Spiel Satz Tod - Kriminalroman
bei.
»Wir wissen ohnehin noch nicht viel. Zuerst haben wir uns die Überwachungskameras vorgenommen. Leider sind die in eurer Schule sehr veraltet. Die müssen dort hängen, seit das Haus steht.«
»Was bedeutet das?«
»Das bedeutet, dass die Hälfte Attrappen sind und die andere Hälfte sehr schlechte Aufnahmen liefert. In diesem Foyer hängt eine einzige funktionierende Kamera, und die reicht nicht bis zu den Toiletten, nicht einmal bis zur Toilettentür.«
»Das kann doch nicht sein.«
»Doch. Euer Direktor sagt, das habe man gemacht, um die Privatsphäre zu schützen und aus praktischen Gründen. In dem Foyer gibt es kaum etwas zu stehlen. In den Toiletten kommt es allerdings manchmal zu Vandalismus. Aber die Schüler dabei aufzunehmen, wie sie zur Toilette gehen, sei doch ein ziemlicher Eingriff in die Privatsphäre. Dr. Gonzales und die Schulleitung meinen also, eine deutlich sichtbare Kameraattrappe reiche zur Abschreckung aus.«
»Aber an den Eingangstüren müssen doch funktionierende Kameras sein!«, meinte jetzt Kyla. Als Colin sie scharf anblickte, hob sie die Hände und rief: »Okay, okay. Ich sag ja schon gar nichts mehr.«
Er musste lachen. »Ja, die funktionieren wirklich. Zumindest jene an der Tür zum Parkplatz. Aber vom Hof her kann jeder heraus oder herein und muss gar keine Kamera passieren, wenn er sich damit auskennt. Und abgesehen davon geht es in der Schule ohnehin zu wie auf dem Hauptbahnhof. Die Kameras haben Schüler, Eltern und Lehrer aufgenommen, die bis nach elf Uhr abends gekommen und gegangen sind.«
»Wenn man also die richtige Person auf dem Band hat, weiß man trotzdem nicht, ob sie überhaupt im Foyer war.« »So ist es. Und die Qualität der Bilder ist so schlecht, dass man nicht einmal durchnässte Kleidung erkennen kann.« »Durchnässte Kleidung?«
Colin zögerte und warf mir einen Blick zu. »Ms. Esperanza hat sich heftig gewehrt. Der Mörder muss also ziemlich nass gewesen sein.«
Nach diesen Worten breitete sich Schweigen im Raum aus. Wieder lief mir eine einzelne Träne über die Wange, die ich ärgerlich wegwischte.
»Um welche Zeit?«, fragte ich, als ich meine Stimme wieder unter Kontrolle hatte. »Weißt du, wann es passiert ist?« »Nicht genau. Wir schätzen erst einmal zwischen acht Uhr abends und Mitternacht.«
»Das kann eigentlich nicht sein. Sie hatte keinen Grund, sich so spät noch in der Schule aufzuhalten.«
»Wir haben mit ihrem Mann gesprochen. Sie hat ihm offenbar gesagt, dass sie noch spät zu arbeiten hätte und sie sich an diesem Abend nicht sehen würden. Er hatte von 19.00 Uhr abends bis 7.00 Uhr morgens Nachtschicht im St.-David-Hospital. Erst als er heute Morgen nach Hause kam, hat er festgestellt, dass sie nicht da ist, und das sofort gemeldet. Da hattest du sie aber schon gefunden.«
»Sie hatte keinen Grund, dort zu sein«, wiederholte ich.
Kyla überlegte scharf. »Der Mörder ist doch ein gewaltiges Risiko eingegangen, nicht wahr? Die Mädchentoilette. Ein ziemlich belebter Ort.«
»Ja«, pflichtete Colin ihr bei. »Daher gehen wir auch davon aus, dass es vielleicht näher an Mitternacht passiert ist. Wäre es früher geschehen, dann hätte jemand das Wasser bemerkt, wenn nicht gar die Leiche gefunden.«
Ich schluckte. »Das Toilettenbecken ist aber sehr langsam übergelaufen.«
»Was?«
»Ich meine die Wassermenge. Das Wasser ist nicht gerade geströmt. Es war eher ein permanentes Tröpfeln. Es muss lange gedauert haben, bis die Lache das Foyer erreicht hat.« »Ja, die Armatur konnte den Zufluss nicht stoppen, wahrscheinlich wegen des Haares. Als du sie dann herausgezogen hattest, ist kein Wasser mehr nachgelaufen«, sagte Colin. Da sah er mein Gesicht und zuckte zusammen. »Sorry.«
Ich schluckte schwer, redete aber weiter: »Da die Tür derKabine geschlossen war, muss man das Wasser auch im Toilettenraum nicht gleich bemerkt haben.«
»Sonst hätte es doch jemand gemeldet, oder?«
»Ein Erwachsener schon. Aber eine Schülerin? An der Bonham Highschool? Wasser und Schlimmeres auf dem Fußboden der Toilettenräume ist dort an der Tagesordnung. Du solltest die Mitglieder des Schultheaters noch einmal befragen. Ich gehe davon aus, dass sie bestimmt bis elf Uhr abends im Haus waren.«
»Stimmt. Aber hältst du es für möglich, dass eine Schülerin auf der Toilette war und nichts gemerkt hat?«
Ich schloss die Augen, nicht um mich zu erinnern, sondern um das Bild aus meinem Kopf zu bekommen. »Außer dem Wasser war ja
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