Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
reife Frau zu sein. Gleichzeitig wirkte sie verängstigt und unschuldig wie ein Kind.
„Ich bin froh, dass du gekommen bist.“
Etwas in seinem Tonfall beruhigte sie und zerbrach die Hemmungen, die sie ihm gegenüber empfand.
„Ich wollte nicht kommen“, sagte sie. „Aber Saul fand, ich sollte es tun.“
Leo blickte sie ernsthaft an. „Und du tust natürlich immer, was dein Bruder dir vorschlägt.“ Christie musste lachen. Der Klang ihres ehrlichen, herzlichen und warmen Lachens gab Leo Hoffnung.
„Hier können wir nicht sprechen“, beschloss er. „Die Hotelleitung war so nett, uns einen kleinen Sitzungsraum zur Verfügung zu stellen. Ich dachte, du würdest vielleicht lieber dort mit mir sprechen.“
Lieber als in seinem Zimmer? Er war außerordentlich einfühlsam, das musste sie ihm zugestehen.
„Wie hast du das angestellt?“, zog sie ihn auf. „Oder erübrigt sich die Frage?“
„Ich habe nur erklärt, dass ich für eine kurze Zeit ein bisschen Abgeschiedenheit brauche, um mit jemandem zu sprechen“, teilte Leo ihr mit und ließ sich von ihrem Spott nicht beeindrucken. Dennoch bemerkte er ihn und sagte leise: „Auch wenn du es nicht glauben magst, Christie, ich benutze meinen einflussreichen Namen nicht ständig, um zu bekommen, was ich haben will. Das habe ich nie getan. Ich persönlich finde, dass gute Manieren, Ehrlichkeit und Anteilnahme viel wirkungsvoller sind.“
„Ehrlichkeit?“, forderte sie ihn heraus, und ihr Ausdruck wurde wieder kühler.
Als spüre er, dass sie drauf und dran war, ihre Meinung zu ändern und wegzugehen, hielt Leo sie fest. Er hat einen überraschend festen Griff, stellte sie fest, als er sie einen schmalen Gang entlangführte und vor einer polierten Holztür stehen blieb.
„Du kannst mich jetzt loslassen, Leo“, sagte sie ihm, als er die Tür mit der freien Hand öffnete. „Der Krieg ist vorbei, und ich bin nicht deine Gefangene.“
Es war eine kindische Bemerkung, aber seine Reaktion kam sofort und überraschend stark. Er wurde blass und ließ sie los. Sein Blick wurde ausdruckslos, und er wich ihr aus, als könne er mit einmal ihren Anblick nicht mehr ertragen.
Gegen ihren Willen wünschte sie, sie wäre weniger barsch gewesen, aber wie immer erlaubte ihr Stolz es nicht, dass sie sich entschuldigte.
„Du wolltest mit mir sprechen“, sagte sie stattdessen ausweichend. „Etwas erklären. Obwohl mir unverständlich ist, weswegen du eine Erklärung für angebracht hältst.“ Sie blockte schon wieder ab und weigerte sich mit vorgestrecktem Kinn zuzugeben, was sie beide bereits wussten. Sie wollte das, was zwischen ihnen vorgefallen war, zu völliger Bedeutungslosigkeit herunterreden.
Statt auf ihre Herausforderung einzugehen, wie ihr Vater es getan hätte, fing Leo zu ihrer Überraschung auf einmal an zu lachen. „Du bist sehr britisch, Christie. Stimmt’s?“
Verblüfft sah sie ihn misstrauisch an. „Was soll das heißen?“
Leos Lächeln verstärkte sich. „War es nicht ein britischer Admiral, der ein Fernrohr an sein blindes Auge hob und sagte: ‚Ich kann das Zeichen nicht entdecken‘?“
Verunsichert bemerkte Christie, dass sie errötete. Das war ihr seit ihrer Zeit als Teenager nicht mehr passiert. Einen Moment lang geriet sie in Versuchung, sich herauszureden und ihrem sturen Stolz zu folgen, aber dann rief sie sich in Erinnerung, dass sie reif genug sein sollte, um gegen diese kindischen Regungen anzugehen.
„Ich wollte lediglich sagen, dass ich keinen Grund darin sehe, etwas aufzuwärmen, von dem wir im Nachhinein beide wissen, dass es nicht …“ Sie unterbrach, sich und biss sich auf die Lippe. Jetzt hatte sie es gesagt und viel mehr von sich preisgegeben, als sie beabsichtigt hatte. Innerlich verfluchte sie ihre Dummheit und ihre Unüberlegtheit.
„Ich habe dich nicht absichtlich belogen, Christie“, sagte Leo ruhig.
Wenn er gemerkt hatte, dass sie sich verplappert hatte, dann war er zu rücksichtsvoll, um es sich anmerken zu lassen. Oder – noch wahrscheinlicher – er wollte sich auf so persönliche Dingenicht einlassen. Das vermutete sie zumindest.
„Ich hatte bereits beschlossen, dir zu sagen, wer ich wirklich bin.“
„Es war nicht nur, dass du mir deinen Namen nicht gesagt hast“, entgegnete Christie. „Du hast zugelassen, dass ich mich ausspreche. Ich habe dir alles Mögliche erzählt und Ansichten geäußert, von denen du gewusst haben musst, dass ich sie dir nicht verraten hätte, wenn ich gewusst hätte,
Weitere Kostenlose Bücher