Spiel mit der Liebe
sein Misstrauen Richard gegenüber nicht ganz vergessen.
Clay stieg in seine Kutsche, öffnete den Bericht und begann zu lesen. Zusätzlich dazu, dass die Detektive Richard beschattet hatten, hatten sie sich auch eingehend mit Clays oberstem Stallburschen, einem Mann mit Namen Harry Muilen, unterhalten. Der Mann, den Harry als Kutscher angeheuert hatte, hatte falsche Referenzen benutzt, um den Job als Kassandras Kutscher zu bekommen. Niemand hatte je von einem Mann namens Edgar Mackey gehört. Und zweifellos gab es diesen Mann auch gar nicht.
Und was Stephen betraf, so war die einzige interessante Tatsache, die die Detektive herausgefunden hatten, Sarah Michaels, ein Mädchen von fünfzehn Jahren, aus gutem Haus, die schwanger geworden war. Die Gerüchte besagten, dass Stephen der Vater des Babys war, doch das Mädchen weigerte sich, den Namen zu nennen, und niemand wusste es mit Sicherheit.
Die Detektive, die sein Haus beobachteten, berichteten von einer Anzahl Besucher, von denen die meisten Mitglieder der gehobenen Gesellschaft waren. Gestern hatten er und eine Gruppe anderer Leute die Stadt verlassen. Wenn man Westerlys Butler glauben konnte, waren sie auf dem Weg nach Rivenwood, dem Landsitz des Grafen.
Dieser Gedanke machte Clay nervös. Kitt war weg, und nur wenige Tage später war auch Stephen verschwunden.
Doch hatte Westerly keine Ahnung, dass Kitt die Stadt verlassen hatte oder wohin sie gereist war. Sie war im Blair House in Sicherheit. Und dort würde sie bleiben, bis sie sicher in die Stadt zurückkehren konnte.
Clay saß zusammen mit Adam Hawthorne in seinem Arbeitszimmer und berichtete diesem gerade von den Neuigkeiten, als Henderson an die Tür klopfte.
»Es tut mir Leid, Sie zu stören, Euer Lordschaft, aber Lord Landen ist hier und möchte Sie sprechen. Er sagt, die Angelegenheit ist dringend.«
Clays Magen zog sich zusammen. Sofort sprang er auf und lief zur Tür.
»Ich dachte, der Marquis würde im Blair House auf deine Frau aufpassen.« Blackwood folgte Clay in den Flur.
»Das habe ich auch geglaubt.«
Der Marquis von Landen stand in der Eingangshalle. Er trug seinen Mantel, der feucht war vom Regen und mit Lehm bespritzt, und sein dichtes blondes Haar war vom Wind zerzaust. Er sah grimmiger aus, als Clay ihn je gesehen hatte, und der dicke Kloß in seinem Magen wurde noch größer.
»Was ist geschehen? Geht es Kassandra gut?«
»Soweit ich weiß, geht es ihr gut. Doch leider ist sie nicht länger im Blair House, deshalb kann ich nicht sicher sein.«
Clays Herz schien stillzustehen. »Was wollen Sie damit sagen, sie ist nicht länger im Blair House? Wo, zum Teufel, ist sie?«
»Ich fürchte, das weiß ich nicht.« Der Marquis erklärte, dass sie ihre Abwesenheit erst bemerkt hatten, als Kassandra an diesem Morgen nicht zum Frühstück gekommen war. »Am Abend zuvor hat sie sich mit Kopfschmerzen entschuldigt. Anna hat sich Sorgen gemacht, deshalb ist sie nach oben gegangen, um nach ihr zu sehen. Kassandras Zimmer war leer, doch hatte sie eine Nachricht hinterlassen.«
Ford reichte ihm das Blatt Papier. »Niemand hat gesehen, wie sie das Haus verlassen hat. Wir glauben, dass sie am Rankgitter vor ihrem Fenster nach unten geklettert ist.«
Clay hörte die Worte des Marquis kaum. Stattdessen blickte er auf den kalten, gefühllosen Brief, den Kassandra ihm hinterlassen hatte.
Liebster Clay,
ich habe mich entschieden, nach Italien zurückzukehren. Da ich weiß, dass du ganz sicher etwas dagegen haben wirst, werde ich heute Nacht abreisen. Bitte bedanke dich bei Anna und dem Marquis für ihre Gastfreundschaft. Ich werde dir nach meiner Ankunft in Italien schreiben.
Der Brief war unterschrieben mit: Deine Frau Kasandra.
Er erkannte die Schrift, wusste ganz sicher, dass der Brief von ihr war. Clay wandte sich von den beiden Männern ab, die vor ihm standen, und ging unsicher durch den Flur. In der Nacht, ehe sie zum Blair House gefahren war, hatte sie ihm gesagt, dass sie ihn liebte. Er hatte ihr natürlich nicht geglaubt. Oder vielleicht hatte er ihr glauben wollen, hatte sich aber ganz einfach davor gefürchtet. Er hatte nicht über seine Gefühle für sie gesprochen. Und jetzt war sie wieder vor ihm weggelaufen.
Clay zerknüllte den Brief, hielt ihn in seiner geballten Faust, als er weiter durch den Flur zu seinem Arbeitszimmer ging. Er hatte sich eingeredet, dass es ihm nichts ausmachte - nicht so wie zuvor. Er hatte sich gesagt, dass er ihr nie wieder in die Falle gehen
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