Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
wollte ihm jetzt auf keinen Fall über den Weg laufen – nicht, solange sie in ihrer großen Handtasche fünfundsiebzigtausend Dollar spazieren trug.
Um nicht gesehen zu werden, ging Amber hinter einer Säule in Deckung, und als eine große Gruppe von Leuten vorbeikam, mischte sie sich unter sie, in der Hoffnung, dass sie in der Menge nicht weiter auffallen würde.
»Huhu, Amber!«
Ambers Herz setzte einen Takt aus, als sie Emmy Lous unverwechselbaren Südstaatenakzent vernahm. Lauf!, befahl ihr ihr Bauchgefühl, und genau das tat sie. In geduckter Haltung hastete sie zur Spitze der Menschenschlange am Taxistand, drückte dem Hotelpagen einen Zwanziger in die Hand und sprang in das erste freie Taxi.
»Fahren Sie einfach los«, befahl sie dem Fahrer mit klopfendem Herzen. Sie musste erst kurz verschnaufen und sich überlegen, wohin sie wollte.
Also: Als Erstes musste sie herausfinden, warum King Bobby im Hotel gewesen war. Hatte er sich nach ihr erkundigt? Sie zog ihr Handy heraus und durchsuchte ihre Telefonbucheinträge nach Carolines Durchwahl am Empfang im Bellagio. Amber hatte landauf, landab Kontakte, insbesondere in Los Angeles und hier in ihrer Heimatstadt. Allerdings hatte sie sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr gepflegt. Als Concierge hatte sie sich eine ganze Reihe Leute warm halten müssen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit die unmöglichsten Dinge für sie auftreiben konnten. Sie war stolz auf ihre Fähigkeit, ihren Gästen selbst die obskursten Wünsche erfüllen zu können. Und wenn sie selbst nicht dazu in der Lage war, konnte sie sich auf ihr Netzwerk verlassen. Sie musste nur einen Notruf absetzen, und schon eilten ihr Hunderte von Kollegen zu Hilfe. Der Person, die den gesuchten Gegenstand auftrieb, schuldete man dann einen Gefallen. Amber hatte solche Herausforderungen geliebt.
Sie vermisste ihren alten Job, ihr altes Leben. Ein Leben, für das sie hart gearbeitet hatte, und auf das sie hatte stolz sein können. Ganz im Gegensatz zu ihrem jetzigen Dasein.
Caroline ging sofort ans Telefon. »Caroline du Zutter, Bellagio Concierge, was kann ich für Sie tun?«
»Caroline, hier ist Amber Rose. Ich weiß, es ist ein Weilchen her, aber …«
»Amber! Das ist ja ein Zufall! Deinetwegen hatte ich heute schon einen richtig spannenden Tag.«
Amber beugte sich zwischen den Sitzen nach vorn. »Fahren Sie einfach geradeaus«, befahl sie. »Ich lasse Sie gleich wissen, wohin … Entschuldige, sprich weiter«, sagte sie zu Caroline.
»Es haben sich gleich zwei Leute hier nach dir erkundigt. Der Erste war ein richtiger Adonis. Wollte wissen, ob du im Bellagio abgestiegen bist.«
»Mike«, stellte Amber fest.
»Detective Michael Corwin vom Boston Police Department, um genau zu sein.«
Amber schluckte schwer, überwältigt von der Erinnerung an ihn. »Was hast du ihm erzählt?«
»Nichts. Ich war gerade nicht da. Er hat mit Nikki geredet, die gestern Nachtschicht hatte. Sie ist neu. Sie hat ihm gesagt, sie würde dich nicht kennen, und er hat seine Karte dagelassen und gemeint, sie soll ihn kontaktieren, wenn sie irgendetwas hört. Sie hat mich nach dir gefragt, als ich gekommen bin, aber ich habe mich dumm gestellt.«
»Ich schulde dir was, Caroline.«
»Ich wollte erst mit dir reden und herausfinden, was er wollte, ehe ich irgendetwas über dich preisgebe. Aber eins muss ich dir lassen: Nikki hat ihn mir gezeigt, als er ausgecheckt hat. Er sieht absolut umwerfend aus. Willst du mir nicht ein wenig über ihn erzählen?«
Amber zwang sich zu lachen. »Noch nicht. Wer hat noch nach mir gefragt?«
»Irgend so ein lauter, beleibter Texaner. Er hat gerade einen Tisch fürs Abendessen reserviert, als seine Frau plötzlich deinen Namen rief. Ich habe vergeblich nach dir Ausschau gehalten, aber sie war ganz aufgebracht, weil du angeblich das Weite gesucht hast. Worauf ihr Begleiter meinte, was sie denn erwarten würde in Anbetracht der Tatsache, dass man ihn ausgenommen hatte wie eine Weihnachtsgans. Ich wusste nicht, was er meinte, und es ist mir auch egal. Der Kerl redet doch so viel Mist, dem kann man kein Wort glauben«, dröhnte Caroline in einer wenig überzeugenden Imitation von King Bobby.
Diesmal musste Amber wirklich lachen. »Gut erkannt. Ein Freund von mir hat ihn verärgert; nichts, weshalb man sich Sorgen machen müsste«, schwindelte sie und kreuzte vorsichtshalber Zeige- und Mittelfinger. »Es hat also
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