Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
Er hatte sich entschuldigt, dass sie hatte warten müssen, und als Davina dann hinter ihm auf dem Gang Lucy entdeckt hatte, hatte sie gewusst, dass sie sie beim Sex gestört hatte.
Damals war sie so neidisch gewesen und so einsam.
Und jetzt fühlte sie sich schuldig, obwohl sie sich immer wieder sagte, dass sie dazu gar keinen Anlass hatte.
Davina parkte den Wagen vor dem soliden Landhaus und ging zur Tür.
Noch heute konnte sie sich erinnern, wie verblüfft sie damals über Lucys Einrichtungs- und Dekorationskünste gewesen war. Das ganze Haus hatte Wärme und Harmonie ausgestrahlt. Weiche Farben wie Pfirsich und Ocker hatte Lucy mit kühlem Blau und Grün kombiniert, und dazu cremefarbenes Weiß. Davina war sofort aufgefallen, wie sehr die Farben dem Rotton von Lucys Haar, dem Blaugrün ihrer Augen und dem hellen Ton ihrer Haut ähnelten. Das ganze Haus sah Lucy ähnlich mit den weichen femininen Kissen und den vielen Stoffen. Selbst an grauen verregneten Tagen schien in diesem Haus die Sonne.
Heute schien die Sonne, doch als Lucy die Tür öffnete, war Davina entsetzt darüber, wie bleich sie aussah. Im Vergleich zu ihrer lebhaften Art wirkte sie sehr kühl und zurückgezogen.
„Lucy, es ist Ewigkeiten her, seit ich dich gesehen habe“, setzte Davina unruhig an. „Das liegt an der Firma. Sie raubt mir jede freie Minute.“ Während sie Lucy in die Küche folgte, merkte Davina selbst, dass sie hektisch drauflosplapperte.
„Komisch, das ist sonst immer Giles’ Ausrede“, erwiderte Lucy barsch. „Die Firma. Seltsam, dass du zu Gregorys Lebzeiten nie sonderlich am Geschäft interessiert warst, oder?“
Jetzt klang aus ihrer Stimme unverhohlene Feindseligkeit, und Davina wurde traurig. Genau davor hatte sie sich gefürchtet, davor, dass Lucy sie abwies, weil sie Giles zum Bleiben überredet hatte.
„Lucy, ich weiß, wie du dich fühlen musst“, sagte sie verlegen. „Aber …“
„Wirklich? Das glaube ich nicht“, unterbrach Lucy sie verbittert. „Schließlich sitzt du nicht den ganzen Tag lang hier herum und wartest auf deinen Ehemann, oder? Wieso bist du so versessen darauf, dass Giles bei Carey’s bleibt, Davina? Als Gregory noch lebte, war dir das doch alles egal.“
„Da habe ich die Schwierigkeiten der Firma auch noch nicht erkannt“, erklärte Davina. Wenigstens in dieser Hinsicht konnte sie Lucy gegenüber vollkommen ehrlich sein. Und Ehrlichkeit schuldete sie ihr. „Ich muss einfach versuchen, Giles in der Firma zu halten, Lucy. Ich kann nicht zulassen, dass die Firma schließt.“
„Wieso nicht? Du bist finanziell doch abgesichert, oder nicht?“
Bei dem anklagenden Tonfall zuckte Davina innerlich zusammen. „Ja“, stimmte sie zu. „Mit Geld hat das nichts zu tun, Lucy. Mir zuliebe tue ich das nicht.“
„Wem zuliebe denn sonst?“ Lucy verzog spöttisch den Mund. „Wegen Giles?“
Davina seufzte auf. „Wenn Carey’s schließt, verlieren über zweihundert Menschen ihre Arbeit, und hier gibt es keine anderen Stellen für sie.“
„Giles findet sicher einen anderen Job“, entgegnete Lucy halsstarrig. „Er darf sich der Firma zuliebe nicht seine Karriere ruinieren. Er ist mein Mann, Davina.“
„Das weiß ich.“ Davina konnte sie nicht ansehen. Lucy war so verärgert und aufgeregt, doch in ihrem Blick lagen auch Schmerz und Verletzlichkeit. Normalerweise wirkte Lucy nicht verletzlich, und der Anblick tat Davina weh.
Sie hatte Lucy immer etwas beneidet um ihr Selbstbewusstsein, ihre Sorglosigkeit und ihre strahlende Sinnlichkeit. Lucy lebte stets für den Augenblick, und wenn Davina ehrlich war, hatte sie Lucy auch um die Liebe beneidet, die zwischen Giles und ihr herrschte. Nicht, weil sie Giles für sich selbst gewollt hätte, niemals … Nein, sie hatte Lucy darum beneidet, geliebt, begehrt und gebraucht zu werden. Lucy war der Mittelpunkt von Giles’ Leben gewesen.
Nur einmal hatte sie dieses Gefühl kurz erlebt. Es war nur für eine sehr kurze Zeit gewesen, und auch da nur ein Schatten der strahlenden Liebe zwischen Lucy und Giles.
Was war bloß mit den beiden geschehen? Was war aus dieser Liebe geworden? Sie konnte verstehen, dass Lucy sich darüber aufregte, dass Giles weiter für Carey’s arbeitete. Aber gerade Lucy musste doch wissen, wie treu Giles sich um die bemühte, von denen er meinte, dass sie seine Zuverlässigkeit verdienten.
„Ich habe mich gefragt, ob du Lust hättest, einen Einkaufsbummel durch Chester zu machen“, schlug Davina vor, um
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