Spiel Satz Tod - Kriminalroman
Zeitvertreib!
Nachdem ich die Tür zum Theatersaal passiert hatte, bog ich nach links in einen schmalen Korridor ein, der von der Haupttür bis zum Ende des Hauses führte, wo sich eine Tür nach draußen befand. Diese sollte stets verschlossen sein, doch meist hielt sie jemand mit Hilfe eines in den Türspalt gelegten Ziegelsteins offen. Ich schaute durch das Glasfenster der ersten Tür des Ganges und erblickte Utensilien, die der Schulchor benutzte. Hinter der zweiten schien ein Lagerraum zu liegen. Aus der dritten fiel helles Licht. Ich stieß die Tür auf und stand in Nancys Höhle .
Der große Raum war in mehrere Bereiche geteilt. Gleich am Eingang befand sich das Büro. Da standen zwei Schreibtische, auf denen hohe Papierstapel lagen, dazwischen ein vorsintflutlicher Computer. Von Nancy oder Roland war weit und breit nichts zu sehen. Ich schloss leise die Tür und ging weiter. Links von mir folgte ein etwa viereinhalb mal sechs Meter großes Podium. Das konnte eine Probebühne sein. Direkt gegenüber hing eine weiße Tafel an der Wand, vor der Stühle im Halbkreis aufgestellt waren. Den hinteren Bereich hatte man durch einen Raumteiler abgetrennt. Ich hörte Stimmen und begab mich dorthin.
Da stand Nancy Wales, die Hände in die Hüften gestemmt, und redete leise, aber in scharfem Ton auf ein Mädchen ein, das aussah, als würde es jeden Augenblick losheulen. Nancy trug einen schwarzen Hosenanzug und hatte einen Seidenschal in grellen Farben um die Schultern drapiert, ein Outfit, das ihre Größe und Körpermasse noch betonte. Sie ragte wie ein Turm über dem Mädchen auf.
Als dieses mich kommen sah, machte es große Augen, aber Nancy bemerkte davon nichts.
Sie sagte gerade: »Es ist deine Entscheidung. Entweder du kommst zur Probe oder du spielst nicht mehr mit.«
»Ms. Wales, ich komme doch zu den Proben. Ich habe noch keine einzige versäumt. Aber meine Mutter will, dass ich um zehn Uhr abends zu Hause bin …«
»Deine Mutter ist nicht beim Theater. Aber du. Alle Mitspieler müssen bei jeder Probe bis zum Ende anwesend sein, da dulde ich keine Ausnahme.«
Bis zehn Uhr abends? Machte sie Witze?
»Guten Morgen, Nancy«, sagte ich und stellte befriedigt fest, dass sie zusammenzuckte. Sie fuhr herum und warf mir einen scharfen Blick zu. Wahrscheinlich überlegte sie, wie viel ich mitgehört hatte. »Das ist alles, Megan. Du kannst gehen.«
»Aber …«, wollte Megan einwenden.
»Du kannst gehen«, sagte Nancy noch einmal.
Das Mädchen schlich mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern an mir vorbei und versuchte, nicht laut zu schluchzen. Ich sah ihr nach, dann wandte ich mich Nancy zu.
»Ärger?«
»Ach, mit diesen jungen Dingern ist immer etwas«, antwortete sie ausweichend. »Alle faul und unmotiviert. Wir zu unserer Zeit konnten nicht genug Proben bekommen. Aber kümmern Sie sich nicht darum. Was kann ich für Sie tun?«
Ich entschied, zunächst mein eigentliches Anliegen vorzubringen. »Letzten Montagabend, als Fred getötet wurde, haben Sie hier doch ziemlich spät noch geprobt, nicht wahr?«
Sie zuckte sichtbar zusammen, spielte mir dann aber erst einmal tiefes Nachdenken vor. »Hm, letzten Montag … letzten Montag … Ach ja, an diesem Abend haben wir geprobt. Warum fragen Sie?«
»Ich habe den Eindruck, die Polizei kommt nicht recht voran. Da dachte ich mir, wenn wir alle unsere Informationen zusammentun, könnten wir ihr vielleicht helfen.«
Sie zeigte so viel Interesse für mich wie für eine tote Ratte. »Das glaube ich kaum. Ich habe der Polizei schon alles gesagt, was ich weiß. Und Roland auch. Wir haben den armen Kerl an dem Abend gar nicht zu Gesicht bekommen. Ichkann mich nicht erinnern, dass ich ihn im letzten Jahr überhaupt einmal gesehen hätte.«
»Er hat in den letzten zwei Wochen des vergangenen Schuljahres jeden Tag das Tennistraining geleitet«, beharrte ich.
Sie winkte ab. »Das kann ja sein, doch Sport interessiert mich nicht, wissen Sie. Ich nehme an, auch die Footballteams trainieren jeden Tag. Aber ich habe einfach nicht die Zeit, auf jeden Menschen hier zu achten. Wir sind mitten in den Proben für die wichtigste Theateraufführung, die es an der Bonham Highschool je gegeben hat. Dafür benötige ich meine ganze Kraft.«
»Roland hat gesagt, Sie seien bis nach Einbruch der Dunkelheit im Theater gewesen. So viele Menschen sind zu dieser Zeit hier nicht mehr herumgelaufen. Vielleicht haben Sie jemanden gesehen, als Sie zum Parkplatz gingen?«
Meine Fragen
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