Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
jeden Fall genug, um die Bank zum Schweigen zu bringen, falls sie Druck ausüben würde.
Sie machte sich nichts über den Standpunkt vor, den Philip Taylor einnehmen würde. Er würde zum Verkauf raten, und sie konnte ihm das kaum verübeln. Er stand auch unter dem Druck seiner Vorgesetzten, die Schulden wieder einzutreiben.
Und Giles? Auch Giles würde ihr zureden, die Firma zu verkaufen. Wenn sie es tat, gab sie dadurch Giles und Lucy die Möglichkeit, fortzuziehen und miteinander neu anzufangen. Und wenn sie es taten, wie würde sie sich dann fühlen? Sie hatte Giles als Freund geschätzt, und er war ein guter Freund gewesen, aber sie fürchtete, dass diese Freundschaft durch andere Gefühle getrübt worden war. Jetzt war es unmöglich, zu dieser Beziehung zurückzukehren, die sie vorher gehabt hatten. Davina vermutete, dass es genauso unmöglich war, dass sie ein Liebespaar wurden. Sie war sich nicht sicher, ob sie diese Erkenntnis erleichterte oder betrübte, und sie schätzte, Giles war sich ebenso unsicher.
Es war schon nach ein Uhr, als sie ins Bett ging. Innerlich bereitete sie sich auf die Auseinandersetzung vor, von der sie sicher war, dass sie auf sie zukam.
Um durch die Kleidung nach außen hin Macht auszustrahlen, mussten Röcke und Blusen so geschneidert sein, dass sie Männerkleidung möglichst ähnlich sahen. Wurde eine solche Aufmachung nicht von der modernen Geschäftsfrau erwartet? Davina überlegte. Nein, so etwas besaß sie überhaupt nicht. Ihre Kleider waren eher schlicht und nüchtern. Sie hatte sie nicht gekauft, um damit ihre Rolle im Leben nach außen hin zu zeigen.
Nachdenklich griff sie in den Schrank, um den glatten Rock und das Jackett herauszuholen, das sie an diesem Morgen anziehen wollte. Doch sie griff tiefer in ein Fach, bis sie die Schutzhülle mit dem Reißverschluss fand, nach der sie gesucht hatte.
Einige Monate vor Gregorys Tod war sie in Chester mit Lucy einkaufen gewesen. Sie wusste nicht, warum, weil sie normalerweise nicht so etwas Spontanes machte, und weil sie sich auch nicht zu unvernünftigen Entscheidungen überreden ließ.
Vielleicht hatte es etwas damit zu tun gehabt, dass es so ein schöner, sonniger Tag gewesen war. Möglicherweise hatte es auch an dem mitfühlenden, verstehenden Blick der Verkäuferin gelegen, die offensichtlich davon überzeugt war, dass dieses cremefarbene Designerkostüm mit den auffallenden goldenen Litzen und den goldenen Borten nicht zu einer Kundin wie Davinapasste.
Und das tat es sicher auch nicht, weil sie es nie getragen hatte. Und sie hatte schon in dem Moment, in dem sie sagte, dass sie es kaufen wolle, gewusst, dass es immer im Schrank bleiben würde. Noch schlimmer und verletzender war Davinas Erkenntnis, dass die Verkäuferin es auch gewusst hatte. Was wollte eine Frau wie Davina mit einem Kostüm, das augenscheinlich für eine offenherzige, unternehmungslustige Frau geschaffen war, die es nicht kümmerte, was der Rest der Welt von ihr dachte?
Wenn es Lucy gewesen wäre, die dieses Kostüm gekauft hätte … Aber Lucy hatte sich ein Kleid gekauft, ein hellrotes mit Spaghettiträgern. Eigentlich konnte es überhaupt nicht zu ihrer Haarfarbe passen, doch seltsamerweise tat es das doch.
Während sie den Kleiderschoner öffnete, erkannte Davina, dass das Kostüm für das Geschäftstreffen unter den gegebenen Umständen nicht nur unpassend, sondern fast provokativ war.
Und warum nicht? Sie hatte aus Philip Taylors Stimme eine leichte Herablassung herausgehört, die ihr sagte, dass ihre Ansichten über den Verkauf von Carey’s sicher nicht ernst genommen würden und sie sich in die ihr zugedachte Rolle fügen solle. Die Herren sollten ruhig gleich sehen, dass sie sehr ernst genommen werden wollte und dass es ihr gleich war, welches Verhalten Männer von einer Geschäftsfrau erwarteten.
Carey’s war ihre Firma, und für die Arbeiter war sie verantwortlich. Diese Verantwortung würde sie nicht wie ihr Vater und ihr Mann von sich weisen.
Sie holte das Kostüm aus der Hülle und hielt es sich an.
Unpassend und lächerlich. Ja, aber sie wollte es so, und es konnte ihr vollkommen egal sein, was andere darüber dachten. Während sie es anzog, glaubte sie, irgendwo das anerkennende Lachen von Matt zu hören.
Um fünf vor neun erreichte sie die Bank. Giles war schon da, und als sie ihren Wagen abstellte und ausstieg, schloss auch er sein Auto gerade ab und kam auf sie zu. Davina sah, wie er beim Anblick des Kostüms kurz
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