Spiel mit dem Mörder
dreckverkrusteten Gitter vor den beiden schmutzstarrenden, fingerbreiten Fensterschlitzen sperrten sogar noch das wenige Sonnenlicht, das andernfalls eventuell hereingekommen wäre, aus, reichten als Schutz gegen den unablässigen Verkehrslärm und das Vibrieren der direkt unter dem Zimmer verlaufenden Untergrundbahn jedoch nicht aus.
»Licht an«, befahl sie und wurde mit einem trüben gelben Aufflackern der staubbedeckten Deckenlampe belohnt.
Geistesabwesend schob sie die Hände in die Taschen ihrer Jacke. Hier drinnen war es sogar noch kälter als draußen in dem beißenden spätwinterlichen Wind. Es roch nach altem Schweiß, noch älterem Staub und Quims wahrscheinlich letztem Abendessen, das aus Hackfleischersatz und Bohnen bestanden zu haben schien.
»Was haben Sie gesagt, hat der Kerl pro Jahr verdient?«, wollte sie von ihrer Assistentin wissen.
Peabody zog ihren Handcomputer aus der Tasche und sah darin nach. »Achthundertfünfzig Grundgehalt pro Aufführung plus Geld für Auf-, Ab- und Umbauten sowie andere Überstunden, die ziemlich regelmäßig angefallen sind. Die Gewerkschaft hat ihm fünfundzwanzig Prozent für die Renten-, die Gesundheits- und andere Kassen abgeknöpft, aber trotzdem hat er jährlich circa dreihunderttausend netto eingesackt.«
»Und dann in einem solchen Loch gehaust. Tja, entweder hat er sein Geld für irgendwas verbraten oder es irgendwo gehortet.« Sie lief über den nackten Fußboden auf den Computer zu. »Diese Kiste ist noch älter als das Mistding, das ich gerade losgeworden bin. Computer an.«
Das Gerät fing an zu husten, zu pfeifen und zu schnauben, und auf dem Bildschirm flackerte ein kränklich blaues Licht.
»Ich brauche einen Überblick über die Finanzen von Linus Quim.«
Bitte nennen Sie das Passwort …
»Ich werde dir ein Passwort geben.« Sie schlug halbherzig mit einer Faust auf die Maschine und nannte die Nummer ihres Dienstausweises sowie ihren Rang.
Das Gesetz zum Schutz der Privatsphäre verbietet die Herausgabe der gewünschten Daten. Bitte nennen Sie das Passwort …
»Peabody, kümmern Sie sich um dieses Ding.« Eve wandte der Kiste den Rücken zu und fing an, in der obersten Schublade einer Kommode zu wühlen, die aus Pappe zu bestehen schien. »Baseballprogramme«, meinte sie, während Peabody versuchte, den Computer mit vernünftigen Argumenten dazu zu bewegen, dass er die gewünschten Informationen rausrückte. »Und weitere Notizbücher. Der Kerl hat gerne gewettet, was möglicherweise eine Erklärung für den Verbleib seines Gehaltes ist. Er hat alles genau aufgeschrieben, jeden einzelnen Gewinn und jeden einzelnen Verlust. Meistens hat er verloren. Allerdings keine besonders großen Summen. Scheint also nicht irgendwelchen Geldeintreibern zum Opfer gefallen zu sein.«
Sie zog die zweite Schublade auf. »Aber hallo, gucken Sie sich das mal an. Broschüren von irgendwelchen Inseln in den Tropen. Vergessen Sie die Kohle, Peabody. Gucken Sie, ob er Informationen über Tahiti angefordert hat.«
Sie trat vor den Schrank, schob eine Hand voll Hemden an die Seite, betastete die Taschen und suchte in den beiden auf dem Boden stehenden Paar Schuhe nach einem möglichen Versteck.
Soweit sie sehen konnte, hatte der Mann - abgesehen von seinen Blöcken - nirgends irgendwelche Erinnerungsstücke, irgendwelche Fotos, Disketten oder andere persönliche Gegenstände aufbewahrt.
Seine ausnahmslos uralte Kleidung, zu der auch ein zerknitterter Anzug gehörte, hätte höchstens für eine Woche gereicht, und der Kühlschrank war außer mit etlichen Päckchen Trockenhackfleisch-Mischung und mehreren Flaschen Fusel nur noch mit einer noch verschlossenen Riesentüte Soja-Fritten bestückt.
Stirnrunzelnd nahm sie die Tüte in die Hand. »Warum kauft sich ein offenkundig krankhaft geiziger Mann eine Riesentüte Fritten und hängt sich auf, bevor er dazu kommt, das Zeug zu essen?«
»Vielleicht war er zu deprimiert. Manche Leute kriegen nichts herunter, wenn sie deprimiert sind. Ich hingegen stopfe gerade dann alles in mich rein, dessen ich habhaft werden kann.«
»Sieht aus, als ob er gestern Abend und heute Morgen durchaus noch was gegessen hat. Ob das stimmt, wird erst die Autopsie ergeben, aber sein Recycler ist total verstopft.« Widerstrebend griff sie in den Schlitz, zog eine leere Tüte daraus hervor und hielt sie in die Höhe. »Soja-Fritten. Ich schätze, dass er sie gestern aufgegessen hat und diese Packung für die nächste Mahlzeit vorgesehen
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