kirche neben Terri zu sitzen, war eine subtile Folter gewesen, und er war unter anderem zu Moriah gegangen, um von ihr wegzukommen. Er konnte die Schuldgefühle jedoch nicht vertreiben, die er wegen Ashleighs Tod hatte, und sie hatten sich nach dem, was Moriah ihm gesagt hatte, nur noch verstärkt.
Aber als er Terri jetzt in die Augen sah, befreite es sein Herz ein wenig von der Last. »Du scheinst dir sehr sicher zu sein, dass wir ihn kriegen.«
»Wir sind ein gutes Team.« Sie studierte weiter die Vorderseiten der Grüfte. »Wenn wir uns nicht gegenseitig angiften oder … andere Sachen machen.«
Da hatte sie recht. »Ich habe nicht daran gedacht, wie unangenehm das für dich sein könnte.« Obwohl er sich bei ihr nicht unwohl fühlte. Ganz im Gegenteil, und das war der Grund dafür gewesen, dass er sie in der Kirche allein gelassen hatte. »Ich tu alles, was ich kann, damit du dich wohlfühlst.«
»Du kannst nicht diese Schuhe für mich tragen, also lass uns einfach unseren Job machen, okay?« Sie drückte seine Hand. »Ashleigh und diese Leute aus der Kneipe brauchen das. Sie brauchen uns.«
Er blickte hinunter in ihr Gesicht. Dort sah er eine Beharrlichkeit und eine Stärke, von denen er nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß. Eine Stärke, gehärtet durch das, was sie dazu antrieb, Mörder zu verfolgen und sie vor Gericht zu bringen. Und sie besaß eine Entschlossenheit, die nur aus schlimmen Erfahrungen heraus entstand.
J. D. hatte immer gesagt, dass er Terri ohne Vorbehalte vertraute und sich nie Sorgen machte, wenn sie da war und ihm den Rücken freihielt. Jetzt wusste Cort, warum.
»Entschuldigen Sie, Marshal.« Lawson Hazenel kam auf sie zu.
Terri runzelte die Stirn. »Haze?
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