Spiel mit dem Tod
nach Geschlechtern getrennten Gebäude hatte das gleiche Schicksal er eilt wie die Dinosaurier, keiner der Studenten beachtete sie.
Sie lief in den ersten Stock zum Zimmer 210. Als sich nichts auf ihr Klopfen hin rührte, klopfte sie erneut.
Immer noch keine Reaktion. Sie blickte sich um, registrierte, dass außer ihr niemand auf der Etage war, und drückte betont lässig die Klinke herunter.
Die Tür ließ sich tatsächlich öffnen.
Stacy betrat das Zimmer. Was sie gerade tat, war illegal, doch jetzt, wo sie keine Polizistin mehr war, nicht unbedingt eine strafbare Handlung. Merkwürdig, aber wahr. Stacy blickte sich schnell in dem ordentlichen Raum um. Interessant. Dafür waren Junggesellen ja nicht gerade bekannt. Welche Überraschungen hielt Bobby Gautreaux noch bereit?
Sie ging zum Schreibtisch. Drei sorgfältig gestapelte Papierhaufen lagen auf der Platte. Sie blätterte alle kurz durch, dann zog sie die Schreibtischschublade auf und berachtete den Inhalt. Als sie nichts Verdächtiges fand, schloss sie das Fach wieder. Sie wurde auf ein Foto aufmerksam, das an der Korkwand über dem Schreibtisch steckte. Von Cassie. Im Bikini lächelte sie in die Kamera.
Er hatte eine Zielscheibe auf ihr Gesicht gemalt.
Aufgeregt sah sich Stacy die anderen Fotos an. Es hingen noch weitere Schnappschüsse von seiner Exfreundin an der Pinnwand, einmal mit Teufelshörnern und Schwanz verziert, einmal mit dem Spruch „Schmore in der Hölle, Hexe“.
Er war entweder unschuldig – oder unglaublich blöd. Wenn er sie tatsächlich getötet hatte, wusste er, dass die Polizei ihn aufsuchen würde. Diese Bilder an seiner Pinnwand würden ihm mit Sicherheit eine Menge Ärger einbringen.
„Was soll denn das?“
Sie drehte sich um. Der Typ an der Tür sah aus, als hätte er eine harte Nacht hinter sich. Er sah aus wie das Model für ein Poster der Anonymen Alkoholiker.
Oder wie ein lebendiges Fahndungsfoto.
„Die Tür war offen.“
„Blödsinn. Raus hier.“
„Du bist Bobby, nicht?“
Sein Haar war nass, das Handtuch hing über seiner Schulter. „Wer will das wissen?“ fragte er, nachdem er sie von oben bis unten gemustert hatte.
„Eine Freundin.“
„Aber nicht von mir.“
„Ich bin eine Freundin von Cassie.“
Etwas Hässliches machte sich auf seinem Gesicht breit. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Leck mich. Ich hab seit einer Ewigkeit nicht mehr mit Cassie gesprochen. Verpiss dich.“
Stacy ging auf ihn zu. Sie legte den Kopf ein wenig in den Nacken und blickte ihm in die Augen. „Komisch, für mich hatte es eher den Anschein, als hättet ihr beide noch vor kurzem miteinander geredet.“
„Dann ist sie nicht nur eine blöde Kuh, sondern auch eine Lügnerin.“
Stacy sah ihn wütend von oben bis unten an. Er hatte dunkles lockiges Haar und dunkelbraune Augen, ein Geschenk seiner französisch-griechischen Vorfahren. Wenn er nicht so schlecht drauf gewesen wäre, hätte man ihn als gut aussehend bezeichnen können.
„Sie meinte, du wüsstest etwas über das Spiel White Rabbit.“
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich fast unmerklich. „Und was?“
„Du kennst das Spiel, ja?“
„Ja, ich kenn’s.“
„Schon mal gespielt?“
Er zögerte. „Nein.“
„Du klingst nicht überzeugend.“
„Und du hörst dich an wie ein Bulle.“
Sie kniff die Augen zusammen. Dieser Typ war nicht besonders sympathisch. Ein Mistkerl, ganz und gar. Mit solchen Typen hatte sie bei der Kripo in Dallas täglich zu tun gehabt. Sie wünschte, sie hätte noch ihre Polizeimarke. Es wäre zu schön gewesen, zu sehen, wie er sich in die Hosen machte.
Bei dem Gedanken musste sie grinsen. „Wie ich schon sagte, ich bin nur eine Freundin, die ein paar Nachforschungen betreibt. Erzähl mir was über White Rabbit.“
„Was willst du denn wissen?“
„Wie das Spiel läuft, was es ist, wie es funktioniert. So was in der Art.“
Er verzog die Lippen. Wahrscheinlich sollte es sowas wie ein Lächeln sein. „Das ist jdenfalls kein normales Spiel. Ziemlich düster. Und hart.“
Sein Gesicht er wachte langsam zum Le ben. „Stell dir vor, Dr. Seuss trifft Lara Croft, Tomb Raider. Der Schauplatz ist Wunderland. Alles ganz schön verrückt. Eine eigenartige Welt.“
Klang eher albern. „Du sagst, es wäre düster. Was meinst du damit?“
„Du bist keine Spielerin, was?“
„Nein.“
„Dann leck mich doch.“
Er wandte sich ab, sie hielt ihn am Arm zurück. „Erklär’s mir, Bobby.“
Er sah sie lange an.
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