Spiel mit dem Tod
zu finden als in ihrem.
„Wie wäre es mit Müsli?“ fragte sie.
„Kommt drauf an, was Sie haben?“
„Cheerios oder Raisin Bran.“
„Richtige Milch oder fettarm?“
„Zwei Prozent.“
„Das geht.“
Sie nahm die Milch aus dem Kühlschrank und schloss die Tür. Er beobachtete, wie sie das Verfallsdatum studierte, bevor sie den Karton auf den Tresen stellte. Dann nahm sie zwei Müslischalen aus dem einen Schrank und füllte sie.
Sie aßen schweigend. Er wollte ihr Zeit lassen, ihr die Gelegenheit geben, sich mit ihm vertraut zu machen. Und zu entscheiden, ob es reichte zu vergessen, oder ob sie jemanden brauchte, mit dem sie reden konnte.
Sie hatte ihn nicht in die Küche gebeten, weil sie hungrig war. Oder er. Sie wollte Gesellschaft. Eine seiner Schwestern, Mary, die drittälteste von der Malone-Familie, war genauso. Hart wie Stahl, störrisch wie ein Maulesel, mehr Stolz, als gut für sie war. Als sie vor zwei Jahren eine Scheidung durchlebte, hatte sie alles für sich behalten, alles allein ertragen – die Seelenqualen inbegriffen.
Bis sie sich Spencer eines Tages anvertraute, weil er ihr Zeit gelassen hatte. Und weil er selbst so viele Fehler in seinem Leben gemacht hatte, dass sie womöglich dachte, er würde sie verstehen.
„Wollen Sie darüber reden?“ fragte er schließlich, als ihr Löffel auf dem Boden der Schüssel kratzte.
Sie fragte nicht, was er meinte; sie wusste es. Als müsse sie sich eine Antwort zurechtlegen, starrte sie in ihre Schale.
„Das wollte ich nicht mehr tun“, sagte sie nach einem kurzen Moment und blickte ihn an. „Nie mehr.“
„Mit einem fast Fremden nachts Müsli essen?“
Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Sind Sie jemals richtig ernst?“
„So selten wie möglich.“
„Das ist sicher eine angenehme Art zu leben.“
Er dachte an Lieutenant Moran. „Glauben Sie mir, es hat auch seine Nachteile.“ Er schob seine Schüssel beiseite. „Also, Sie haben den Polizeidienst hinter sich gelassen und sind nach New Orleans gezogen, um Literatur zu studieren und ein neues Leben anzufangen?“
„So was in der Art“, erwiderte sie mit einem bitteren Unter ton. „Aber es war nicht die Arbeit als Polizistin, die ich hinter mir lassen wollte. Es war das Hässliche an dem Job. Diese absolute Missachtung eines Lebens.“ Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Und hier sitze ich, wieder einmal mitten drin.“
„Das ist Ihre eigene Schuld.“
„Cassies Mord war nicht meine Schuld.“
„Aber sich in die Untersuchung einzumischen schon. Sich bei Noble zu verpflichten auch. Durch jede geöffnete Tür zu gehen ebenfalls.“
Sie sah aus, als wollte sie gleich mit ihm streiten. Er streckte den Arm aus, griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. „Ich will Sie nicht kritisieren. Ganz im Gegenteil. Was Sie tun, ist ganz normal. Sie waren zehn Jahre bei der Polizei. Wir beide wissen, dass die Arbeit als Gesetzeshüter kein Job ist, sondern eine Lebenseinstellung. Es ist nicht wichtig, was man ist, sondern wer man ist.“
Als er zu Unrecht verdächtigt worden und vom Dienst suspendiert worden war, hatte er feststellen müssen, wie viel Wahrheit in diesen Worten steckte.
„Ich will einfach etwas anderes sein.“
„Dann halten Sie sich da raus. Gehen Sie zurück nach Texas.“
Sie stöhnte frustriert und stand auf. Nachdem sie ihre Schüssel zur Spüle getragen hatte, drehte sie sich um und sah ihn an. „Was ist mit Cassie? Ich kann nicht einfach … weggehen.“
„Was soll mit ihr sein? Sie kannten sie doch kaum.“
„Das ist nicht wahr!“
„Doch, Stacy. Sie waren ja kaum zwei Monate befreundet.“
„Sie hat es nicht verdient zu sterben. Sie war jung. Und anständig. Und …“
„Und die Leichenhalle ist voller junger, anständiger Leute, die nicht hätten sterben sollen.“
„Aber das sind Fremde für mich! Cassie … Cassie war genauso, wie ich gern gewesen wäre!“ Sie sagte eine ganze Weile nichts. Er bemerkte, wie sie um ihre Selbstbeherrschung kämpfte. „Und jemand hat sie umgebracht. Genau dieses Widerwärtige, Hässliche, vor dem ich geflohen bin … ist mir gefolgt.“
Voller Mitgefühl stand er auf und ging zu ihr hinüber. Er nahm ihre Hände. „Sie glauben, das Hässliche hat Sie gefunden? Ist Ihnen gefolgt? Und deshalb ist sie gestorben?“
„Das hab ich nicht gesagt.“ In ihren Augen glänzten Tränen. Sie schüttelte den Kopf und wollte ihre Hände aus seinem Griff befreien.
„Cassies Tod hat absolut nichts
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