Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
fühlte sich körperlich und geistig abgestumpft und betäubt von dem Versuch, zu viele Informationen zu verarbeiten. Und als Davina sein Büro betrat, kamen noch Schuldgefühl und Unwohlsein dazu.
Schuld, weil er mit seiner eigenen Frau geschlafen hatte?
Lucy war heute früh vor ihm aufgestanden. Es hatte ihn geschockt, als er die Treppe hinunterkam und sie in der Küche antraf. Noch verblüffter war er darüber gewesen, dass sie ihm Frühstück gemacht hatte. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sie zum letzten Mal gesehen hatte, bevor er zur Arbeit ging. Aber er wusste noch, dass er froh gewesen war, dass sie irgendwann so lange im Bett blieb, bis er fort war, weil er so den Tag wenigstens ohne Streit beginnen konnte.
Heute früh war sie sehr zurückgezogen gewesen. Sie wirkte, als habe sie geweint. Wegen Nicholas?
Als er unbeholfen versucht hatte, sich für das Frühstück zu bedanken, hatte sie seinen Dank abgewiesen und nur erwidert: „Ich konnte nicht schlafen. Wahrscheinlich bist du von Davina Besseres gewöhnt.“ Er hatte versucht, sie zu unterbrechen, aber sie hatte, nicht auf ihn geachtet und hinzugefügt: „Ach, schon gut, Giles. Ich weiß, was du für sie empfindest. Was möchtest du denn? Eine nette, ruhige, vernünftige Scheidung? Ein Zu-Ende-Bringen dieser ganzen Angelegenheit? Darum ging es gestern doch, oder nicht?“, forderte sie ihn heraus. „Oh, keine Bange“, hatte sie gesagt. „Ich werde es dir nicht schwer machen. Jetzt nicht mehr. Wieso sollte ich auch?“
Er hatte das Haus eine halbe Stunde später verlassen und sich, anstatt erleichtert zu sein, gefragt, wieso er so verwirrt und betrübt war? Seine Nerven lagen noch vom vergangenen Tag bloß.
Er fühlte sich wütend und betrogen, als leugne sie sein Bedürfnis, seinen Kummer um Nicholas mit ihr zu teilen, und er kam sich schuldig vor, weil er nie gewusst hatte, wie tief ihre eigenen Empfindungen reichten.
Und jetzt stand Davina vor ihm und lächelte freundlich. Doch dadurch machte sie es ihm noch schwerer.
Er vermied es, sie direkt anzusehen, und schob ein paar Papiere auf seinem Tisch hin und her. Ernsthaft erwiderte er ihre Begrüßung. Davina schwieg einen Moment, weil sie seine Anspannung sofort bemerkte. Er sah blass und erschöpft aus. Sie konnte sehen, dass seine Hand leicht zitterte, als er die Papiere zur Seite schob. Aus irgendeinem Grund machte ihre Gegenwart ihn nervös. Das ist kaum das Verhalten eines ungeduldigen Liebhabers, überlegte sie, während sie ein paar harmlose Bemerkungen über das Wetter machte und zusah, wie er sich etwas entspannte.
Schon vor langer Zeit hatte sie, zuerst bei ihrem Vater und dann bei Gregory, gelernt, so zu tun, als bemerke sie in ihrer ruhigen und gelassenen Art die gedrückte Stimmung anderer Menschen nicht. Unwillkürlich wandte sie diese Fähigkeit jetzt bei Giles an und gab ihm dadurch das Gefühl, weder sein Schuldgefühl noch seine Nervosität zu spüren. Sie ist längst nicht so empfindsam für meine Stimmungen wie Lucy, stellte er fest. Lucy hätte sofort gewusst, dass etwas nicht stimmte, und sie hätte ihn ausgefragt, bis er ihr erklärt hatte, was los war.
Davina erwähnte nicht einmal das Wochenende. Sie redete über irgendein Problem mit dem Abfluss in den Damenwaschräumen, und Giles musste gegen den starken Wunsch ankämpfen, sie zu packen und ihr zu sagen, wie er genau den letzten Nachmittag verbracht hatte. Er hätte gern irgendetwas getan, um diese kühle, nüchterne Ruhe zu durchbrechen.
Störte ihn jetzt ihre Ruhe, die ihn doch überhaupt erst zu ihr hingezogen hatte?
Verwirrt versprach er ihr, dass er jemanden beauftragen werde, das Problem zu lösen, und seine Verwirrung steigerte sich noch, als Davina ihm froh mitteilte: „Ach, nein. Ich habe schon einen Klempner damit beauftragt.“
Nachdenklich sah Giles sie an. Wenn sie das Problem schon geklärt hatte, wieso erzählte sie es ihm dann überhaupt? Weshalb kümmerte sie sich überhaupt um so eine Kleinigkeit, wenn es viel wichtigere Dinge gab?
Er bemerkte das belustigte Funkeln in Davinas Augen nicht, als sie ging, aber in die Belustigung mischte sich auch Selbsterkenntnis.
Oh, Matt, was hast du nur mit mir gemacht? fragte sie sich auf dem Rückweg zu ihrem Büro. Habe ich zu hohe Erwartungen, oder bin ich nur etwas unfair? Schließlich ist es nicht Giles’ Schuld, dass seine Tüchtigkeit nicht von einem feineren Sinn für Humor begleitet wird oder von einem Sinn fürs Lächerliche.
Was will
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