Spiel Satz Tod - Kriminalroman
Rückseite unseres Schulgebäudes, wo zehn oder zwölf Fremde wie Ameisen emsig durcheinanderliefen, riesige Scheinwerfer auf silbern glänzenden Stativen aufbauten und Kabel durch den Staub zogen. Mehrere der strammen Kerle in Jeans hatten bereits ihre T-Shirts abgelegt und demonstrierten große Tattoos auf verschwitzten Armen und Rücken. Einige standen rauchend in dem Staub beisammen, die Zigaretten im Mundwinkel, oder legten Gleise aus, als sollte hier eine Kleinbahn fahren. Andere machten sich mit Mikrofonen und einer riesigen Kamera zu schaffen, deren Objektiv die Größe meines Kopfes hatte. Eine Filmcrew.
In einem dürren blonden Kerl mit Pferdeschwanz erkannte ich einen der drei Gäste, die Larry vor Beginn des neuen Schuljahres durch das Schulgebäude geführt hatte. Bald entdeckte ich auch die Frau mit der Brille, die ebenfalls zu den dreien gehört hatte. Das also war der Grund für Larrys Schlossherrengang gewesen: Er hatte eine Filmcrew empfangen, die auf unserem Gelände drehen wollte. Ich fragte mich, ob sie vielleicht einen Werbefilm machte.
Ich stand einen Augenblick wie angewurzelt da, unsicher, wer wohl hier das Sagen hatte, als eine Stimme hinter mir schnarrte: »Das Gelände ist abgesperrt. Sie haben hier nichts zu suchen.«
Ich fuhr herum. Da stand ein weiterer Kerl mit Pferdeschwanz. Er war etwas älter als die anderen, vielleicht Mitte dreißig, und schaute mich von oben herab feindselig an. Er trug absichtsvoll zerschlissene Jeans, ein Hemd, das etwas zu weit aufgeknöpft war, und einen Zweitagebart, den er wohl mit viel Mühe als Dauerzustand pflegte.
Der barsche Ton ärgerte mich, aber ich sagte nur: »Ichmöchte gar nicht hier sein. Ihr Lastzug blockiert meinen Wagen.«
Er schaute mich ungläubig an und warf dann einen Blick in die gewiesene Richtung. Den Abstand zwischen Baum und Stoßstange sowie Stoßstange und Lastzug abschätzend, kräuselte er die Lippen und ließ nur fallen: »Sie haben genug Platz, um da herauszufahren. Das müssen Sie sofort tun. Wir fangen gleich mit den Aufnahmen an. Gehen Sie weiter, oder ich lasse die Sicherheit rufen.«
Die Sicherheit? Die wollte der wegen mir rufen? Dieser Mist… Das war mir nun doch zu viel. Kurzentschlossen warf ich meine Autoschlüssel in seine Richtung. Erschrocken fing er sie mit einer reflexartigen Bewegung auf.
Dazu rief ich: »Sie fahren den Wagen raus! Und wenn ich daran auch nur einen Kratzer sehe, kriegen Sie es mit meiner Versicherung … und mit meinem Anwalt zu tun! Wie heißen Sie überhaupt, damit ich weiß, wer mir den Schaden bezahlt?« Ich holte einen kleinen Block und Stift aus meiner Tasche und wartete.
Nach langer Pause sagte er »Michael Dupré« und schaute mich erwartungsvoll an.
Ich notierte den Namen. Eine Weile starrten wir uns schweigend an. Schließlich sagte ich: »Was ist denn nun? Fahren Sie den Wagen raus! Ich habe es eilig!«
Ohne den Kopf zu wenden rief er: »Carl!«
Ein braungebrannter, verschwitzter, über und über tätowierter Kerl von seinem Aufbauteam tauchte neben ihm auf. Eine brennende Zigarette klebte an seiner Unterlippe. Die Hose hing ihm gefährlich tief an den knochigen Hüften.
»Carl, fahren Sie den Wagen dieser … Frau bitte heraus«, sagte Michael Dupré und gab ihm die Schlüssel.
Die Zigarette wippte nach oben, und ihre Spitze glühte auf, als er den Rauch tief inhalierte. »Da wäre es wohl leichter, mit dem Lastzug etwas zurückzustoßen, Boss«, antwortete Carl, der die Worte zusammen mit einer Rauchwolke ausstieß.
»Sind Sie nun Berufskraftfahrer oder nicht? Holen Sie das verdammte Auto dort raus!«
Carl maß ihn mit einem langen Blick, zuckte die Schultern und trottete in Richtung meines kleinen blauen Hondas.
»Moment mal«, sagte ich. »Plus Hemd, minus Zigarette.« Beide gafften mich erstaunt an. »Ich will doch nicht, dass Sie mir meinen Sitz durchweichen. Und in meinem Auto wird nicht geraucht. Wenn Sie Ihren Lastzug ein Stück bewegen, kann ich den Wagen selber herausfahren«, bot ich an.
Carl warf seinem Boss einen fragenden Blick zu, las offenbar die Antwort in dessen Miene und stapfte davon, um sein Hemd zu holen.
Michael Dupré und ich blieben wortlos zurück. Um uns herum wuselte die Filmcrew. Die Zikaden in den Bäumen zirpten laut und fröhlich ihr Sommerlied. Auf dem Footballplatz brüllte der Trainer seinen Spielern etwas zu. Aber unter der riesigen Eiche war es still, was einen bestimmten Menschentyp nervös machen kann. Michael Dupré war wohl
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