Spiel Satz Tod - Kriminalroman
wütendem Blick, warf er die Schlüssel mit unnötiger Heftigkeit wieder Michael zu. Der fing sie mit Leichtigkeit auf und überreichte sie mir. »Es geht um Werwölfe«, sagte er. »Vampire sind ganz und gar out.«
Immer noch lachend ging er zum Set zurück. Als ich in meinen Wagen stieg, drehte er sich noch einmal um und rief: »Wir sehen uns morgen Abend!«
Über seinen Sinneswandel nachgrübelnd, rollte ich vom Parkplatz. Dabei fuhr ich an Roland Wilding vorbei, der mich bestürzt ansah und dann, so schnell er konnte, inRichtung Filmset weiterlief. Offenbar hatte er erst jetzt mitbekommen, dass die Filmleute eingetroffen waren, und wollte das tun, was er am besten konnte – sich bei ihnen einschleimen. Ich fragte mich, wie sie das wohl aufnehmen würden.
So schnell ich konnte, fuhr ich nach Hause und duschte mich rasch. Dann fiel mir die Visitenkarte in die Hände, die Detective Gallagher mir gegeben hatte. Ich wählte die handgeschriebene Nummer auf der Rückseite. Während ich auf die Verbindung wartete, lief ich in die Küche und schüttete Hundefutter in einen Napf, denn Belle umkreiste mich schon die ganze Zeit und kläffte unzufrieden. Als sie das Geräusch hörte, stürzte sie herbei und steckte ihre Schnauze tief ins Futter. Natürlich nicht, um zu fressen. Zumindest nicht gleich. Sie verteilte das Trockenfutter gern auf dem Küchenfußboden und schleckte es dann von dort auf. Ich konnte nur ergeben seufzen. »Du bist so goldig, wenn du glücklich bist«, zitierte ich resigniert die Tierfutterwerbung.
Am anderen Ende meldete sich nur die Mailbox. Ich zögerte einen Moment, sagte dann aber: »Hier ist Jocelyn Shore. Vielleicht hat es nichts zu bedeuten, aber ich hatte heute einen Auftritt mit einem Vater, von dem Sie wissen sollten.« Dabei kam ich mir ein bisschen kindisch vor. »Ich gehe jetzt zum Abendessen und versuche morgen noch einmal, Sie zu erreichen.«
Enttäuscht beendete ich die Verbindung und wünschte, ich hätte es gar nicht erst probiert. Jetzt, da die Aufregung über die Begegnung mit Erics Vater abgeklungen war, erschien mir der Gedanke absurd, er könnte Fred umgebracht haben. Total lächerlich. Zumindest in gewisser Weise. Vielleicht. Andererseits wurde ich das Bild nicht los, wie er seinen Sohn beinahe geschlagen hätte oder wie er versuchte, mir Angst einzujagen. Eigentlich hatte ich mich doch tapfer geschlagen. Darauf konnte ich stolz sein. Zugleich wusste ich, dass ich dem Kerl nicht begegnen wollte, wenn niemand in der Nähe war. Sosehr es mich ärgerte, das zugeben zu müssen, aber der Mann konnte mir kalte Schauer über den Rücken jagen.
Das Artz Rib House erreichte ich nur zehn Minuten zu spät. Zu meiner Überraschung war Kyla schon da. Sie saß an einem großen runden Tisch mit einer weiteren Frau und drei Männern beisammen. Als ich der Gruppe ansichtig wurde, blieb ich stehen. Ich hatte gedacht, der Abend gehöre mir und Kyla allein. Ich überlegte, ob ich mich einer solchen Party schon wieder gewachsen fühlte oder ob ich mich lieber davonmachen sollte. Leider zögerte ich einen Augenblick zu lange, denn Kyla sah mich und winkte mir zu. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich klebte mir ein Lächeln ins Gesicht und ging auf die Gruppe zu.
Das Artz ist wenig mehr als eine Kneipe, ein kleines Gebäude mit rostigem Zinkdach im Viertel South Lamar, das inzwischen unter denen sehr angesagt ist, die Musik und Rippchen gleichermaßen mögen. Der lange, schmale Raum wirkt, als sei er aus einer texanischen Kleinstadt der fünfziger Jahre direkt hierher versetzt worden – wacklige Tischchen, mit rotkariertem Wachstuch bedeckt, träge Deckenventilatoren und eine Tafel, auf die die Tagesangebote kaum leserlich mit Kreide gekritzelt werden. Fast an jedem Wochentag und das ganze Wochenende gibt es hier Musik für jeden Geschmack und zu vernünftigen Zeiten für normale Menschen, in der Woche schon ab 19.00 Uhr. Für diesen Abend war ein Texas Old Time Fiddlers Jam angesagt. Im Hintergrund stimmten mehrere Männer und Frauen bereitssehr geschäftig ihre Fiedeln, Banjos und Bässe. Der Duft von geräucherter Rinderbrust, Würstchen und Bier machte das Artz zu einem kleinen Paradies. Das wäre es gewesen, hätte ich mit Kyla friedlich in einer schummrigen Ecke sitzen und ihr von Mr. Richards und der Filmcrew erzählen können. Aber heute war wohl keine Chance, weder für das eine noch für das andere.
Die Namen ihrer Begleiterinnen und Begleiter ratterte Kyla in einem Atemzug
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