Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
konnte, aber er hatte ihr klipp und klar zu verstehen gegeben, dass er ihr niemals verzeihen konnte, was sie getan hatte. Es war nicht ihre Art, sich aufzudrängen, wenn sie wusste, dass sie nicht erwünscht war. Mike hatte sie gerettet, und dafür war sie ihm dankbar. Ansonsten gab es dazu nichts mehr zu sagen.
Es war vorbei.
Sobald Mike Marshalls Waffe vom Bürgersteig aufgehoben hatte, waren auch schon die einheimischen Polizisten zur Stelle gewesen, um Marshall Handschellen anzulegen und ihm seine Rechte vorzulesen. Jemand hatte einen Krankenwagen gerufen – vermutlich derselbe Zaungast, der auch die Polizei alarmiert hatte –, und die Sanitäter hatten sich Amber unverzüglich vorgeknöpft, sodass Mike keine Gelegenheit mehr gehabt hatte, mit ihr zu reden. Auch gut. Was sie einander noch zu sagen hatten, war nicht für fremde Ohren bestimmt.
Mike wusste nicht so recht, was er empfand, abgesehen von einer unbändigen Erleichterung und dem überwältigenden Bedürfnis, sie zu küssen und an sich zu drücken. Er wollte spüren, wie sich ihr Körper an den seinen schmiegte, und darüber die Furcht vergessen, die ihn verzehrt hatte, als Marshall sie festgehalten und mit der Waffe bedroht hatte. Aber das war alles rein körperlich, wie Amber ganz richtig gesagt hatte. Ihre sexuellen Begegnungen waren stets spektakulär gewesen. Doch er war nicht bereit, tiefere Gefühle zuzulassen.
Da Amber vorerst versorgt war, konzentrierte sich Mike ganz darauf, sicherzustellen, dass sich Marshall Banks nicht womöglich aufgrund eines Formfehlers aus der Affäre ziehen konnte. Stewart gehörte zwar nicht in seinen Zuständigkeitsbereich, aber Mike war bekannt für seine Gründlichkeit, und er wollte sich davon überzeugen, dass die hiesige Polizei in diesem Fall ebenso gründlich vorging.
Erst als der Streifenwagen mit Marshall auf dem Rücksitz abgefahren war, reckte Mike den Kopf und hielt nach Amber Ausschau. Er konnte sie nirgends entdecken. Der Krankenwagen war weg, und auch von seinen Kollegen war nur noch einer da, der in seinem Auto saß und sich Notizen machte.
»Verzeihung, wissen Sie zufällig, wo Amber Rose steckt?«, fragte er.
»Keine Ahnung.« Der Beamte schüttelte den Kopf und widmete sich dann seinem Funkgerät, das angefangen hatte zu piepsen.
Mike betrat die Halle des Busbahnhofs, um dort sein Glück zu versuchen. Er beschrieb Amber einigen der Wartenden, doch keiner hatte sie gesehen. Schließlich wandte er sich an die junge Frau, die am Schalter die Fahrkarten verkaufte. »Haben Sie gesehen, wo die Frau hingegangen ist, die vorhin draußen mit einer Waffe bedroht wurde?«, fragte er sie.
»Ja, die ist gerade in den Bus nach Boston gestiegen. « Die Frau zeigte mit dem Daumen auf einen der Busparkplätze vor der Tür, gar nicht weit von der Stelle entfernt, an der sich die Geiselnahme abgespielt hatte.
Mike blieb beinahe das Herz stehen. »Sie ist was? «
»Sie hatte sich schon vor dem ganzen Trara ein Ticket gekauft, und dann hat sie den Bus genommen.« Die Frau spähte an ihm vorbei. »Entschuldigen Sie, aber da stehen Leute hinter Ihnen in der Warteschlange. «
Mike wirbelte herum. Die Warteschlange bestand aus einer einzigen Person. »Äh, klar, tut mir leid.« Er trat zur Seite, sah sich noch einmal um und ging dann nachdenklich zum Ausgang.
Sie war weg.
Auf und davon.
Weil er ihr gesagt hatte, dass es keine Hoffnung für sie gab.
Weil er sich gleich in die Arbeit gestürzt hatte, nachdem Marshall dingfest gemacht worden war, nur um zu verhindern, dass er sich seinen Gefühlen für Amber stellen musste.
Weil er keinen Deut besser war als sein Vater. Die Wahrheit schmerzte. Er hatte alles getan, um nicht in die gleiche Falle zu tappen wie sein Vater, und jetzt war es doch passiert. Er hatte seine einzige Chance auf ein glückliches Leben vertan. Der einzige Unterschied zwischen Mike und seinem Vater war, dass Mike seine fünf Sinne noch beisammen hatte, und dass er alles mied, was ihm Angst machte. Erst jetzt, da Amber weg war, fand er den Mut, sich seine größte Angst einzugestehen.
»Ich liebe dich nicht, ich liebe ihn«, hatte Amber vorhin zu Marshall gesagt, nachdem er eine Liebeserklärung von ihr gefordert hatte. Ihre Worte gingen ihm seither unablässig durch den Kopf.
Verhöhnten ihn als Feigling.
Ich liebe ihn , hatte sie gesagt.
In diesem Augenblick, als Mike hatte fürchten müssen, sie an
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