Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
Neujahr wieder zurück nach London.
„Onkel Richard kommt mit uns mit.“
Er wandte sich Josey zu. Aus dieser Feststellung klang eine Art trotzige Wut heraus. Mit einem Mal wurde ihm die feindselige Stimmung bewusst, die in der Luft lag.
„Josephine, ich möchte mit deinem Vater allein sprechen. Wieso nimmst du nicht Tom ins Wohnzimmer und siehst etwas mit ihm fern?“
Ruhig und ohne einen Blick zu Saul werfen, stand Josephine auf, hob Tom von seinem Stuhl und ging hinaus.
Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, wandte Karen sich an Saul. „Ich will mich scheiden lassen.“
Er sah sie an, und sein Herz raste. Sein Körper stellte sich bei dieser Drohung auf einen Kampf ein, aber Karen ließ ihn nicht zu Wort kommen.
Sie sagte ihm, dass ihre Ehe schon seit Langem nicht mehr funktioniere. Im Grunde hätte sie ihn überhaupt nicht heiraten sollen. Und nie hätte sie ihre Karriere in New York aufgeben dürfen.
Saul hörte sich schweigend an, dass sie ihren Beruf aufgegeben hätte, um seine Kinder großzuziehen. Er habe sie dazu gebracht, sich im Hintergrund zu halten und die Hausfrau zu spielen. Gleichzeitig habe er seiner Karriere zuliebe sie und die Kinder vernachlässigt. Sie sagte, es gäbe jemand anderen, der spüre, dass sie außer Hausfrau und Mutter auch noch andere Bedürfnisse habe. Die Kinder hätten zu ihm ein so enges Verhältnis, wie sie es nie zu Saul gehabt hätten.
Sie wolle keinen Streit und keine Aufregung, sagte sie ihm. Das sei schlecht für die Kinder. Dadurch, dass er nach London gezogen sei, habe er gezeigt, wie wenig die Kinder ihm bedeuteten, obwohl sie ihn angefleht hätte, diesen Job in England nicht anzunehmen. Finanziell würden sich keine Probleme ergeben. Er, ihr Liebhaber, sei in der Lage, sowohl sie als auch die Kinder zu versorgen. Das Haus in Westchester sollten sie verkaufen und den Gewinn zwischen sich aufteilen.
„Du kannst das verdammte Haus behalten“, fuhr Saul sie wütend an, als er endlich zu Wort kam.
Spät in der Nacht, als er allein und hellwach in dem unpersönlichen Hotelzimmer lag, überlegte er sich hilflos, was er hätte sagen können. Er verfluchte sein unbeholfenes Verhalten.
Die Weihnachtstage verbrachte er allein in dem Hotelzimmer und fragte sich immer und immer wieder, was er falsch gemacht hatte. Er hatte nur getan, was sein Vater ihm gesagt hatte, oder? Gearbeitet, etwas erreicht und Erfolg gehabt.
Karen ließ sich von ihrem Scheidungswunsch nicht abbringen, und schließlich gab er nach, um die Kinder nicht zu verstören, die ihn laut Karen ohnehin nicht als ihren Vater sehen würden.
„Onkel Richard“ und sie heirateten fast sofort, nachdem die Ehe geschieden war. Unter dem Druck von Karens Anwälten stimmte Saul zu, auf keiner Besuchsregelung für die Kinder zu bestehen. Karen hatte ihm erklärt, dass das die Kinder nur verunsichern würde. Und Saul, der noch klar vor Augen hatte, wie sie ihn zu Weihnachten abgelehnt hatten, stimmte ihretwillen zu.
Richard besaß eine eigene Firma. Ein Jahr nach der Heirat mit Karen ging er in Konkurs. Karen wandte sich an Saul und erinnerte ihn daran, dass es seine Kinder seien. Saul willigte ein, ihr Unterhalt für die Kinder zu zahlen, aber Karen verweigerte ihm, einen richtigen Kontakt zu seinen Kindern aufzubauen. Es würde sie nur durcheinanderbringen, und während des einen Treffens, das Sauls Anwälte für ihn durchsetzten, verhielten sie sich so feindselig, dass Saul sich fügte. Er war ohnehin nur selten in den Staaten.
Paradoxerweise entwickelte sich der britische Zweig des Unternehmens prächtig und überholte die amerikanische Mutterfirma an Bedeutung. Saul wurde im Allgemeinen und das teilweise sogar neiderfüllt als Sir Alex’ „Hans im Glück“ bezeichnet.
Im Laufe der Jahre hatte er unauffällige Affären mit einigen Frauen, aber er ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass er keine gefühlvolle Beziehung suchte und dass von ihm auch keine Gefühle zu erwarten waren. Keine von ihnen glaubte ihm, jedenfalls zuerst nicht. Das Geschäft war sein ganzes Leben, sein Antrieb und seine Erfüllung. Er wollte und brauchte sonst nichts.
Und dann zogen vollkommen unerwartet Karen und Richard nach Großbritannien. Richard arbeitete für eine Computerfirma von der Westküste, die ein Büro im Süden von England eröffnete. Mit einigen anderen Kollegen wurde er dorthin versetzt.
Saul erfuhr das, weil er immer noch seine Kinder finanziell unterstützte und Karen ihm in einem Brief
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