Spiel Satz Tod - Kriminalroman
ärgerten sie sehr, aber sie nahm sich zusammen. »Ich habe keinen Menschen gesehen. Ich bin zu meinem Auto gegangen und nach Hause gefahren. Es hat nicht einmal auf der Seite des Hauses gestanden, wo die Tennisplätze sind.«
»Waren noch weitere Autos da, als Sie abgefahren sind?«
»Ich habe keine bemerkt. Wie soll ich Ihnen das nur verständlich machen? Das alles habe ich der Polizei schon gesagt, und ich habe keine Lust, es mit Ihnen noch einmal durchzugehen. Außerdem habe ich zu arbeiten«, sagte sie spitz.
Hier würde ich wohl nichts weiter erfahren. Ich wollte mir Roland später noch einmal vornehmen, wenn sie nicht dabei war. Vielleicht würde sie ihm aber auch verbieten, mit mir zu sprechen. Vor allem nach dem, was ich ihr jetzt noch sagen wollte.
»Leider ließ es sich nicht vermeiden, Nancy, dass ich einen Teil Ihres Gespräches mit der Schülerin eben gehört habe. Sie proben bis zehn Uhr abends? Ist das Ihr Ernst?« Jetzt erstarrten ihre Gesichtszüge, ihr Unterkiefer schob sich vor wie bei einer Bulldogge, nur sah sie noch bissiger aus. »Da haben Sie wohl etwas missverstanden, Ms. Shore.« Das Ms. zischte sie so, dass ich begreifen musste, wir würden wohl nie gute Freunde werden. Mir brach fast das Herz, aber damit würde ich leben müssen.
»Durchaus nicht. Ich habe genau gehört, was das Mädchen gesagt hat. Und es klang, als habe ihre Mutter grundsätzlich etwas dagegen. Das kann ich ihr nicht verdenken. Wann sollen die Schüler denn ihre Hausaufgaben machen? Oder etwas essen?«
Sie wurde puterrot, und ihre Kinnbacken mahlten. »Das soll nicht Ihre Sorge sein«, sagte sie. »Seien Sie versichert, dass ich mich um meine Schüler kümmere. Ein, zwei Heulsusen sind immer dabei.«
»Das will ich gern glauben. Ich erwähne das nur, weil ich nicht gern sähe, dass Sie mit der University Interscholastic League 7 Ärger bekommen. Die haben sehr strenge Regeln, was außerschulische Tätigkeit betrifft. Ich weiß das, weil ich mit meiner Tennismannschaft da auch sehr vorsichtig sein muss.«
Das war nichts als die reine Wahrheit. Die UIL hatte schon öfter Mannschaften disqualifiziert, auch noch am letzten Tag vor einem Wettbewerb oder Match. Was rücksichtsloseLehrer nicht davon abhielt, ihre Schüler zu überfordern. Eine bremsende Wirkung hatte es allerdings schon.
Sie fixierte mich scharf, als wollte sie herausfinden, ob ich ihr drohen oder ihr nur helfen wollte. Ich behielt meine freundliche Miene bei, zumindest versuchte ich es. Allerdings haben mir Freunde schon öfter abgeraten, jemals Poker zu spielen. Meine Unfähigkeit, ein Pokerface aufzusetzen, wurde mir auch in diesem Fall sehr deutlich demonstriert.
Nancy entschied sich nämlich, mich einzuschüchtern. Ich musste sofort an Mr. Richards denken. Sie trat einen Schritt auf mich zu, um ihre Größe und Körpermasse voll zur Geltung zu bringen.
»Ich weiß Ihren Rat durchaus zu schätzen, aber das geht Sie überhaupt nichts an.«
»Da muss ich Ihnen widersprechen. Lehrer müssen sich für das Wohlergehen von Schülern verantwortlich fühlen.«
»Das Schultheater leite ich, und ich entscheide, wann geprobt wird. Diese Aufführung ist etwas Besonderes, die anspruchsvollste, die wir je hatten, und da muss ich von jedem einhundertzehn Prozent Einsatz verlangen. Mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden, weder bei den Schülern noch bei mir.« Dabei spie sie kleine Speicheltröpfchen, die mich nur knapp verfehlten.
»Meinetwegen können Sie rund um die Uhr hier sein. Aber nicht die Schüler.« Ich nahm sie fest in den Blick. »Das wissen Sie auch, Nancy. Warum tun Sie das?« Ich ließ sie stehen und wandte mich der Pinnwand neben der Tür zu, wo der Probenplan hing. Ich nahm ihn ab und las laut vor:
»Montag, 16.30 Uhr bis 22.30 Uhr. Dienstag 16.30 Uhr bis 22.30 Uhr. Mittwoch und Donnerstag das Gleiche. Ach, sieh mal an: Freitag sogar von 16.30 Uhr bis 23.30 Uhr,ebenso am Samstag und Sonntag!« Ich hielt ihr das Blatt hin. »Wollen Sie mich für dumm verkaufen?«
Sie versuchte, es mir zu entreißen, ich aber hielt es hinter meinen Rücken. Ohne mich direkt anzugreifen, würde sie es nicht zurückbekommen.
»Das brauchen Sie jetzt nicht mehr«, sagte ich entschlossen. »Ich verlange, dass Sie einen anderen Plan aufstellen. Nicht mehr als acht Stunden Proben von Montag bis Donnerstag. Insgesamt. Das war’s. Sie kennen die Regeln der UIL.«
Jetzt geriet sie in Panik. »Das können Sie nicht machen! Sie haben hier nichts zu sagen. Dieses
Weitere Kostenlose Bücher