Spiel mit dem Tod
„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Das ist Ihre Wohnung, ich hätte nicht hinsehen sollen.“
Da musste sie lachen, es war ein befreiendes und anstecken des Lachen. „Sie sind doch Kripobeamter. Mir scheint, Hinsehen gehört zu Ihrem Job.“
Das brach das Eis und löste die Anspannung. Er lachte ebenfalls. „Da haben Sie Recht. Ich werde es in Erinnerung behalten.“
Er streifte sich ein Paar Handschuhe über und hob die Karte auf. Die Nachricht war kurz und beängstigend.
Willkommen im Spiel.
Unterschrieben mit White Rabbit.
Spencer sah sie an. Sie erwiderte seinen Blick ohne mit der Wimper zu zucken. „Ich habe zu viele Fragen gestellt“, sagte sie. „Und bin jemandem dabei auf die Füße getreten. Jetzt spiele ich mit.“
Er hätte ihr gerne widersprochen.
„Die Grinsekatze“, fuhr sie fort. „Eine Figur mit langen Krallen und vielen scharfen Zähnen. In der Geschichte versucht die Königin, sie zu enthaupten, aber sie entwischt ihr.“ Sie presste kurz die Lippen zusammen, als müsste sie einen Augenblick um ihre Selbstbeherrschung kämpfen. „Diese hier hatte nicht so viel Glück.“
„Die Katze wird im Laufe der Geschichte immer wieder zwischendurch eingeblendet“, sagte Spencer langsam in Erinnerung an die Anmerkungen von Cliff, die er am Abend vorher gelesen hatte. „Weiterer Anhaltspunkt für eine Welt, in der die Realität verzerrt ist.“
„Bin ich die Katze?“ fragte Stacy. „Soll das damit gesagt werden? Dass ich die Katze bin und auf diese Weise sterben soll?“
Spencer runzelte die Stirn. „Sie werden nicht sterben, Stacy.“
„Das können Sie nicht garantieren.“ Sie sah ihn beinahe störrisch an. „Sie können es nicht wissen. Das ist die Natur der Bestie.“
Die Bestie.
Jemand mit dem Vorsatz zu töten.
Er ging zur Badewanne, sah sich den Katzenkopf näher an und untersuchte dann schließlich die ganze Wohnung. Er ließ sich Zeit und machte sich Notizen, dann sah er auf die Uhr. Tony sollte sich inzwischen satt gegessen haben. Er musste den Spurendienst rufen. Wenn sie Glück hatten, hatte der Mistkerl einen Fingerabdruck hinterlassen, zusammen mit dem Blut an der zerbrochenen Fensterscheibe.
„Machen Sie ruhig Ihre Anrufe.“ Sie lächelte. „Ich lese keine Gedanken, unglücklicherweise. Das ist ja wohl offensichtlich der nächste Schritt bei diesem Vorgang.“
Er klappte sein Handy auf und wählte zuerst Tonys Nummer. Während er mit seinem nicht allzu erfreuten Partner sprach, beobachtete er aus den Augenwinkeln, wie sich Stacy eine Jacke nahm und nach draußen auf die Veranda ging.
Er beendete seine Anrufe und folgte ihr. Stacy machte den Eindruck, als wäre ihr kalt. Er sah zu dem dunklen wolkenlosen Himmel hoch und schätzte, dass die Temperatur auf ungefähr zehn Grad gesunken war. Er zog die Jacke zu und stellte sich neben Stacy.
„Sie sind unterwegs“, sagte er.
„Gut.“
„Wie geht es Ihnen?“
Sie rieb sich die Arme. „Mir ist kalt.“
Das hat wahrscheinlich wenig mit der Temperatur zu tun, dachte er. Am liebsten hätte er sie an sich gezogen und gewärmt.
Aber so weit durfte er nicht gehen. Sie würde es niemals zulassen.
„Wir müssen reden. Schnell. Bevor die anderen ankommen.“
Sie drehte sich um und sah ihn fragend an.
„Pogo ist es“, sagte er. „Wir haben Skizzen für die Karten bei ihm gefunden, die Leo bekommen hat. Und für andere in der Art.“
Ihre Augen blitzten interessiert auf. Er konnte förmlich sehen, wie sie zu analysieren begann, die Fakten verarbeitete, einordnete, ihre Schlüsse zog.
„Erzählen Sie mir von den anderen“, bat sie ihn.
„Der Märzhase. Die beiden Spielkarten, die Pik-Fünf und Pik-Sieben. Die Herz-Königin und Alice. Alle tot. Auf ziemlich grausame Weise erledigt.“
„Und die Grinsekatze? War die auch dabei?“
Er zögerte, dann nickte er. „Enthauptet, der Kopf schwebte über dem Körper.“
Sie schürzte die Lippen. „Wenn der Allen-Mord der erste in einer Serie war, dann geht es den Leuten, die die Karten repräsentieren, auch an den Kragen.“
„Ja.“
„Mir ebenfalls.“
„Das wissen wir nicht, Stacy. Leo hat die ersten Karten erhalten, aber er war nicht das Opfer, auf das der Mörder es abgesehen hatte.“
Sie stimmte ihm zu, ob wohl sie nicht ganz über zeugt wirkte. Das Team traf ein. Tony zuerst. Spencer wollte seinem Partner entgegengehen, doch Stacy hielt ihn am Arm zurück.
„Warum haben Sie mir das erzählt?“
„Sie sind jetzt im Spiel, Stacy. Sie
Weitere Kostenlose Bücher