Spiel Satz Tod - Kriminalroman
aufmunternd auf die Schulter. »Grämen Sie sich nicht. Wenn die Uhr eines Menschen abgelaufen ist, kann man nichts daran ändern. Nach allem, was geschehen ist, bedeutet es schon einen Sieg, wenn wir wieder an unser Tagewerk gehen. Ich weiß, dass Señora Esperanza in meinem Fall genauso gehandelt hätte.«
Als ich das sagte, spürte ich, dass ich es auch so meinte. Das war ein Trost, wenn auch ein sehr kleiner.
Nun fragte McKenzie mit leicht zitternder Stimme: »Glauben Sie, dass es hier sicher ist? In der Schule, meine ich.«
Sicher? Was bedeutete das jetzt noch? Aber als ich in die angespannten Gesichter schaute, wurde mir klar, dass sie nur wissen wollte, was 2800 Schüler und deren Familien bewegte. Larry Gonzales hatte alle möglichen Erklärungen abgegeben und versprochen, die Sicherheit zu erhöhen, aberwenn sie seiner dumpfen, langatmigen Litanei auch zugehört hatten, glaubten sie ihm offenbar nicht. Deshalb waren sie zu mir gekommen. Einem Lehrer, dem sie vertrauten. Jetzt musste ich meine Worte sorgsam abwägen.
»Niemand weiß bisher, weshalb Señora Esperanza dies passiert ist, aber ich glaube nicht, dass in unserer Schule ein Verrückter herumläuft, der Menschen wahllos angreift. Ich denke, wir sind alle sicher genug, vor allem während des Schultages. Wenn es aber um Veranstaltungen zu Zeiten geht, da weniger Menschen hier sind …, dann sollten Sie vielleicht zu zweit zur Toilette gehen, zumindest bis die Polizei den Fall aufgeklärt hat. Es kann nicht schaden, ein paar Tage vorsichtiger zu sein, und sei es nur zu unserer eigenen Beruhigung.«
»Ich glaube nicht, dass ich hier noch mal aufs Klo gehe«, sagte McKenzie traurig.
Eric musste laut lachen. »Na, viel Glück dabei.«
»Was machst du denn dann, trägst du Windeln?«, fiel Dillon ein.
»Astronautenwindeln!«, meinte Eric.
»Ja, die Eltern-Lehrer-Vereinigung könnte sie in der Tigerhöhle verkaufen. Die würden ein Vermögen machen.«
»Hört auf«, bat ich sie. »Ich denke, wir wissen alle, was McKenzie gemeint hat.«
»Ja, ihr Blödmänner«, sagte McKenzie, funkelte die Jungen an und wurde rot dabei.
»Das ist kein Spaß«, ließ sich jetzt auch Brittany hören, obwohl ihre Lippen ein wenig zuckten.
Spaß oder nicht, die Jungen hatten die Stimmung etwas gelockert.
In den Tiefen meiner Tasche läutete mein Handy. Normalerweise schalte ich es aus, wenn ich im Klassenzimmerbin, aber heute hatte ich es vergessen. Ich holte es hervor und schaute auf die Nummer.
Es war Alan. Mit einem Blick auf die Schüler nahm ich das Gespräch an.
»Jocelyn! Geht es dir gut?«, fragte er mit vor Sorge heiserer Stimme.
»Ja«, antwortete ich und ging zur Tür. Vier Augenpaare folgten mir neugierig. Ich trat auf den Gang hinaus und schloss die Tür hinter mir.
»Ich habe es gerade in den Nachrichten gesehen. An eurer Schule ist eine Lehrerin umgebracht worden? Die haben keinen Namen genannt«, fügte er hinzu, um seine Aufregung zu erklären.
O Gott. Die Nachrichten hatte ich nicht bedacht. Ich musste dringend meine Eltern anrufen, um sie zu beruhigen. Ich fragte mich, ob Kyla das vielleicht schon gestern getan hatte.
»Ja, es war furchtbar«, sagte ich. Als ich die Worte aussprach, spürte ich, wie unreal das alles klang. »Tut mir leid, dass ich dich nicht angerufen habe. Ich … war ziemlich durcheinander.«
»Und wo bist du jetzt?«
»In der Schule«, antwortete ich. »Es passt jetzt gerade nicht gut, doch es ist alles in Ordnung. Nein … nicht in Ordnung, aber …« Ich suchte nach den richtigen Worten. »Ich verstehe. Ich wollte nur wissen, ob du okay bist. Aber, Jocelyn, wir müssen reden. Richtig reden.«
Ich schluckte. Jetzt kam es. Meine Gedanken flogen zu Colin, dann zurück zu Alan. Ich war so verwirrt. Ich wusste nicht mehr, was ich selber wollte. Aber so ganz konnte ich mir nicht vorstellen, dass dieser Mann aus meinem Leben verschwand.
»Was hältst du davon, wenn ich am Freitag gleich nach der Arbeit zu dir komme? Ich kann zeitig losfahren, um die Rushhour zu vermeiden. Dann bin ich gegen sieben Uhr abends bei dir. Vielleicht gehen wir etwas essen. Irgendwohin, wo es nett ist.«
Essen gehen, das klang verheißungsvoll. Es sah nicht so aus, als wollte er Schluss machen. Das konnte er auch in meinem Wohnzimmer tun, wenn er zu sehr Gentleman war, es per Telefon zu erledigen.
»Soll ich uns bei Olivia einen Tisch bestellen?«, fragte ich.
»Wunderbar. Aber die Reservierung übernehme ich. Überlass das bitte mir,
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