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Spiel ohne Regeln (German Edition)

Spiel ohne Regeln (German Edition)

Titel: Spiel ohne Regeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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in ihren Rekorder, lauter diesmal, um Rachels unaufhörliches Wimmern zu übertönen. Sveti versuchte es mit einem der Worte, die Arkady sie gelehrt hatte.
    »Muttermal«, sagte sie. »Nur Muttermal. Nicht Schmerz.«
    Die Frau blinzelte, als wäre gerade eine Plastikpuppe zum Leben erwacht und hätte sie angesprochen, dann setzte sie ihre Untersuchung fort: lauschend, drückend, stochernd, tastend. Die Lunge, das Herz, den Hals, den Bauch. Anschließend die Blutentnahme. Heißes, dunkles Blut schlängelte sich durch die Plastikkanüle. Es war so heiß, dass es sich anfühlte, als würde es die bläulich weiße, von Gänsehaut überzogene Haut an ihrem Arm versengen. Sveti wünschte sich, sie könnte ihr T-Shirt wieder überziehen. Sie fühlte sich schrecklich entblößt, mit ihren zurückgenommenen Haaren und diesen verhassten, nach vorn ragenden Brüsten.
    Die Ärztin mied ihren Blick und weigerte sich, sie wirklich wahrzunehmen. Sveti hätte am liebsten vor Frust geschrien, als die Frau einfach weiter in ihr blödes glänzendes Rohr sprach und sie komplett ignorierte, während das Böse sich vor ihr auftürmte wie eine immer größer werdende riesige Welle. Wenn sie brach, würden sie alle zermalmt werden, jeder von ihnen. Sie schaute zu Rachel, die auf dem Boden saß und lustlos mit ihren winzigen, schmutzig grauen Zehen spielte.
    Ihre Verzweiflung wuchs an, bis sie sie nicht länger bezähmen konnte. Sie fasste nach dem in Seide gehüllten Arm der Frau. »Bitte helfen uns! Leute Schlimmes mit uns vor. Sie müssen helfen. Bitte!«
    Die Ärztin riss den Arm zurück, aber Sveti ließ nicht los. Ihre schmutzig schwarzen Fingernägel gruben sich in den edlen Stoff, während sie die Frau zusammenhanglos in ihrem gebrochenen Englisch anflehte. Die Ärztin gab eine scharfe Erwiderung und versuchte, sie abzuschütteln. Sveti verstärkte den Griff. Ihr fielen keine englischen Worte mehr ein, sie sprach jetzt Ukrainisch, ein wirrer Schwall, den sie nicht stoppen konnte. Sie erzählte, wie verängstigt sie war, wie einsam, dass die anderen Kinder sie zu sehr brauchten, dass sie innerlich zerbrach und etwas Grauenvolles auf sie wartete, etwas Böses …
    Die Frau schrie nun, ihr Mund war verzerrt, der Blick wild, während sie kratzend und schlagend freizukommen versuchte. Rachel schrie, Sveti schrie, alle schrien. Sveti sprang vom Tisch und stürzte sich auf die Frau, als sie zu entkommen versuchte, schlang die Arme um ihre Taille, und die Ärztin schlug ihr ins Gesicht, dabei weinten und kreischten sie beide …
    Die Tür wurde aufgerissen. »Was zur Hölle ist hier los?«
    Marina und Yuri rissen sie auseinander. Marina führte die schluchzende Frau aus dem Raum, dann warf sie mit Augen schmal wie Schlitze noch einen bösartigen Blick zurück zu Sveti, bevor sie die Tür hinter sich zuknallte.
    Nun war sie mit Yuri allein. Panik schoss in ihr hoch.
    Er schlug sie ins Gesicht, und sie krachte gegen die Wand. Die Welt drehte sich, kippte und verharrte in Schieflage. Dann trat er ihr die Spitze seines Stiefels in den Schenkel. Sie schrie auf vor Schmerz. Er öffnete den Gürtel, zog ihn heraus und nahm ihn doppelt.
    »Du dämliche Göre«, wütete er. »Die Ärztin ist gekommen, um dir zu helfen, und wie dankst du es ihr? Indem du sie angreifst! Du bist ein Tier! Ein dreckiges … dummes … Tier!«
    Die Hiebe regneten auf sie nieder. Er stieß heisere Beleidigungen aus, die sie nicht verstand. Sie kauerte sich in der Ecke zusammen und machte sich so klein wie möglich. Rachel verfiel wieder in ihr schrilles, hohes Kreischen.
    Nur allmählich realisierte Sveti, dass die Schläge aufgehört hatten. Sie schmeckte Blut in ihrem Mund. Yuri brüllte nicht mehr.
    Sie spähte zwischen ihren Händen hervor, die sie vors Gesicht geschlagen hatte, um es zu schützen. Keuchend starrte er auf ihren Körper herab. Sein Gesicht war gerötet. Sein Mund schlaff und feucht. Er hatte diesen Ausdruck im Gesicht. Diesen Ausdruck, der ihr das Blut stocken ließ und sie in einen Abgrund panischer Angst stürzte. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie noch immer kein T-Shirt trug und noch nicht einmal Sashas Stoffstreifen um ihre Rippen gebunden war. Sie hatte nur diese schmutzige Baumwollhose an, die tief auf ihrer knochigen Hüfte saß.
    Oh nein, nein, nein! Rachels winziges, tränenüberströmtes Gesichtchen war purpurrot, ihr Mund weit geöffnet, ihre Laute gellend, Laute des Schreckens und äußerster Verzweiflung …
    Die Tür ging wieder

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